Der Abgerichtete. Maxi Magga. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Maxi Magga
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347097537
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Hilfe. Im Gegenteil.

      „Und du! Verschwinde in deine Zelle! Geh mir aus den Augen! Du taugst zu rein gar nichts.“

      Ihre Augen blitzten vor Zorn, rote Flecken auf den Wangen und am Hals verunstalteten das ansonsten makellose Make-up.

      Der Abzurichtende schwieg zu allem. Er wurde in seine Zelle gestoßen, ohne dass irgendjemand sich die Mühe gemacht hätte, seine Verstümmelung zu versorgen, oder auch nur ein Wort für ihn übrig gehabt hätte. In der Dunkelheit tastete er nach dem Wasserkrug und opferte etwas von seinem kostbaren Trinkwasser, um die Wunde wenigstens ein wenig kühlen zu können.

      In dieser Nacht zwang sich Nummer Fünf gewaltsam, laut auszusprechen, wofür er dieses Leben einst freiwillig auf sich genommen hatte. Das half ihm ein wenig dabei, den Schmerz zu kontrollieren. Er lenkte seine Gedanken auf jenen anderen Schmerz vor mehr als drei Jahren, damals bei Callas Geburt, als er, bewacht von seinem Vater, stundenlang vor der Hütte auf- und abgelaufen war. Fast zehn Stunden dauerte die Geburt und jeder einzelne Schmerzensschrei Soras wurde ihm zu einem eigenen. Unwillkürlich lächelte Nummer Fünf seine Qual weg, als er das Bild seiner gerade geborenen Tochter in den Armen ihrer Mutter vor sich sah. Es dauerte dennoch lange, bis er etwas zur Ruhe kam. Erst kurz vor dem Morgengrauen fiel er in einen unruhigen Schlaf.

      Am nächsten Tag glühte er in hohem Fieber. Die Wunde hatte sich infiziert.

      Damals wurde die Ärztin zum ersten Mal geholt.

      Es ist eines der Kennzeichen von Erniedrigung und Gewalt, dass Herr und Sklave sich daran gewöhnen. Die Dosis muss ständig erhöht werden. Die furchtbaren Ereignisse jenes Abends brachten mir die Zeit zurück, direkt nachdem ich mich verkauft hatte, als ich verzweifelt versucht hatte mein neues Leben zu begreifen. Um nicht zusammenzubrechen, suchte ich für mich selbst nach jeder Rechtfertigung für die Schonungslosigkeit und Brutalität, mit der sie mich behandelten. Sie waren ja im Recht, sie konnten mit mir tun, was immer sie wollten, zumindest alles, was mein Herr erlaubte. Es musste demnach richtig sein. Und wenn ich mich schuldig fühlte, dann doch nur, weil ich mich tief im Innersten dagegen auflehnte. Und mich damit ins Unrecht setzte. Oder? Diese Rechnung ging jedenfalls auf. Eines habe ich meinem Herrn allerdings niemals vergessen: Diese Dame war nie wieder Gast des Hauses.

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