Syltleuchten. Sibylle Narberhaus. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Sibylle Narberhaus
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783839253229
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guten und reichhaltigen Essen.

      »Jetzt erzähl schon, Anna. Ich bin sehr gespannt. Was war los heute?«, drängte mich Nick und sah mich erwartungsvoll an.

      »Ich habe heute meinen ersten Auftrag erhalten! Die komplette Neuanlage eines Gartens. Der Vertrag ist unterschrieben, ich habe ihn vorhin zurückgemailt«, sagte ich stolz und konnte meine Freude darüber nicht zurückhalten.

      »Das ist ja super! Ich gratuliere dir! Siehst du, dann hat es gar nicht lange gedauert, bis du deinen ersten Auftrag bekommen hast. Wo und bei wem wirst du den Garten gestalten?«

      »Bei einem Ehepaar in Kampen. Die beiden haben dort ein bebautes Grundstück gekauft, das alte Haus abreißen lassen und bauen jetzt neu.«

      »Hey, gleich an der teuersten Adresse vor Ort. Respekt! Aber das klingt vielversprechend! Der Trend ist also ungebrochen, dass Grundstücke vererbt und sofort verkauft werden. Die alten Häuser werden meistens abgerissen, um an gleicher Stelle neue zu errichten. Die Grundstücke sind es, die in erster Linie interessant und vor allem sehr wertvoll sind. Auf jeden Fall freue ich mich riesig für dich. Komm her!«

      Ich ging mit dem Kaffeebecher in der Hand auf Nick zu, nachdem ich etwas Milch hineingegeben hatte, und stellte ihn vor ihm auf dem Tisch ab. Nick umfasste meine Taille mit beiden Händen und zog mich auf seinen Schoß.

      »Ist es ein richtig großer Auftrag?«, wollte er wissen und trank einen Schluck Kaffee.

      »Ja, das Grundstück hat knapp 1.500 Quadratmeter. Das ist ganz ordentlich. Vielleicht bekomme ich auch den Auftrag für die andere Hälfte. Darauf soll ein weiteres Haus gebaut werden. Soweit ich weiß, ist dieser Teil aber noch nicht verkauft. Früher war es ein Grundstück mit einer Gesamtfläche von 2.500 Quadratmetern.«

      Ich hatte mich als Landschaftsarchitektin selbstständig gemacht und gerade erst vor ein paar Wochen mein eigenes Büro eröffnet. Dabei arbeitete ich eng mit einem ansässigen Gartenbaubetrieb zusammen. Mein Leben hatte sich seit dem vergangenen Winter kurz vor Weihnachten völlig verändert. Damals hatte ich meine beste Freundin Britta Hansen besucht, die seit vielen Jahren mit ihrem Mann Jan und den Zwillingen Tim und Ben in Rantum auf Sylt lebte. Britta und Jan führten auf Sylt ein sehr schönes und beliebtes Hotel, den Syltstern, den Jan von seinen Eltern übernommen hatte. Es lag am Rande von Westerland in Strandnähe. Britta kannte ich seit meinem ersten Schultag. Nach der gemeinsamen Schulzeit hatten sich unsere Wege getrennt, allerdings nur in räumlicher Hinsicht, denn wir blieben weiterhin in engem Kontakt. Letztes Jahr hatte sie mich Anfang Dezember dazu überredet, sie auf Sylt zu besuchen. Da ich zu dieser Zeit sowieso gerade Urlaub hatte, nahm ich ihr Angebot gerne an. Eine Auszeit hatte ich sehr gut gebrauchen können. Gleich nach meiner Ankunft auf der Insel war ich zufällig Nick begegnet und hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt. Zunächst sah es allerdings so aus, als ob er meine Zuneigung nicht erwidern würde, doch das änderte sich. Insgesamt war es eine aufregende Zeit gewesen, denn ich hatte durch einen Zufall ein Haus auf Sylt geerbt. Doch diese Erbschaft hielt nicht nur angenehme Überraschungen für uns bereit. Ich konnte es manchmal noch immer nicht begreifen, was uns in diesem Zusammenhang alles widerfahren war. Jetzt wohnten Nick und ich seit über drei Monaten in diesem Haus und fühlten uns sehr wohl. Mittlerweile hatten wir einen vierbeinigen Mitbewohner, Pepper, unseren schwarzen Labradormischling mit weißer Pfote, der fester Bestandteil unseres Lebens geworden war. Er war etwas mehr als ein halbes Jahr alt und hatte eine Menge Flausen im Kopf. Jedenfalls konnten wir uns über Langeweile nicht beklagen, denn er hielt uns ordentlich auf Trab.

      »Wie bist du überhaupt an den Auftrag gekommen?«, fragte mich Nick und holte mich aus meinen Erinnerungen.

      »Bei dem Auftraggeber handelt es sich um einen ehemaligen Patienten von Frank. Er hatte ihm von seinem Vorhaben erzählt, und Frank hat mich gleich weiterempfohlen«, erklärte ich.

      »Aha, Frank also«, bemerkte Nick und verzog den Mund.

      »Ach, Nick, sei nicht eifersüchtig«, neckte ich ihn, nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn zärtlich auf den Mund.

      Doktor Frank Gustafson war ein guter Freund von Brittas Mann Jan und arbeitete auf der Insel als leitender Oberarzt im Westerländer Krankenhaus. Ich hatte ihn ebenfalls im vergangenen Jahr bei Britta und Jan kennengelernt und war einmal mit ihm ausgegangen. Zu dieser Zeit war ich allerdings noch nicht mit Nick zusammen. Frank war Porschefahrer, ledig, gut aussehend, erfolgreich und äußerst charmant, wenn es um das weibliche Geschlecht ging. Wie ich fand, trafen einige dieser Attribute ebenso auf Nick zu, doch da war viel mehr, weshalb ich Nick liebte. Frank stellte in keiner Weise eine Konkurrenz dar. Trotzdem freute ich mich jedes Mal, wenn bei Nick ein Funken Eifersucht aufblitzte, wenn von Frank die Rede war. Die beiden Männer waren nicht die engsten Freunde, würden es vermutlich nie werden, begegneten sich aber mit gegenseitigem Respekt. Frank war sich bewusst, dass er bei mir gegen Nick sowieso keine Chance hatte.

      »Ich bin nicht eifersüchtig, nur wachsam«, rechtfertigte Nick sich und sah mir tief in die Augen. »So, ich gehe mich duschen und umziehen.«

      Er griff nach seiner Tasse und trank den Rest seines Kaffees in einem Zug aus. Dann stand er auf.

      »Ich will nachher mit Pepper eine Runde drehen. Begleitest du uns?«, fragte ich ihn, bevor er eine Etage höher im Bad verschwand.

      »Ja, klar. Ich habe heute nichts mehr vor.«

      Während Nick nach oben ins Schlafzimmer ging, stellte ich unsere benutzten Tassen in den Geschirrspüler und verließ anschließend die Küche, gefolgt von Pepper. Gerade, als ich in der Diele war, klingelte das Telefon im Wohnzimmer. Ich lief dorthin und nahm das Gespräch entgegen.

      »Hallo, mein Kind!«, hörte ich meine Mutter sagen, nachdem ich mich gemeldet hatte.

      »Hallo, Mama! Wie geht es dir?«

      »Mir geht es gut, danke. Ich hoffe, bei euch ist alles in Ordnung?«

      »Ja, alles bestens«, beantwortete ich ihre Frage. »Was gibt es Neues?«

      Eigentlich hatte meine Mutter erst vor ein paar Tagen angerufen, daher war ich verwundert, dass sie sich nach so kurzer Zeit erneut meldete. Öfter als einmal pro Woche telefonierten wir in der Regel nicht, es sei denn, es gab etwas Dringendes.

      »Sieht es bei euch auch schon nach Frühling aus? Hier kommen überall die Tulpen durch. Jetzt fehlen noch ein paar warme Tage, und die ersten Sträucher bekommen Blätter. Das wird aber auch langsam Zeit nach diesem endlosen kalten Winter. Ich kann es kaum erwarten.«

      »Ja«, erwiderte ich kurz.

      Doch ehe ich mehr sagen konnte, fuhr meine Mutter fort: »Papa war neulich beim Arzt. Heute hat er das Ergebnis der Blutuntersuchung bekommen. Es ist alles in Ordnung. Sein Cholesterinwert ist viel besser geworden. Wir haben doch unsere Ernährung umgestellt, hatte ich dir ja erzählt. Du weißt, die Sache mit dem neuen Kochbuch. Papa wollte mir erst nicht glauben, dass das was bringt. Jetzt hat es sich bestätigt. Und heute Nachmittag haben uns die Schreibers zum Kaffee besucht. Henriette und Günter waren vier Wochen auf den Kanarischen Inseln und sind letztes Wochenende wiedergekommen. Sie haben eine Menge Fotos mitgebracht. Mir schwirrt noch der Kopf. Günter hatte alles auf so einem tragbaren Computer dabei. So einen hast du doch auch, zum Aufklappen.«

      »Ja, Mama, einen Laptop.«

      »Genau, Günter ist doch so ein Technikfreak. Henriette sagt, er macht nichts mehr ohne dieses Ding. Wir sind da nicht so modern. Jedenfalls hat es ihnen dort sehr gut gefallen. Sie meinten, wir sollten das unbedingt auch in Betracht ziehen. Besonders in dieser trüben Jahreszeit wäre das Balsam für die Seele. Aber du kennst ja deinen Vater, den kriege ich nie lange von Zuhause weg. Außerdem steigt er ungern in ein Flugzeug. Ich hatte übrigens Apfelstrudel gemacht. Den magst du doch auch gerne. Wenn du nicht so weit weg wohnen würdest, hätte ich für dich auch einen gemacht. Henriette hat er jedenfalls sehr gut geschmeckt. Sie wollte sogar das Rezept haben, obwohl sie sehr selten selber backt.«

      Meine Mutter war in ihrer Berichterstattung kaum zu bremsen. Ich fragte mich, wie sie so schnell reden konnte, ohne dabei viel Luft holen zu müssen. Und dann diese abrupten Themensprünge. Was kam wohl als Nächstes?