Gunst. Petra Deckart. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Petra Deckart
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783837224184
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Fritz Reuter.

      Das Land in welchem die helle Kalksteinküste in der Sonne vom blauen Mittelmeer weich umspült und daher Côte d’Azur genannt wird.

      Hier zieht es sie immer wieder her und das bereits seit Jahrzehnten.

      Bei sanft auslaufender Dünung trainiert auf beinahe spiegelglattem Wasser ein Doppelzweier. Das Ruderboot zerteilt die glitzernde Sonnenspur und zieht seine eigene Bahn.

      Dieser Anblick erinnert die G an 1992 in Berlin-Grünau, wo sie auf der für Westdeutsche bis zum 09. November 1989 unerreichbaren Olympiaregattastrecke von 1936 - ein Mythos - Deutsche Hochschulmeisterin im Doppelzweier geworden ist. Zwei Wochen später gewann sie dort auch noch ein 10km-Langstreckenrennen im Doppelvierer mit Steuerfrau. Dieses Ehrenrennen fand zur Feier des 100. Geburtstags des Weltruderverbands F.I.S.A. - heute Worldrowing - im wiedervereinten Deutschland statt. Die G nutzte die Stunde und gewann mit drei ehemaligen KGB-Olympionikinnen aus St. Petersburg die selten verliehene Zentenarmedaille.

      Putins Freundinnen sei Dank. Mit diesem russisch-deutschen Sieg gingen sie in die Weltgeschichte ein: Frauen konnten 1992 erstmals im von Männern quantitativ dominierten Sport eine Weltauszeichnung erlangen, die qualitativ so hoch ist, dass kein Ruderer ihnen zu Lebzeiten das Wasser reichen kann. Höchstens gleichziehen, aber erst 2092.

      Und das ist definitiv die einzige positive Seite des Kommunismus (im Leninismus): die Emanzipation der Frau.

      Aller guten Dinge sind drei: nachdem Napoleon I. 1812 und der „Größte Führer aller Zeiten“ (GröFaZ = Adolf Hitler) 1941 in zwei Kriegen an Moskau gescheitert waren, holte sich die G 1992 in Friedenszeiten ihren sportlichen Welterfolg gemeinsam mit Russland.

      „Was kostet diese Welt?“, fragte sich das Ruderass.

      Eine frustrierende WM-Final-Teilnahme als Juniorin 1983 (ohne den gedopten Ostblock: DDR und Bulgarien, hätte sie eine ehrliche Bronzemedaille gewonnen gehabt), die 1992 als sogenannte Veteranin - nach neunjähriger Berufs- und Bildungspause - zur Zentenarmedaille des Weltruderverbands führte!

      „Urbi“ von der Heimatstadt mit einer Ehrenurkunde und der dazugehörenden „Silbermedaille 1983“ für hervorragende sportliche Leistungen sowie „@orbi“ vom Weltruderverband F.I.S.A. zu seinem 100. Geburtstag mit der Zentenarmedaille für den Sieg im Ehrenrennen in Berlin-Grünau gewürdigt.

      Neben der Urkunde ihres hugenottischen Vorfahren (ein ungarischer Husar aus Budapest) - von Kaiser Wilhelm I. für die siegreiche Schlacht um Paris im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 verliehen - glänzen mehr als ein Jahrhundert später ihre eigenen Trophäen.

      Das geerbte Siegergen kann nicht verleugnet werden.

      Weibliche Effizienz ist, mit minimalem Aufwand in nur zwei bedeutsamen internationalen Endläufen in zwei verschiedenen Bootsgattungen (1983, Juniorinnen-WM-Riemenvierer mit Steuerfrau: JF 4+ und 1992, Veteraninnen-Ehren-Doppelvierer mit Steuerfrau: VF 4x+) den größtmöglichen Erfolg erreicht zu haben. Im Grunde hat die G lediglich zwei Jahre intensiv trainiert: die Saisons 1982/1983 und 1991/1992. Was hätte sie bei längerem Trainingsaufwand wohl noch alles erreicht? In Ostfriesland konnte eine junge Ruderin Anfang der Achtzigerjahre ohne ein eigenes Boot und ohne Sponsoring aus der freien Wirtschaft gar nichts erreichen, also wechselte sie in den allgemeinen Berufsalltag und erlernte 1984-1986 den Beruf der Hotelfachfrau. An ein professionelles zeitaufwändiges Rudertraining war parallel zu dieser unterbezahlten Knochenarbeit nicht zu denken. Dennoch war es eine wertvolle Lebenserfahrung.

      Anmerkung: Die Zentenarmedaille des Weltruderverbands von 1992 ist nicht einmal mit dem Nobelpreis vergleichbar, denn dieser wird zum einen von einer schwedischen Jury in Schweden (Ausnahme: der Friedensnobelpreis) und zum anderen jährlich neu vergeben.

      Bevor die G ihre Zentenarmedaille vom Weltruderverband erhalten hat, wurde einzig Kaiser Wilhelm I. - allerdings posthum - anlässlich des Wassersport-Festtags am 19. Juni 1897 in Berlin-Grünau - im hundertsten Jahr nach seiner Geburt - von seinem Enkel Kaiser Wilhelm II. mit einer Zentenarmedaille bedacht.

      Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal stand - bis es 1973 von der DDR-Regierung abgerissen worden ist - an der 1000-Meter-Marke dieser legendären Regattastrecke.

      Perfekt - aus der Sicht der unbeteiligten Betrachterin - spult der Doppelzweier an der Küste vor Nizza sein Trainingsprogramm ab.

      Es erfolgt eine Trainingspause. Die Blätter liegen flach auf dem Wasser und die Ruderer dehnen sich im Boot. Sie legen sich zur Entspannung auf den Rollsitz und lassen die Beine ins Wasser Baumeln. Die Skullgriffe parallel in einer Hand, um das Gleichgewicht zu halten und um nicht zu kentern, blinzeln sie in die Sonne.

      Dieses Bild spiegelt die ausgewogene Lebensart der G wider.

      Von ungezähmter Wildheit als Ruder-Jugendliche mit anschließender Lehrberufsphase bis hin zur höchstmöglichen sportlichen Ehrenauszeichnung als sogenannte Ruder-Veteranin.

      Um sich nach dieser süßen Pflicht zu krönen, sonnt sie sich als freie Schriftstellerin am Strand der Côte d‘Azur im selbst geschmiedeten Glück.

      Übrigens schmeichelt der G nichts mehr als der Neid aller erfolglosen Männer und Frauen.

      Preußischer geht es nicht, bereits im 18. Jahrhundert lebte Friedrich der Große (in seiner im 21. Jahrhundert endgültig untergegangenen Männerwelt) nach genau dieser Maxime: erst die Pflicht und dann die Kür.

      Zuerst wurden Schlachten geschlagen und Kriege gewonnen, um im Alter auf seinem Schloss „SANS, SOUCI.“ in Potsdam ohne Frau und daher auch „ohne Sorge“ zur Ruhe zu kommen. Der „Alte Fritz“ lebte „nach seiner Façon“ für die Schönen Künste. Er komponierte, musizierte und philosophierte mit dem Franzosen Voltaire und weiteren namhaften Gästen. Er hinterließ vielfältige Spuren auf fast allen Gebieten des Lebens. Seine historischen Werke liefern der Nachwelt Zeugnis über sein „sorgloses“ Dasein ab.

      Er hatte schließlich keine weibliche Konkurrenz im eigenen Land, denn die auf deutschem Boden geborene Zarin, Katharina die Große, regierte zeitgleich das benachbarte und viel größere Russische Reich.

      Welche Bedeutung hätte ein Menschenleben ohne jeglichen Erfolg für die G?

      Es heißt zwar, dass der Sinn des Lebens das Leben selbst sei, die G hätte aber ohne Erfolge keine Lust zu leben und sucht sich daher eine Herausforderung nach der anderen, um immer wieder eine neue Perspektive zu haben.

      Wenn sie in einem Bereich alles erreicht hat, was sie ohne Betrug erlangen konnte, überdenkt sie ihren Lebensplan und erfindet sich neu, um weitere Anreize für hervorragende Leistungen und Ziele zu bekommen. Schließlich will die G nur für ehrlich erbrachte Erfolge öffentlich gewürdigt werden. So denkt und handelt sie von Kindesbeinen an, denn ein Mittelmaß ist für sie ohne Belang.

      Lediglich fantasielose Langweiler vegetieren in ein und demselben Metier lebenslang vor sich hin, bis sie eines Tages völlig unbemerkt mit einem Burnout oder aufgrund einer anderen neumodischen Zivilisationskrankheit vom Erdboden verschwunden sind.

      Eingeäschert und im Meer verstreut dienen sie immerhin als letztes Glied der Nahrungskette den Fischen als Futter.

      Der Ausspruch: „Lieber ein streitbares Universalgenie statt ein indiskutabler Fachidiot.“ könnte von ihr sein. Von den großmäuligen und kleingeistigen Plagiatoren ganz zu schweigen. Haben die doch zumeist Jahrzehnte lang an ihren „glorreichen“ Lebenslügen gestrickt, um dann irgendwann über ihre kurzen Beine zu stolpern, denn „Hochmut kommt vor dem Fall.“

      Das Multitalent Johann Wolfgang von Goethe wird nicht von ungefähr und unbestritten ein Universalgenie genannt.

      Darüber hinaus sind vom ehrbaren Konfuzius folgende Worte überliefert: „Wer ständig glücklich sein will, muss sich oft verändern.“

      Keine konstruktiven Spuren hinterlassen zu haben, wäre für die G wie ein sinnloses Dahinvegetieren ohne jegliche Existenzberechtigung, aber halt, wenn der Fiskus seinen Obolus erhalten hat, dann haben sich selbst die untüchtigsten Bürgerinnen und Bürger ihr Erdendasein verdient gehabt.

      Sogar