Jake schnaubte. »Ich will nicht gehen, aber ich halte es für die richtige Entscheidung. Ich denke schon eine ganze Weile darüber nach und habe sogar mit Dr. Englade darüber gesprochen, also ist es keine meiner üblichen dämlichen, spontanen Entscheidungen, die ich früher gefällt habe.«
Cris gefiel der Gedanke, dass Jake sich mit seiner Therapeutin besprochen und darüber nachgedacht hatte, aber er konnte nicht widerstehen, ihn aufzuziehen. »Spontane Entscheidungen, hm? Wie zum Beispiel so zu tun, als hättest du meine Brieftasche geklaut, nachdem wir zum ersten Mal Sex hatten? Und alles nur, weil du dich zu mir hingezogen gefühlt hast und so einen Schiss hattest, dass du mich wegschubsen wolltest?«
»Das wirst du mir ewig aufs Brot schmieren, oder?«
»Süßer, die Geschichte werde ich noch unseren Enkelkindern erzählen.«
Jake versteifte sich in seinen Armen. Cris begriff, was er gesagt hatte und wie es vermutlich rübergekommen war. »Metaphorische Enkelkinder«, berichtigte er sich.
Der Schaden war jedoch angerichtet. Jake wand sich aus seiner Umarmung. Unsicherheit spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. »Möchtest du Kinder?«
Okay, das war nicht die Art von Gespräch, auf die Cris an einem Donnerstagmorgen vorbereitet war. »Ich habe nichts gegen Kinder, aber ich habe nie dagesessen und mir ein Leben mit welchen erträumt. Vielleicht ein klein wenig, als ich mit Lily zusammenkam, aber seitdem nicht mehr.«
Lily war der erste Mensch, mit dem er zusammen gewesen war, der seine Bisexualität vollkommen akzeptiert hatte, und Cris hatte sich schnell in sie verliebt. Sie zu lieben, hatte ihm die besten sechs Monate seines Lebens eingebracht – bis er ihr gestanden hatte, dass er früher nebenberuflich in Schwulenpornos mitgespielt hatte. Er hatte nicht gedreht, seitdem sie zusammen waren, aber sie war trotzdem ausgerastet, hatte sich jeder Erklärung verweigert und ihn mit gebrochenem Herzen zurückgelassen. Danach hatte er mit Depressionen zu kämpfen gehabt, mit den Pornos komplett aufgehört und sich von jedem außer seinem besten Freund Taro Ichikawa zurückgezogen.
Taro hatte ihn da wieder rausgeholt und Cris war für zwei Jahre ans Filmset zurückgekehrt, bevor er vor ein paar Wochen offiziell gekündigt hatte. Cris hätte nie mit Chet zusammen sein können, während der noch sein Chef war. Sie planten, dieses Wochenende Cris' offizielles Abschiedsvideo für die Website zu drehen.
»Abgesehen davon«, sagte Cris, »gibt es da draußen immer noch zu viele religiöse Spinner, die sich das Maul zerreißen, wenn schwule Paare Kinder adoptieren. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie die ausrasten würden, wenn ein Dreigespann eines adoptieren will.«
»Stimmt.«
Cris wollte nicht länger darüber reden. Er hätte nie den dummen Witz über Enkelkinder machen sollen, also kehrte er zu Jakes Ankündigung zurück. »Hast du Chet schon Bescheid gesagt? Oder wolltest du erst meine Meinung hören?«
Jake verschränkte die Arme und lehnte sich an die Kücheninsel. »Ich wollte es dir zuerst sagen. Ich habe das Gefühl, dass Chet sich deiner Meinung anschließen wird und du gehst ja sehr entspannt damit um.«
»Das liegt daran, dass ich dich liebe und möchte, dass du glücklich bist. Wenn du dafür eine Weile ausziehen musst, unterstütze ich dich darin. Das machen Freunde so. Solange Benny sich nicht daran stört, dass ab und zu jemand bei dir übernachtet.«
»Ich bezweifle, dass es ihn stören wird.« Jakes dunkle Augen wurden rund. »Verdammt, was, wenn Chet über Nacht bleiben möchte? Wäre das nicht merkwürdig? Ich meine, der einzige Mensch, der weiß, dass wir alle zusammen sind, ist Dell.«
Dell Greenwood war sowohl Chets Neffe als auch der Kameramann des Pornostudios im Keller. Der einzige Grund, warum er ihr Geheimnis kannte, war, dass er ebenfalls in diesem Haus lebte und er den ganzen komplizierten Prozess, in dem sie zueinandergefunden hatten, miterlebt hatte.
»Wir bekommen das alles hin«, sagte Cris. »Aber vielleicht sollten wir das mit Chet besprechen, da er die dritte Partei in diesem Spiel ist.«
»Was mit Chet besprechen?« Chet Green bewies wieder einmal perfektes Timing, indem er aus dem Foyer in die Küche trat. Er hatte ausnahmsweise noch seinen Schlafanzug getragen, als er mit ihnen gefrühstückt hatte. Daher war er anschließend nach oben gegangen, um zu duschen und sich anzuziehen, während Jake und Cris aufgeräumt hatten.
Chet konnte selbst die ältesten Lumpen teuflisch sexy wirken lassen. Er war beinahe so groß wie Cris, wenn sein schlanker Körper auch eher dem eines Schwimmers entsprach, und trug ein blaues Polohemd und Stoffhosen, als handelte es sich um den edelsten Dreiteiler. Sein mit Silber durchzogenes Haar war perfekt gestylt und auch wenn er im letzten Frühjahr achtundvierzig geworden war, hätte ihn niemand älter als neununddreißig geschätzt.
Chet hielt auf Armeslänge zu Jake inne und runzelte die Stirn. »Was ist passiert?«
»Nichts ist passiert«, sagte Cris. »Aber es geht um etwas, das uns alle drei betrifft. Daher bin ich froh, dass du da bist.«
»In Ordnung.«
Jake schluckte mühsam, bevor er sich an Chet wandte. »Ich möchte eine Zeit lang wieder in Bennys Wohnung ziehen, damit ich mir beweisen kann, dass ich allein und mithilfe der Medikamente zurechtkomme. Dass mein ganzer Fortschritt nicht einfach verschwindet, wenn ihr Jungs nicht länger vierundzwanzig Stunden am Tag um mich herum seid, um mich aufrecht zu halten.«
Chets Stirnrunzeln verdampfte zu einem liebevollen Lächeln. »Ich finde, das ist eine sehr erwachsene Entscheidung, Jake.«
»Tust du?«
»Sehr sogar. Ehrlich gesagt habe ich nach einem Weg gesucht, dieses Thema selbst anzuschneiden.«
Jake zog sich einen Schritt zurück. »Du willst, dass ich gehe?«
»Ganz im Gegenteil.« Chet überwand die von Jake aufgebaute Distanz und setzte ihn zwischen der Kücheninsel und seinem Körper gefangen. Er machte sich klein, um Jake in die Augen sehen zu können, und stützte beide Hände auf die Arbeitsplatte hinter Jake. »Ich liebe es, dass du hier bist, in meinem Haus und in meinem Bett. Aber ich habe dich in dem Wissen hergebracht, dass es eine zeitlich begrenzte Lösung ist, und nun, da du mit deiner Krankheit zurechtkommst, musst du auch wieder die Kontrolle über dein Leben übernehmen.«
»Ja«, sagte Jake.
»Also, wenn du jetzt gehst, möchte ich, dass du es in dem Wissen tust, dass du jederzeit wiederkommen kannst.«
»Danke.« Jakes Lippen verzogen sich zu einem anzüglichen Lächeln. »Außerdem… Wenn wir an unterschiedlichen Orten wohnen, heißt das, dass wir uns jetzt richtig verabreden können. Du und ich unternehmen nicht viel, weißt du, nur wir zwei.«
»Das ist wahr, und wir können ganz sicher Verabredungen zustande bekommen. Ich würde liebend gern außerhalb dieses Hauses Zeit mit dir verbringen.«
»Aber was, wenn andere Leute erfahren, dass wir drei zusammen sind?« Er wand sich genug, dass Chet zurücktrat und ihm etwas Platz schenkte.
»Was soll damit sein?«, fragte Chet. »Selbst wenn wir zu dritt in einem netten Restaurant essen gehen, würde niemand wissen, dass wir zusammen sind, solange wir nicht am Tisch rumknutschen.«
Das geistige Bild von ihnen dreien in schicker Garderobe, wie sie in einem Edelrestaurant herummachten, ließ Cris' Schwanz zucken. Er würde es nie tun, aber verflucht, er wollte in aller Öffentlichkeit zeigen, dass diese fantastischen, leidenschaftlichen Männer ihm gehörten und niemandem sonst.
»Ich vermute schon.« Jake klang nicht begeistert von der Vorstellung, dass ihre Dreiecksbeziehung bekannt werden könnte, und das schmerzte ein wenig.
»Ist es dir peinlich, mit zwei Männern zugleich zusammen zu sein?«, fragte Cris.
»Nicht richtig. Ich meine, es ist nicht so, dass ihr beide mir peinlich seid. Es ist nur so… anormal.«
Cris fuhr zusammen.
»Scheiße,