Ich traf viele spirituelle Lehrer, Praktizierende und angeblich Erwachte auf meinem Weg und besuchte viele Heilseminare, doch mit keiner Methode konnte ich diesen Zustand erreichen. Irgendwann hatte ich all die Theorien satt. Außerdem war ich noch nie der Typ, der sich an vorgegebene Schritte hielt.
So entschied ich, mein ganzes Wissen loszulassen. Und der Gedanke fühlte sich unbehaglich an, denn er nahm mir das letzte Quäntchen Sicherheit. Aber ich war ja inzwischen geübt im Aushalten von Wahn-Sinn und ließ mich ohne Gurt ins freie Feld des Potenzials fallen.
Ich werde an dieser Stelle nicht weiter von meinen Erfahrungen berichten, sondern bitte Dich jetzt, mir einfach zu vertrauen. Du kannst nichts dabei verlieren, im Gegenteil. Es braucht nur Deine Bereitschaft, ein paar Fragen zu beantworten. Es wird zwar anfangs etwas verwirrend sein, doch wenn Du Dich den inneren Widerständen stellst und bis zum Ende durchhältst, wirst Du ein Wunder erleben – versprochen!
Dieses Buch widmet sich der Wahrnehmung unserer „schlechten“ Beziehungen, weil diese uns zutiefst bewegen, lange gefangen halten und deshalb auch die Tür zu unserer Freiheit sind.
Anhand der aufgeführten Beispiele wird Dir der Perspektivenwechsel so leicht wie möglich gemacht. Ich empfehle Dir auch, alles einmal durchzulesen. Später, wenn Du die Grundidee verinnerlicht hast, kannst Du es auch für spontane Fragen als Impulsgeber verwenden. Schlage hierfür irgendeine Seite auf und schau, worauf Dein Blick fällt. Ich lasse mich immer gern führen und halte die Augen geschlossen, während meine Finger langsam über die Seiten wandern – solange bis es für mich stimmig ist. Doch nun zum eigentlichen Vorhaben.
Stelle Dir bitte vor, dass Du und alles, was Du gerade mit Deinen Augen und Händen wahrnimmst, nur aus Informationen besteht. Jetzt versuche, die Bilder der Körper und Formen unscharf zu machen und leicht an ihnen vorbei zu sehen. Lass Deinen Blick fließen, ohne irgendeinen Teil besonders hervorzuheben. Schwebe innerlich und halte an nichts fest. Jetzt stelle Dir vor, Du bist ein Filmemacher und Du betrachtest die Szene wie durch eine Kamera.
Du nimmst also gerade wahr, was Du Dir selbst ausgedacht und irgendwann in Dein Drehbuch geschrieben hast. Spätestens jetzt wird sich Dein Verstand melden und mit erhobenem Zeigefinger sagen: „Das ist ja Schwachsinn!“ Okay, höre ihm kurz zu, bedanke Dich für seinen Einwand und fahre einfach mit der Übung fort …
Du bist der Filmemacher und drehst mit der Kamera den Film Deines Lebens. Die Menschen, die Du siehst, sind gebuchte Schauspieler; die Kulisse wurde nach Deiner Vorstellung gebaut und Deine Gefühle entstehen beim Aufnehmen der Geschichte, die Dir gerade vorgespielt wird. Und während Du dem Schauspiel mit der Kamera folgst, gehst Du mit dem Geschehen auf Resonanz. Das heißt: Du erlebst es hautnah mit und vergisst sogar, dass Du selbst der Macher dieses Streifens bist und er ursprünglich aus Deinem Geist stammt.
Jetzt bist Du geistig im Film, ohne es aber wirklich zu sein. Nun bedenke, dass alles zeitgleich geschieht und Du deshalb auch alles auf einmal bist – der Ort, die Schauspieler, die Dialoge, die Gefühle und der Filmemacher. Der Filmemacher ist die Idee des Geschehens, die Beobachtung dessen und das Geschehen selbst. Und jetzt passiert der Sprung in Deiner Wahrnehmung.
Nichts, was Du da draußen wahrnimmst, existiert wirklich getrennt von Dir!
Du bist alles, was ist! Und jetzt meldet sich Dein Verstand wieder. Er wird unmissverständlich zu verstehen geben, dass er nicht länger Teil dieses Spiels sein mag. Und Du wirst Dich ihm erneut liebevoll zuwenden und ihm beruhigend sagen: „Es geht hier um nichts. Es ist nur ein Experiment!“
Jetzt erinnere Dich kurz an Deine Situation und Deine Arbeit als Filmemacher. Du hältst die Kamera und schaust in den Sucher auf die Bilder, die Du erfunden hast – sei es eine Liebesgeschichte mit Herzschmerz, ein Actionabenteuer mit schnellen Autos oder ein Krimi, der Hochspannung liefert. Und nur weil Du vergessen hast, dass es Dein Film ist, heißt das nicht, dass er es nicht ist.
Bedenke: Was auch immer Du gerade siehst, es ist und bleibt Deine Schöpfung! Sei Dir dessen gewiss. Es lohnt nicht, dies in Frage zu stellen, auch wenn Dein Verstand das Gegenteil behauptet.
Nun zur momentanen Aufnahme: Was geschieht gerade in Deinem Lebensfilm?
Streitet sie gerade mit ihrem Partner? Sitzt er gerade im Büro und studiert Akten oder läuft gerade jemand durch den Stadtpark und verkauft Drogen? Was genau siehst Du?
Erinnere Dich bitte kurz daran, dass die Person, die Du siehst, von Dir erschaffen wurde und somit Dein Denken, Fühlen und Handeln darstellt. Vielleicht bist Du ja ein Mann und denkst gerade: „Aber wir kann ich denn diese Frau sein?“
Deine Wahrnehmung lässt Dich glauben, dass Du Dich von allem da draußen unterscheidest. Aber versuch die Situation auf geistiger Ebene zu betrachten. Ich helfe Dir …
Du bist Zeuge eines Streits zwischen einer Frau und ihrem Partner. Alles erscheint real und daher getrennt von Dir zu sein, doch entstanden ist alles durch Deine geistige Schöpferkraft. Du hast Dir diese Szene ausgedacht, sie aufgeschrieben und jetzt vor Deinen Augen inszeniert. Und jeder noch so kleine Aspekt dieser Personen – ihrer Unterhaltung, ihres Aussehens und ihrer Gefühle, ist ein Teil Deines Geistes. Du trägst all diese Informationen in Dir und hast Sie eins zu eins nach außen projiziert. In Wirklichkeit aber existieren sie nur in Dir.
Du bist wie ein Hochleistungscomputer, der alles speichert, was je existiert hat. Und Du schreibst Programme in Form von Bildern, Formen und Worten, die nur eine Projektion der inneren Daten sind. Bis eben wusstest Du nicht mal, dass Du Filmemacher bist. Warum stellst Du schon jetzt Deine eigene Kreation in Frage? Nur weil Dein Verstand es nicht verstehen kann?
An diesem Punkt geht es nicht mehr ums Verstehen, sondern um Dein Vertrauen. Gib meinen Worten Raum und folge einfach den Zeilen, die – nebenbei erwähnt – auch nur Deine eigene Erfindung sind!
Alles ist Geist und der Geist denkt Dich als Idee, so wie Du Dir den Film ausgedacht hast. Daher ist die Idee auch weiterhin eins mit dem Geist, so wie der Film eins ist mit Dir. Und weiter musst Du grad nicht denken. Versuche ab jetzt, Dein Leben aus der Sicht des Filmemachers zu betrachten – zumindest für die nächsten Tage. Doch sei auf der Hut, denn Dein Verstand wird nach wie vor beweisen wollen, dass Dein Körper aus fester Materie besteht. Vielleicht indem Du Dich verletzt, blutest und Schmerzen hast. Zumindest wird er nichts unversucht lassen, um das Experiment abzubrechen. Aber ich sage Dir: Mach weiter! Versuche einfach, wie ein Filmemacher zu schauen! Und sobald Du etwas siehst, was Dich beunruhigt, denke laut: „Oh, wie interessant sich das doch entwickelt!“
Sollte es jedoch schlimmer kommen und Du mit einer Person in Streit geraten, dann sage Dir innerlich: „Oh, das ist jetzt interessant! Ich bin wirklich sehr kreativ.“
Und jetzt kommen wir zum schwierigsten Teil: Du willst sicherlich wissen, was Du mit den unangenehmen Gefühlen machen sollst und wie Du akzeptieren kannst, dass Du nur Deiner eigenen Schöpfung begegnest – schließlich bist Du ja nicht so schlimm, wie Dein Gegenüber.
Doch, das bist Du! Und das ist die bittere Pille, die Du schlucken musst. Aber sei gewiss, Du stirbst nicht daran – nur Dein Ego, das Dich weiter glauben lassen möchte, was für ein Unschuldsengel Du doch bist. Aber wären wir das wirklich, würden wir nur Licht und Liebe sehen, und nicht all die schrecklichen Dinge. Denn Liebe nimmt nur sich selbst wahr, so wie die Angst nur den Schrecken.
Jeder von uns wünscht sich ein schönes Leben mit glücklichen Beziehungen, doch überall gibt es Streit, Lug und Betrug. Da stimmt doch etwas nicht! Und warum gibt es Menschen, die dort Liebe erkennen, wo Du den Hass siehst?
All die furchterregenden Dinge da draußen sind die Projektionen Deines Unterbewusstseins, auch wenn Dir das nicht gefällt. Es sind Deine verdrängten Ängste, Opfer-, Rache- und böse Buben-Geschichten, die Du in Form eines Films auf die weiße Leinwand namens „Leben“ projiziert hast. Du hast die Geschichte des Leids – unbewusst – geschrieben. Unbewusst, weil Dein Verstand sich ja nicht selbst erfunden haben kann, so wie Du Dich nicht selbst ausgedacht hast.