Wyatt Earp 219 – Western. William Mark D.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark D.
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740963699
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der Weg schien tatsächlich zu Ende, der Schacht völlig abgeschlossen zu sein.

      Ganz zufällig tastete der Marshal mit dem Stock etwas höher über den Boden und kam in Schulterhöhe. Tatsächlich, da schien der Schacht eine Fortsetzung zu haben.

      »Zu Pferd geht’s hier allerdings nicht weiter«, raunte er dem Spieler zu.

      »Well«, entgegnete Holliday, »dann lassen wir die Tiere eben hier.«

      Sie stiegen beide auf die etwas höher liegende Schluchtsohle hinauf und setzten den Weg, der nach wie vor beschwerlich war, nun allein fort.

      Die beiden Pferde konnten sie ruhig zurücklassen, denn die beiden edlen Hengste waren so gut geschult, dass sie nicht das geringste Geräusch von sich geben würden, wenn sie allein da in der Felsschlucht zurückbleiben mussten.

      Wieder war Wyatt an sein scheinbares Ende der höherliegenden Kluftsohle gekommen, als er diesmal aber rascher die ›Treppe‹ fand, die jetzt nur etwa einen Yard höher lag.

      Schon nach sechzig oder siebzig Yards war auch dieser Weg zu Ende, und fast wäre er dem voranschreitenden Marshal zum Verhängnis geworden. Aber noch im allerletzten Augenblick hatte er den Abgrund entdeckt, der urplötzlich steil vor ihm abfiel.

      Wyatt legte sich flach auf den Boden, tastete neben sich und hatte ein lockeres Gesteinsstückchen in der Hand, das er vorn hinunterfallen ließ.

      Zu seiner nicht geringen Verwunderung stellte er fest, dass der Stein sofort unter ihm auffiel: Er tastete mit dem Stock vor sich und konnte feststellen, dass es nach etwa anderthalb Yards Tiefe weiterging.

      Die Kluft war hier etwas breiter, aber oben auch so eng, dass man das Gefühl hatte der Fels wäre über ihnen zusammengewachsen. Doch da der Mond sich hin und wieder von den Wolkenbänken frei kämpfte, war der Lichtschein so hell, dass er oben durch das Gestein hier in den Felseinschnitt hinunterfiel.

      Nach etwa einer Viertelstunde blieb der Marshal stehen, denn wieder schien der Weg aufzuhören.

      Diesmal war es Holliday, der meinte:

      »Ich glaube, wir müssen uns hier nach links wenden, Marshal.«

      Wyatt kam zu ihm zurück und entdeckte links in der Felswand eine düstere Kluft.

      Tatsächlich, da ging es weiter.

      »Ein ganz hübsches Labyrinth, in das wir da geraten sind«, meinte der Spieler. »Ein Glück nur, dass es keine Seitenwege gibt, sonst könnten wir uns hier höchstwahrscheinlich tagelang abmühen, bis wir zu unseren Gäulen zurückfänden.«

      Urplötzlich aber blieben sie stehen, denn der Weg durch den Fels hörte nach zwei scharfen Knicken auf und fiel vor ihnen steil in die Tiefe.

      Sie standen in einem Felskamin – etwa achtzehn oder zwanzig Yards in glatter Wand über dem Boden – und sahen vor sich in der Ebene eine Stadt.

      Häuser rechts und links von einer Straße, zwar dunkel, was jetzt in der späten Nacht kein Wunder war, aber doch Häuser, die wohlgeordnet nebeneinander standen.

      Eine richtige Westernstadt mit Vorbauten, Zügelholmen, Dächern, Hausfassaden, Schuppen und anderen Anbauten.

      Der Missourier nahm das Nelsonglas, das er vorsichtshalber eingesteckt hatte, heraus, zog es auseinander und hielt es vor das rechte Auge.

      Aber das Bild blieb. Vor ihnen auf der Ebene lag eine Stadt. Sie war zwar sehr klein und bestand nur aus wenigen Häusern … aber es war eine richtige, echte Stadt. Keine Fata Morgana! Hoch oben auf dem Felsplateau der Peloncillo-Mountains lag sie versteckt hinter Gesteinsbastionen, die sich nach allen vier Himmelsrichtungen wie eine schützende Wand um sie herum zogen.

      »Eine Stadt beim Pulversee«, meinte Holliday halblaut.

      Wyatt hatte das Glas wieder eingesteckt und blickte gebannt zu den Häusern hinüber.

      »Sieht ziemlich still aus«, meinte er.

      Holliday nahm seine goldene Uhr, deren Decke mit kostbaren Ziselierarbeiten bedeckt war, aus der Tasche und lauschte dem Läutwerk.

      »Wenn ich hier in diesem Nest wohnte«, meinte er, »ginge ich höchstwahrscheinlich auch mit den Hühnern schlafen.«

      »Jetzt wüsste ich nur gern, wie wir herunterkommen«, meinte der Missourier.

      Holliday wusste, dass der Marshal seinen Lasso abgeschnallt hatte und über dem Arm auf der linken Schulter trug. Aber er wusste auch, dass selbst der längste Horse-Lasso nicht lang genug war, um hier die Distanz bis zum Boden zu überwinden. Auch dann nicht, wenn man mutig genug war, sich aus halber Höhe loszulassen und hinunterzuspringen. Überhaupt tat der Missourier so etwas nur im Notfall.

      Und einen Notfall hatten sie ja jetzt nicht.

      »Eine verdammt ideale Ecke«, fand der Spieler in seinem bekannten spöttisch leisen Ton. »Wenn die Kerle sich da drüben aufhalten, dann haben sie sich das beste Hole ausgesucht, das ich jemals gesehen habe.«

      Unverwandt blickte der Missourier zu den schweigsamen Häusern hinüber, die da drüben eine Straße bildeten, die stumm und reglose einander gegenüberstanden und keine Spur von Leben zeigten.

      »Ich würde mir darüber keine Gedanken machen, Marshal. In diesen Berggegenden haben wir doch selten Tiere angetroffen.«

      Das stimmte schon. Dennoch kam diese große Stille dem Marshal seltsam lastend vor.

      »Well«, meinte er schließlich, während er dem Gefährten die Lassoleine hinhielt, »ich werde den Abstieg versuchen.«

      »Ziemlich riskante Sache«, entgegnete Holliday.

      »Leider kann ich nirgends eine bequemere Treppe finden.«

      Und schon machte sich der Marshal an die Arbeit, wickelte das Lasso ganz ab und ließ es an der Felswand hinunterbaumeln.

      Holliday hatte sich mit dem rechten Fuß hineingestemmt und hielt mit beiden Händen fest, während er sich zurück gegen die Felswand lehnte.

      Der Missourier turnte geschickt hinunter bis zum Ende des Seiles, und dann blickte er hinunter auf den grauen schimmernden Stein, der im fahlen Mondlicht unter ihm lag.

      Kurz entschlossen ließ sich der Missourier hinunterfallen.

      Er kam ziemlich hart mit dem linken Fuß auf und verspürte einen schmerzenden Stich durch die ganze linke Körperseite bis zum Herzen.

      Da hörte er über sich den Spieler flüstern: »Ich habe hier oben einen praktischen Haken aus Stein gefunden. Ich komme nach.«

      Wyatt wollte noch etwas sagen, da sah er aber, wie der dunkle Körper des Georgiers sich über den Rand der Kluft schwang und ebenfalls an dem Lasso hinunterturnte, bis er dessen Ende erreicht hatte.

      Da ließ er sich los.

      Wyatt bremste mit Händen und Körper den Fall des Gefährten.

      »Gut gelandet?«

      Holliday nickte und blickte den Mar­shal an. »Und Sie?«

      Der Missourier winkte ab. »Alles okay, wir können gehen.«

      Aber als er sich in Bewegung setzte, konnte er mit dem linken Fuß nicht auftreten.

      Holliday merkte es sofort, hielt an und meinte:

      »Schätze, dass Sie als hinkender Indianer hier wenig willkommen sein werden. Soll ich nicht allein gehen?«

      »Nein, nein, ich komme schon mit«, meinte der Marshal.

      Holliday bückte sich und tastete den Fuß des Marshals ab.

      »Wenn wir Pech haben, dann sitzt es im Wadenbein. Aber es kann natürlich auch eine Verkrampfung der Sehne sein.«

      »Was ist schlimmer?«, wollte der Marshal wissen.

      »Ein angeknackstes Wadenbein«, entgegnete der Spieler, während er sich wieder in Bewegung setzte.