Stan stützte ihn und Buck half von oben nach.
Für einen Augenblick sah Stan die beiden Gestalten oben auf den Pfählen hocken, dann waren sie verschwunden. Kaum hörte er das Geräusch ihres Aufsprungs drüben im Hof.
Da knirschte es am Tor, ein Lichtschein fiel in die dunkle Front der Pfahlmauer.
Die beiden hatten das Tor geöffnet.
Stan blickte in den vom schwachem Mondlicht erhellten Hof.
Fin zog ihn rasch hinein und schloß das schwere Tor, das nur durch einen Balkenriegel gesichert gewesen war, was normalerweise ja auch genügte.
Stan sah sich um.
»Wo ist Ster?«
Fin wies mit dem Kopf auf die dunkle Rückfront des Bankgebäudes.
»Was habt ihr denn vor?«
»Maul halten«, zischte Fin, der auch nicht wußte, was der schweigsame Sterling Buck im Schilde führte.
Und der Bursche, der im Schlagschatten des Hauses kauerte und die Fenster beobachtete, wußte es in diesem Augenblick selbst noch nicht.
Ganz sicher aber hatte er in dieser Minute nicht das vor, was noch vor Ablauf einer Viertelstunde geschehen sollte.
Sterling Buck war in dieser Minute längst nicht mehr betrunken, aber er war auch nicht nüchtern. Er befand sich in jenem Zustand, der den Menschen bedenkenlos macht.
Und dennoch dachte er nach.
Die beiden anderen waren jetzt dicht hinter ihm. Deutlich hörte er Stan Rippers heftiges Atmen.
»Damned, wenn uns hier jemand überrascht?« stieß Ripper durch die Zähne.
Sterlings Kopf flog herum.
»Und? Was dann?«
Stan zog seine breiten Schultern hoch.
»Was dann? Ich weiß es nicht. Ich könnte mir denken, daß man den Sheriff alarmieren würde.«
»Na und?«
»Komm, pump dich nicht so auf, was hast du vor?«
»Wirst du schon noch erfahren.«
Hätte er es nur selbst gewußt – vielleicht hätte er es dann unterlassen.
Da richtete sich Buck auf und huschte auf das Haus zu. Finlay folgte ihm sofort.
Stan blieb auf seinem Platz.
Angestrengt lauschte er zum Haus hinüber. Er vermochte die beiden nicht zu sehen, so dunkel war es an der Rückfront des Bankgebäudes.
Was sie nur vorhatten?
Darüber zerbrach sich Fin, der jetzt dicht hinter Sterling am Boden kauerte, den Kopf.
Da stieß Sterling ihn an.
»Wir müssen da durch dieses Fenster.«
»Es ist doch geschlossen.«
»Wenn schon. Die anderen sind alle vergittert.«
Fin wartete nicht, vielleicht um nicht an seiner eigenen Angst zu verzagen.
Er schwang sich auf das Fenstersims und zog das Bowiemesser aus dem Gurt.
Es war nicht einfach, das große mehrteilige Fenster aus seinem Kipphaken zu heben, aber schließlich gab der Haken doch nach und schnappte zurück.
Fin schob das Fenster leise hoch.
Da wurde er von unten am Stiefel gepackt, zuckte zusammen und blickte sich um.
Er sah in Sterling Bucks Gesicht.
»Wir müssen alle drei hinein. Warte hinterm Fenster.«
Fin nickte und glitt lautlos in den dunklen Raum.
Dann kam Stan. Den Schluß machte Sterling Buck.
Mit angehaltenem Atem kauerten die drei Boys neben dem Fenster und lauschten in das Haus. Plötzlich schraken sie zusammen. Auf den Fliesen des Korridors war das klickende Tappen eines Hundes zu hören.
Stan Ripper glaubte, man müsse das laute Hämmern seines Herzens, das ihm selbst in die Ohren dröhnte, weit hören können.
Der Hund war stehengeblieben, unmittelbar vor der Tür dieses Raumes.
Fins Rechte tastete nach dem Revolver.
Stan merkte es und schluckte. Damned, in was hatte er sich da bloß eingelassen.
»Uim! Uim!« machte das Tier und ging dann langsam weiter.
»Ob der Köter uns gewittert hat?« fragte Stan heiser.
»Glaube ich nicht«, meinte Fin, aber keineswegs war er so sicher, wie er sich gab.
Sterling richtete sich auf und blickte zurück zum Fenster. Am liebsten wäre er jetzt zurückgegangen, weg aus dem Bankhaus. Er hatte plötzlich ein mulmiges Gefühl in der Magengrube.
Aber er glaubte, sich diese Blöße nicht vor den anderen geben zu dürfen. Deshalb tat er genau das Gegenteil von dem, was er wollte: Er schlich vorwärts, an der Wand entlang auf die Korridortür zu.
»Nicht«, raunte Stan ihm zu, »du kannst die Tür nicht öffnen, der Hund bellt das ganze Haus zusammen!«
Da hatte Ster die kleine in der Farbe der Wand gehaltene Tür zum Nebenraum entdeckt und schob den Drehknopf nach rechts. Die Tür gab nach. Leise knackte sie beim Öffnen. Ster hielt sie fest.
»Kommt her«, raunte er seinen beiden Genossen zu.
Leise kamen sie näher, schoben sich an ihm vorbei und kamen zu ihrer namenlosen Verwunderung in den großen Schalterraum, der bis hinüber zu den Fenstern der Straßenfront reichte.
Beklommenheit lastete auf den drei Eindringlingen.
Was wollten sie hier? Weshalb waren sie hier eingedrungen?
Stan spürte, daß seine Beine leise zitterten. Deshalb trat er weg von Sterling. Fin, der neben ihm gestanden hatte, zog seine Stiefel aus. Die anderen beiden folgten seinem Beispiel. Sie ließen die drei Stiefelpaare neben der Tapetentür stehen und huschten auf einen der Schalter zu, dessen Gitter heruntergelassen war.
Fin stieß Stan an.
»Los, über das Gitter – du mußt es von innen aufschieben!«
Stan folgte der Aufforderung. Er gelangte über das hohe Gitter, vermochte es aber nicht zu öffnen.
Währenddessen lehnte Sterling Buck mit heißem Schädel unter dem Schalterbrett an dem hölzernen Sockel und hörte deutlich in sich die Warnung. Das ist doch Wahnsinn, was du da tust! Was willst du überhaupt hier? Etwa die Bank berauben?
Auf Bankraub steht Straflager!
Buck richtete sich wildentschlossen auf und schwang sich selbst über das Gitter.
»Verschwinde«, zischte er Stan Ripper zu, »der bewacht die Fenster zur Straße. Fin, halt die Tür zum Korridor im Auge!«
Stan jumpte wieder oben über das Gitter und kroch dann am Holzsockel der Schalter entlang bis zur Fensterfront, die an der Mainstreet lag.
Fin blieb vor dem Schalter, hinter dem er Sterling wußte.
Es herrschte ein hartes Knacken. Buck und Ripper fuhren zusammen.
Fin hatte es versucht, weil er von sich aus versucht hatte, das kleine Gitter über dem Schalterbrett aufzustoßen.
»Idiot!« zischelte Sterling.
Und da wurden sie auch schon durch das wilde Bellen des großen Hundes aufgeschreckt.
Stan