Die subjektive Verfassung und ihre Erörterung. Philipp Ursus Krautschneider. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Philipp Ursus Krautschneider
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783842283848
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soll, und man nicht zu tun gezwungen wird, was man nicht wollen soll. Man muss sich vor Augen halten, was Unabhängigkeit ist und was Freiheit ist. Freiheit ist das Recht, all das zu machen, was die Gesetze gestatten.«

      Mit Einnahme einer Metaebene stellt sich heraus, dass vor allem individuelle Erfahrung den souveränen Willen maßgeblich gestaltet. Sie tut dies zum einen in der Ausdehnung des Geltungszeitraumes positiver Normen oder anders ausgedrückt: durch die erfahrungsbedingte Erweiterung des Planungshorizonts. Zum anderen gestaltet sie mit der Verdichtung von Vermeidungsstrategien gemäß negativer Normen oder salopp: durch die erfahrungsbedingte Zunahme von Hemmungen. Der Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Variante liegt vor allem dort begraben, wo eine ursprüngliche Empfindung als angenehm oder als unangenehm erfahren wurde.

       4.

       Demokratie

      Ausgehend vom souveränen Willen des Einzelnen ist Thomas Hobbes’ Schlussfolgerung in seinem Leviathan, dass der Mensch aufgrund seines Machtstrebens in seiner Naturform einen Krieg »Jeder gegen jeden« betreibe, nicht absolut auszuschließen (siehe Kapitel 3). Denn wir wissen, dass die negativen Normen Vermeidungsstrategien verkörpern, und wenn einem Menschen durch einen anderen Menschen ein Schaden droht, werden diese Strategien zur (notfalls sogar präventiven) Verteidigung eingesetzt werden. Dies könnte sich folglich als eine »Kriegssituation« im Hobbesschen Sinn darstellen.

      In der Wirklichkeit wird jeder Mensch von einer Mutter geboren, und regelmäßig sorgt die Mutter und/oder die Familie des Neugeborenen für seine Erziehung und Mäßigung. Die Art und Weise der Mäßigung und ihre unzähligen Facetten und Varianten sind es, die aus einem Neugeborenen im Heranwachsen und später einen Menschen zum Bürger formen können, sodass er womöglich fähig wird, auf seine persönlich extremsten Vermeidungsstrategien, insbesondere auf die Ausübung seiner körperlichen Gewalt gegen andere, zum Wohle der Allgemeinheit zu verzichten.

      Im Verzicht auf die individuelle körperliche Gewalt seiner Bürger liegt ein wesentlicher Baustein des Staates, der die Gemeinschaft seiner Bürger verkörpert. Es ist üblich, in diesem Zusammenhang von einem »Gesellschaftsvertrag« (Jean-Jacques Rousseau) zu sprechen. In einem geordneten Staat können grundsätzlich nur Staatsorgane zur Ausübung faktischer Gewalt befugt sein (Gewaltmonopol), und in einem entwickelten Staat ist dies auch nur unter rechtlich genau umschriebenen Ausnahmebedingungen zulässig.

      Die insofern weitest entwickelte Staatsform ist die Demokratie. Denn in einer Demokratie ist es unstrittig, dass das Recht im objektiven Sinn vom Staatsvolk ausgeht. Tatsächlich ist das objektive Recht immer lediglich eine Weiterentwicklung (zunächst subjektiver) negativer Normen (siehe Kapitel 3).

      Voraussetzung und offensichtliches Kennzeichen einer Demokratie ist die Mäßigung, die in ihrem Volk vorherrscht. Es kann und muss in jeder Demokratie einige Extreme geben, doch bleiben in einer lebendigen Demokratie die Mittelwege stets gangbar und im Verlauf gewichtig.

      Nehmen die Extreme einmal überhand, so droht dem Staat ein Aufruhr, so etwas wie ein möglicher (zeitweiliger) Bruch mit dem Gewaltmonopol. Verantwortungsvolle Bürger und demokratische Institutionen sollten solche Ausbrüche möglichst abschwächen. Der demokratische Staat muss sein objektives Recht dabei laufend an die Gegebenheiten anpassen (Gesetzgebung im objektiven Sinn). So erfährt ein Staat normalerweise die Auswirkungen von Extremen und wird durch diese Erfahrungen wiederum gemäßigt. Dennoch führt die Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenlebens von Menschen langfristig immer zu mehr Demokratie und entsprechend größerer Beteiligung des Einzelnen.

      Der Krieg »Jeder gegen jeden« (Hobbes) ist nach alledem praktisch nicht sehr naheliegend. Von einzelnen Staaten gegen andere Staaten geführte Kriege oder Bürgerkriege innerhalb eines Staates sind jedoch nicht ganz so unwahrscheinlich und müssen zur Vermeidung des Leids, das sie mit sich bringen, mit ganzer Kraft verhindert werden. Eine nachhaltige Demokratie muss entsprechende Institutionen, die Kriege beziehungsweise Bürgerkriege verhindern können, vorkehren und stützen.

       5.

       Das Privateigentum

      Zumal die Demokratie prinzipiell ja zunächst nur die Beziehungen der Menschen zueinander unmittelbar regelt, besteht eines der ersten Probleme jedes solchen Zusammenschlusses darin, wie Sachen behandelt werden sollen (siehe Kapitel 4). Wenn man das Problem der Güterverteilung nicht vernünftig löste, so erwüchsen und eskalierten laufend überall Konflikte über die Gegenstände, deren Nutzung den Menschen dort gerade einmal sinnvoll vorkommt, und damit könnten kein Recht und kein Staat wirklichen Bestand haben (etwa im Sinne von positiven Normen – siehe Kapitel 3).

      Also erfand der Mensch das Eigentum, das prinzipiell jede spezielle Sache mit den Mitteln des Rechts einem bestimmten Menschen, dem Eigentümer, zum exklusiven Gebrauch zuordnet. Alle anderen Menschen, die nicht Eigentümer sind, werden durch die Institution des Eigentums ausgegrenzt, das heißt verpflichtet, ohne Weiteres von der Nutzung der betreffenden Sache Abstand zu nehmen.

      Zumal die Güterverteilung ursprünglich wohl zu »holprig« war und die Bedürfnisse der Menschen bei weitem keine hinreichende Befriedigung erfahren konnten, wurden im Lauf der menschlichen Geschichte dazu verschiedene Zahlungsmittel (= Geld) erfunden, deren grundsätzlicher Zweck in der Ermöglichung des Austausches der Güter, das ist der Handel, begründet ist. Geld selbst ist insofern das abstrakte, quantifizierte Eigentum.

      Jede mögliche oder sinnvolle Verwendung jeder erdenklichen oder vorhandenen Sache objektiv-rechtlich vorzuschreiben alleine wäre ein Aufwand, der in der Dynamik der realen Welt unfassbar groß erscheint. Auch aus diesem Grund hat sich im ausgelaufenen 20. Jahrhundert die einfache Form des Privateigentums gegenüber anderen Eigentumsformen klar durchgesetzt.

      Die Güterverteilung durch das Privateigentum nennt man bezogen auf die Gesellschaft Kapitalismus. Der Kapitalismus ist im 21. Jahrhundert weitgehend globalisiert, das heißt, wenn man in einem Staat auf der Welt viel Privateigentum hat, man diesen Reichtum grundsätzlich auch in jeden anderen Staat exportieren kann – die Zuordnung des Vermögens ändert sich praktisch nur durch den Handel, womit sich die Wirtschaft beschäftigt, und in gewissem kleineren Rahmen durch die Bezahlung von Steuern und Abgaben.

      Der Kapitalismus ist mitnichten perfekt, sondern sorgt laufend für weitere Probleme. 2011 bewiesen Joseph E. Fargione et al. mit dem sogenannten Fargione-Integral, dass die vorhandenen Güter sich über einen bestimmten Zeitraum deterministisch immer in den Händen weniger Superreicher konzentrieren (https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0020728#aff1). Dadurch sorgt der Kapitalismus selbst, wenn man nicht politisch eingreift, für sein Scheitern.

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