Das Geheimnis der Bodenklappe. Helga Sadowski. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Helga Sadowski
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783947721498
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die Sonne, wozu brauchst du da die Lampe?«

      Er setzte eine wichtige Miene auf und erklärte: »Mama, wenn ich mal in ein tiefes Loch fallen sollte, muss ich doch Licht dabeihaben.« Mona schmunzelte und sagte: »Geh in den Flur, dort in der obersten Schublade der Kommode sind bestimmt noch welche.«

      Diese Taschenlampe hat sein Vater ihm geschenkt, dachte sie wehmütig. Der Junge geht keinen Schritt ohne sie.

      Tante Grete hatte inzwischen warme Pullover für die Kinder aus dem alten Dielenschrank geholt. Anna verzog angewidert ihren Mund und stöhnte laut.

      »Muss das sein?«, maulte sie ungehalten. »Ich will den nicht anziehen, der sieht doof aus.«

      »Ja, das muss sein!«, sagte die Tante und reichte den Kindern die wärmenden Kleidungsstücke. Missmutig zog Anna den verhassten Ringelpullover an und stopfte ihn in ihre Latzhose. Immer muss ich tun, was die wollen, dachte sie grimmig. Die Klamotte lässt mich fett aussehen. Einige schlimme Worte lagen ihr auf der Zunge, doch sie beherrschte sich. Das Risiko, gar nicht hinaus zu dürfen, war ihr dann doch zu groß. Draußen ziehe ich den eh wieder aus, dachte sie trotzig. Und zur Scheune gehe ich auf jeden Fall. Lotte spielt gerne mit Klaus. Sie verdrehte die Augen. Ich habe keine Lust, auf den Affen aufzupassen. Tante Grete half dem Jungen beim Anziehen. Nicht mal allein in seine Klamotten kommt der und wie der wieder aussieht mit dieser ewigen Rotznase, eklig. Ich gehe jetzt in Mutters Zimmer und hole mir die kleine Kette mit dem goldenen Kreuz daran. Lisa gibt immer mit ihren neuen Ohrringen an. Eilig lief sie nach oben und kam schon bald mit einem listigen Lächeln um die Mundwinkel zurück.

      Draußen trat Anna so manchen Stein wütend in die umliegenden Büsche. Es tat gut, Dampf abzulassen. Mürrisch folgte sie ihren Geschwistern. »Du meine Güte, Lotte«, fragte sie mit Spott, »musst du diesen blöden Teddy immer und überall mit hinnehmen? Du bist schon acht und schleppst dich mit einem Stofftier ab.« Die Angesprochene schenkte ihr lediglich einen bitterbösen Blick, mehr nicht.

      Anna setzte sich auf eine der beiden Schaukeln, die an der großen Kastanie hingen. Die hat der Papa hier für uns aufgehängt, kurz bevor es passiert ist, dachte sie. Ihr wurde immer traurig zu Mute, wenn sie sich daran erinnerte, dass ihr Papa nie mehr wiederkommen würde. Warum bei diesem Gedanken das Kreuz, welches sie an einer Kette um ihren Hals trug, auf ihrer Haut brannte, konnte sie sich nicht erklären.

      Die Zeit wollte gar nicht vergehen. Es war kurz vor sechzehn Uhr, als Lotte zur Toilette ins Haus ging. Klaus spielte in seiner Sandkiste mit dem Rücken zu Anna. Das war die Gelegenheit! Sie rannte los in Richtung Wäldchen, welches ihr Zuhause von der Scheune abgrenzte. Unterwegs legte sie das Kreuz nach außen auf ihren Pullover, damit es deutlich zu erkennen war.

      Sie passierte eilig den Weg zwischen den wenigen Bäumen und kam bald bei der alten Scheune des verlassenen Gehöftes an. Von den anderen Kindern war keines zu sehen. Doch eine, ihr wohlbekannte Stimme fragte plötzlich: »Können wir da mal reingehen?« Anna wirbelte erschrocken herum und verbarg hastig das Kreuz unter ihrem Pullover.

      »Klaus, was tust du hier?«, schrie sie ihren Bruder an. »Bist du mir nachgelaufen? Mach, dass du nach Hause kommst!« Da kam Lotte mit ihrem Teddy unterm Arm den Weg hinaufgehetzt.

      »Gut«, keuchte sie, »gut, dass ich euch gefunden habe. Wir dürfen hier nicht hin, dass wisst ihr genau!« Klaus schaute seine Schwestern bittend an und zeigte auf die baufällige Scheune.

      »Ich möchte da mal hineingehen und schauen, bitte!«

      »Nein!«, meinte Anna patzig. »Auf keinen Fall darfst du das! Ihr beide geht sofort zurück, ich komme später nach.«

      Lottes Augen wurden zu schmalen Schlitzen.

      »Wenn du hierbleibst, bleiben wir auch. Du glaubst wohl, ich weiß nicht, was du hier wirklich willst. Der Peter aus deiner Klasse kommt auch her, und in den bist du verknallt!«

      Anna wurde rot.

      »Warum nicht?«, rief Klaus trotzig dazwischen und schaute herausfordernd zwischen den beiden Mädchen hin und her, die aussahen, als wollten sie aufeinander losgehen. Lotte drehte langsam ihren Kopf, sah ihn an und flüsterte geheimnisvoll: »Weil es in der Scheune spukt!« Sie drückte unbewusst ihren Bären fester an sich. »Dort gibt es echte Geister und dicke, fette Ratten.«

      In Klaus’ Augen blitzte es verdächtig auf.

      »Gespenster? Die will ich sehen!« Wie ein geölter Blitz rannte er los in Richtung Scheune. Lotte rief ihm nach: »Bleib hier, Klaus! Komm zurück, das ist gefährlich!« Doch der Junge verschwand schon im Inneren des Gebäudes. Den Schwestern blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Sie betraten die Scheune und sahen gerade noch, wie Klaus die Leiter zum Heuboden hinaufkletterte. Anna spürte, wie die Wut in ihr hochstieg. Ihre Nackenhaare richteten sich auf.

      »Du kommst sofort da runter!«, schrie sie. »Wenn ich dich holen muss, werde ich dich schrecklich verprügeln!«

      Klaus schien das wenig zu beeindrucken. Er betrat den Heuboden und lief auf die offene Bodenklappe zu. Die Mädchen dachten nicht weiter darüber nach, denn unter der Klappe lagen mehrere Schichten zum Teil aufgeplatzte Heuballen. Wenn er da runter plumpsen würde, landete er weich. Er verschwand aus ihrem Blickfeld, doch er fiel nicht.

      »Klaus!«, rief Lotte. »Klaus, zeig dich, wo hast du dich versteckt?« Ohne eine Antwort abzuwarten, kletterte Anna sichtlich genervt die schmutzstarrende Leiter hinauf. Lotte folgte zögerlich mit ihrem Teddy im Arm. Sie suchten in allen Ecken, hinter jedem Heuballen, nichts. Schließlich schaute Lotte die offene Bodenklappe näher an.

      »Nanu?«, meinte sie. »Wieso kann man hier nicht hindurchschauen? Da drin ist es dunkel. Nur ein paar Stufen sind zu erkennen.« Anna zog eine Augenbraue hoch und trat näher.

      »Was du dir da wieder ausde…«, lamentierte sie ungehalten, um dann festzustellen: »Komisch, man müsste eigentlich die Heuballen da unten liegen sehen.« Sie rubbelte ihre Nase, wie immer, wenn sie angestrengt überlegte. »Ich geh da jetzt runter und suche nach Klaus!«

      »Nein!«, rief Lotte. »Tu das nicht. Dann verschwindest du bestimmt auch. Schau, da liegt seine rote Kappe, er ist bestimmt nicht da unten.« Anna schaute sie mit zu Schlitzen verengten Augen an und fauchte: »Die habe ich gesehen. Von mir aus kann der Bengel gerne bleiben, wo immer er ist. Ich wollte euch nicht mitnehmen, aber ihr musstet mir ja unbedingt nachlaufen.«

      Lottes Augen wurden feucht. Sie schluckte und zischte: »Das ist gemein! Klaus ist unser Bruder, ich mag ihn.«

      »Du magst ja auch deinen blöden Teddy!« Anna schaute suchend umher und fand ein Stück Schnur. »Hör zu Lotte, wir binden uns aneinander. Du bleibst hier stehen und ich klettere da runter. Der Blödmann könnte sich verletzt haben.« Lotte schaute ängstlich.

      »Bitte, tu das nicht!« Es traf sie ein strenger Blick von Anna. Dass sie die Schwester nicht aufhalten konnte, wurde ihr schlagartig klar. Anna befestigte das eine Ende der Schnur mit einer Schlinge an ihrem rechten Handgelenk und das andere an Lottes linkem.

      »Bitte, Anna lass mich nicht allein!«, flehte die kleine Schwester. »Was soll ich machen, wenn du auch verschwindest?«

      »Stell dich nicht so an!«, schimpfte Anna. »Ich komme wieder, sobald ich dieses miese Balg gefunden habe.« Lotte platzte der Kragen.

      »Klaus ist gar nicht mies und ein Balg schon überhaupt nicht! Das bist du selber!« Sie hatte einen hochroten Kopf bekommen. »Warum kannst du nicht einmal nett sein? Ich verstehe dich nicht.«

      »Wie solltest du auch, du weißt ja gar nicht, was ich weiß und gesehen habe.« Sie wendete sich um und schickte sich an, die erste Treppenstufe zu betreten, doch Lotte riss sie zurück.

      »Sofort will ich wissen, was du damit gemeint hast!« Anna machte ein wütendes Gesicht und presste zwischen ihren Zähnen hervor: »So, das willst du also wissen, ja? Na gut, Klaus ist schuld, dass Papa nicht mehr bei uns ist. So, nun weißt …!« Weiter kam sie nicht, denn Lotte versetzte ihr eine schallende Ohrfeige und schrie: »Das lügst du

      Anna