Die junge Gräfin 23 – Adelsroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Die junge Gräfin
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740963781
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ihr doch, Papa«, antwortete sie, »du und Mama, ihr seid überall gern gesehene Gäste. Alle freuen sich über euren Besuch, weil ihr zwei so wunderbare Menschen seid.«

      Sie ließ ihren Vater los und wandte sich ihrer Mutter zu, die wie immer tadellos aussah. Elisabeth von Waldenburg trug ein rosenholzfarbenes Kostüm mit passender Bluse, passenden Schuhen und Handtasche, und natürlich war sie, und das auch wie immer, so frisiert als sei sie gerade erst vom Friseur gekommen.

      Es war nicht so, dass Elisabeth nicht mit anpacken konnte, und wenn es in den Wald ging, dann zog sie auch Gummistiefel, eine schlichte Hose und eine derbe Jacke an, und sie schlang sich, wie in England Queen Elizabeth, ein seidenes Kopftuch um.

      In der Regel sah Elisabeth stets aus wie aus dem Ei gepellt, und sie würde niemals, wie ihre Tochter Alexandra, die fünf mal eine gerade Zahl sein lassen und lässig gekleidet, die Haare flüchtig zusammengebunden, mal eben kurz nach Kaimburg oder anderswo hingehen.

      Elisabeth von Waldenburg würde nachlässig gekleidet, unfrisiert, nicht einmal zu einem, und sei es nur zwei Meter entfernten, Briefkasten laufen, um dort die Post einzuwerfen.

      In dieser Hinsicht hatte Alexandra wirklich so gar nichts von ihrer Mutter. Da kam sie eher auf ihren Vater, dem sie ohnehin mehr ähnelte, sei es vom Äußeren als auch vom Charakter.

      Alexandra war eine Waldenburg durch und durch.

      Da unterschied sie sich auch von ihren Geschwistern.

      Sabrina ähnelte sowohl von ihrer Statur als auch ihrem Charakter ihrer Mutter, an der sie auch mehr hing als an ihrem Vater.

      Und Ingo …

      Nun ja, eigentlich zählte der nicht so ganz zu den Waldenburgs. Wie zufällig an Bennos sechzigstem Geburtstag herausgekommen war, war Elisabeth mit ihm schwanger gewesen als Benno und sie sich ineinander verliebt hatten, zum Glück, musste man sagen, denn Benno hatte Ingo wie seinen eigenen Sohn aufgezogen und seiner geliebten Elisabeth das Schicksal einer alleinerziehenden Mutter erspart.

      Eigentlich hätte Ingo auch Bennos Nachfolger werden sollen. So hatte man ihn erzogen. Dass er kein echter Waldenburg war, wäre niemals ans Tageslicht gekommen, wenn Ingo dummerweise nicht schon Kontakte zu Architekten, Finanzmaklern, Grundstücksspekulanten aufgenommen hätte, um nach der Übernahme von Waldenburg rasch alles verkaufen zu können, auch Schloss Waldenburg, den Stammsitz des Grafengeschlechts seit vielen, vielen Generationen.

      Das mit dem ›im Blut haben‹ war wohl nicht nur so eine Floskel, sondern es stimmte wirklich.

      Weder Alexandra noch Sabrina hätten auch nur einen winzigen Augenblick daran gedacht sich von etwas zu trennen was die Waldenburgs ausmachte.

      Ingo, ihr Halbbruder, wie sie jetzt wussten, hätte sich, ohne mit der Wimper zu zucken, darüber hinweggesetzt.

      Alexandra legte ihrer um mehr als einen Kopf kleineren und wesentlich zierlicheren Mutter liebevoll einen Arm um die schmalen Schulter, und erkundigte sich besorgt: »Mama, geht es dir nicht gut? Du bist so blass.«

      Gräfin Elisabeth straffte, so gut es ging, ihre zarte Gestalt und bemühte sich, ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen, als sie antwortete: »Nein, nein. Es ist alles in Ordnung. Ich …, ich habe nur ein wenig Kopfweh. Vielleicht sollte ich erst mal einen starken schwarzen Kaffee trinken, der hilft immer.«

      Mochte ja sein, dachte Alexandra mitleidig, dass ein Kaffee ihrer armen Mutter ein wenig Linderung brachte, aber gegen den Schmerz, der wirklich in ihr tobte, konnte er nicht helfen. Auch dann nicht, wenn sie ihn eimerweise trank. Das, was ihr Kopfschmerzen verursachte, war Ingo, ihr geliebter Sohn. Auch wenn der die Waldenburgs jetzt nicht mehr mit kiloschwerer Anwaltspost zuschüttete, war längst nicht alles in Ordnung. Es war ein tiefer Riss da. Der konnte auch nicht gekittet werden, nur weil Ingo den entscheidenden Hinweis auf Michelles Entführer gegeben hatte. Wäre er nicht durch einen liederlichen Lebenswandel, durch seine Zockerei, in diese Kreise gelangt, hätte es nicht zu Michelles Entführung kommen können. Dann hätte niemand gewusst, das es seine Tochter war, auch wenn er sich nicht kümmerte und keinen Kontakt hatte. Und niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass bei den Waldenburgs eine ganze Menge zu holen war.

      Nein, sie wollte jetzt nicht an die Vergangenheit denken, die sie aber doch immer wieder einholte, weil sie nicht aufgearbeitet, sondern nur verdrängt war. Und solange das so war, würde es immer wieder hochkommen wie das Regenwasser aus einem übervollen Gully.

      Ingo machte eine Therapie gegen seine Spielsucht, war dabei, sein Leben zu verändern.

      Wenn es wirklich so war, wenn es ihm ernst war, dann konnten sie der Zukunft gelassen entgegensehen, und dann würden sie auch wieder als die Familie zusammenfinden, die sie gewesen waren, ehe es an dem sechzigsten Geburtstag ihres Vaters, der ein ganz besonderer sein sollte, zu diesem Eklat gekommen war.

      Für sie war Ingo nach wie vor ihr Bruder, nur von der bewundernden Zuneigung war eine ganze Menge abgebröckelt. Sie würde auf jeden Fall ihr Verhalten zu ihm neu definieren müssen. Doch das hatte nichts mit ihren wahren Gefühlen zu tun, Ingo war ihr Bruder und das würde er immer bleiben. Das unterschied sie von Sabrina, die sofort mit ihm gebrochen hatte, als all diese unschönen Dinge passiert waren.

      Nur …

      Jetzt wollte sie nicht über Ingo nachdenken, sondern sich um ihre arme Mutter kümmern.

      »Du sollst deinen Kaffee bekommen, liebste Mama, und das, so schnell es geht, wo willst du ihn denn einnehmen? In der Bibliothek? In einem der Salons?«

      Benno von Waldenburg schob seine Tochter liebevoll beiseite.

      »Ich denke, meine liebe Elisabeth, du legst dich erst mal eine halbe Stunde hin, den Kaffee kannst du danach trinken. Du hast letzte Nacht kaum geschlafen, eine kleine Ruhepause wird dir guttun.«

      Dankbar schaute Elisabeth ihren geliebten Mann an.

      »Du hast recht, mein Lieber«, entgegnete sie.

      Benno reichte dem herbeieilenden Franz, dem Faktotum der Waldenburgs, seinen Autoschlüssel und bat ihn, das Gepäck aus dem Wagen zu holen und dann nach oben zu bringen.

      Dann nickte er seiner jüngsten Tochter zu und sagte: »Wir sehen uns später, mein Kind.«

      Dann umfasste Benno von Waldenburg seine Frau und führte sie liebevoll durch die Halle und zur geschwungenen Treppe, die nach oben führte.

      Alexandra sah ihnen hinterher.

      Wie zärtlich und liebevoll ihre Eltern doch miteinander umgingen, und das nach so vielen Jahrzehnten, die sie nun schon zusammen waren, in denen sie Freud und Leid geteilt hatten, immer verbunden in großer, zärtlicher, respektvoller Liebe.

      Sie seufzte.

      Ja, das wünschte sie sich auch, einen Mann an ihrer Seite, der sie so liebte wie ihr Vater seine Elisabeth.

      Hätte Mike dieser Partner sein können?

      Es war viel Gefühl zwischen ihnen gewesen, sie hatten miteinander reden, schweigen, aber auch lachen können.

      Ach, dachte sie, es war müßig, an Mike zu denken, den hatte sie verloren, nachdem sie ihm hatte bestätigen müssen, dass in ihrem Herzen ganz viel Liebe für einen anderen Mann war. Für Joe, der eigentlich Joachim Graf von Bechstein hieß, nur das hatte sie erst viel, viel später erfahren. Und da war es für ein Happy-End zu spät gewesen, denn Joe war an eine andere Frau gebunden, Benita Komtess Ahnenfeld.

      Welche Kapriolen das Schicksal doch manchmal machte!

      Es ließ sie das einmalige Gefühl spüren, bei dem Herz und Seele sich miteinander vereinten, diesen Augenblick der Ewigkeit, um wegen einer dummen Karambolage ein zweites Treffen zu verhindern.

      Warum hatte das Schicksal ihr nicht einen einzigen Hinweis gegeben, dass Joe und Joachim von Bechstein ein und dieselbe Person waren?

      Wie verrückt!

      Ihre Schwester hatte alles versucht, sie mit Joe zusammenzubringen, als er noch frei gewesen war, und sie hatte alle Treffen verhindert, war ihm geradezu