Familie Dr. Norden 729 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Familie Dr. Norden
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740963446
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schon, Sasa. Sei nicht böse. Es kommt bestimmt nicht mehr vor. Aber dieser Auftrag ist so wichtig für mich. Bitte, Schätzchen«, bat Lea inständig. Ihr Augenaufschlag brachte Saskia schließlich zum Lachen.

      »Ich weiß gar nicht, warum ich immer noch deine Freundin bin«, seufzte sie ergeben und lachte gutmütig. »Vermutlich liegt es an meinem weichen Herzen. Dann mußt du eben mit mir vorliebnehmen, Chris.« Sie hakte sich bei Christian unter, und unwillkürlich durchzuckte Leana ein eifersüchtiger Stich. Nur zu gern wäre sie in diesem Moment an Sasas Stelle gewesen, an der Seite dieses attraktiven Mannes, der viel besser zu ihr gepaßt hätte. Aber es nützte alles nichts, das Geschäft war ihr Leben und hatte absolute Priorität.

      »Bis später dann!« Sie winkte zum Abschied und drehte sich dann entschlossen um. Ihre Gedanken waren schon bei dem wichtigen Treffen, und sie tippte eine Nummer in ihr Handy, während sie weit ausschritt. Saskia und Christian schauten ihr nach, wie sie telefonierend verschwand.

      »Die sehen wir heute bestimmt nicht mehr«, stellte Saskia fest und warf Christian einen prüfenden Blick zu. War er sehr enttäuscht, den Tag mit ihr allein verbringen zu müssen?

      »Tja, da kann man nichts machen. Aber ich bin sicher, uns wird auch so nicht langweilig.« Er warf Sasa einen wohlwollenden Blick zu, und erleichtert lachte sie auf.

      »Dann mal los. Das Weinlokal wartet schon.« Übermütig zog sie ihn davon. Auf einmal waren beide froh, unter sich zu sein. Ein unbeschwerter, fröhlicher Tag lag vor ihnen.

      *

      Entspannt plaudernd schlenderte Dr. Daniel Norden mit seiner langjährigen Kollegin und Freundin Jenny Behnisch durch die Flure der Privatklinik. Nach Praxisende hatte er noch nach einer jungen Patientin gesehen, die er eine Woche zuvor mit den Symptomen einer hochinfektiösen Lungenentzündung in die Klinik eingewiesen hatte. Dort hat sie drei Tage auf der Quarantänestation gelegen und war rund um die Uhr überwacht worden, bis Dr. Behnisch schließlich erleichtert Entwarnung hatte geben können. Die Untersuchungsergebnisse zeigten eindeutig, daß es sich nur um eine gewöhnliche Lungenentzündung handelte. Alle Beteiligten atmeten erleichtert auf. So hatte Daniel allen Grund, entspannt zu sein.

      »Das ist das wirklich Schöne an unserem Beruf, daß immer noch die positiven Nachrichten überwiegen«, stellte er gerade fest, als ihnen Dr. Michael Graef an der Seite eines jungen Mannes entgegenkam, der ebenfalls einen Arztkittel trug. Jenny hielt inne, um Dr. Norden mit dem jungen Kollegen bekannt zu machen.

      »Daniel, darf ich dir Christian Thaller vorstellen? Sein Vater war ein guter Freund von Dieter und arbeitete eine Zeitlang hier an der Klinik, ehe er in Konstanz die Praxis eines Kollegen übernahm.«

      »Freut mich.« Daniel reichte dem jungen Mann die Hand, der ihn offen ansah. Sein Blick barg keine Geheimnisse. »Dann schlagen Sie also den gleichen Berufsweg ein wie Ihr Vater?«

      »Ich versuche es, aber ich muß noch viel Erfahrung sammeln, bis ich so ein erfolgreicher Arzt werde wie mein Vater oder Frau Dr. Behnisch«, gab Chris zurück, was ihm die Sympathien der Anwesenden einbrachte.

      »Nicht so bescheiden«, ermahnte ihn Dr. Graef lachend. »Immerhin haben Sie auf Ihrem Fachgebiet bereits erstaunliche Kenntnisse erworben.«

      »So jung und schon Facharzt?« fragte Daniel Norden interessiert.

      »Die Jugend täuscht, immerhin bin ich schon zweiunddreißig«, erklärte Christian entschieden und fiel in das Gelächter seiner Kollegen mit ein.

      »Ach, noch einmal zweiunddreißig sein«, sinnierte Jenny, plötzlich ernst geworden. »Damals war die Welt noch in Ordnung.« Sie erlaubte sich einen kurzen, wehmütigen Gedanken an Dieter Behnisch, ihren Mann, den sie allzu früh verloren hatte, doch der Moment verging schnell, ohne daß jemand etwas bemerkte.

      »Ich für meinen Teil bin sehr zufrieden mit meinem Alter«. erklärte Daniel. »Für welches Fach haben Sie sich denn entschieden?« wandte er sich dann wieder an Christian.

      »Ich bin Internist wie mein Vater. Schließlich werde ich in ein paar Monaten wieder zurückkehren und seine Praxis übernehmen.«

      »Noch ist nicht aller Tage Abend«, fiel ihm Jenny lächelnd ins Wort. »Gute Ärzte brauchen wir immer und ich bin noch dabei, Herrn Thaller davon zu überzeugen, bei uns zu bleiben. Leider weigert er sich im Moment noch beharrlich.«

      »Eine große Versuchung ist es schon. München ist eine herrliche Stadt. Aber für meinen Vater würde eine Welt zusammenbrechen, wenn ich nicht zurückkäme. Ich bin sein einziger Sohn.«

      »Das kann ich gut verstehen. Obwohl wir unseren Kindern immer die Entscheidung selbst überlassen haben, bin ich sehr stolz darauf, daß unser Ältester auch Arzt werden will. Und natürlich habe ich im Hinterstübchen, daß er später einmal meine Praxis übernehmen wird«, gab Daniel nachdenklich zu.

      »Das ist doch nur natürlich. Schließlich steckt viel Herzblut in unserer täglichen Arbeit und dem, was wir uns aufgebaut haben«, schloß Christian.

      Jenny lächelte zufrieden, und Daniel sah ihn erstaunt an.

      »Für Ihr Alter haben Sie überraschend reife Gedanken. Ich glaube nicht, daß ich mit zweiunddreißig schon so dachte. Leider muß ich mich jetzt von Ihnen verabschieden.« Er warf einen bedauernden Blick auf die Uhr. »Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.«

      »Ganz meinerseits.« Christian strahlte, als er dem älteren Kollegen die Hand schüttelte. So sehr ihn dieses Kompliment verlegen machte, so sehr freute er sich auch darüber. Die Entscheidung, nach München zu gehen, war wirklich goldrichtig gewesen. Nicht nur im privaten Bereich war alles erfreulich, auch die Arbeit an der Behnisch-Klinik füllte ihn vollkommen aus.

      *

      Eine Hupe tönte laut durch die Straße. Es dauerte eine Weile, ehe Christian bemerkte, daß das Hupen nur ihm gelten konnte. Er war so sehr in einen medizinischen Artikel vertieft gewesen, daß er die Zeit völlig übersehen hatte. Erschrocken sprang er deshalb auf und lief zum Fenster, das weit offen stand, da sein möbliertes Zimmer noch nicht einmal über einen Balkon verfügte und die Hitze des Tages durch die schlecht isolierten Wände kroch. Eine kühle Brise umwehte ihn, als er den Kopf aus dem Fenster steckte und das elegante Cabrio von Leana unten auf der Straße stehen sah. Sie saß winkend im Wagen und lachte.

      »Einen Augenblick, ich komme gleich.« Er stürzte zurück ins Zimmer, holte ein frisches Shirt aus dem Schrank und eine dunkle, schmal geschnittene Anzughose. Das Sakko warf er salopp über die Schulter. Obwohl der Abend schon dämmerte, war es immer noch recht warm, zu warm selbst für ein dünnes Schurwolljackett.

      »Entschuldige meine Verspätung, Lea. Ich habe die Zeit über einem interessanten Artikel total vergessen«, erklärte er, als er sich kurz darauf atemlos in den Ledersitz setzte.

      »Das passiert mir auch immer wieder«, gestand Lea lächelnd, nachdem sie Chris zur Begrüßung einen Kuß auf die Wange gegeben hatte. »Leider hat meine Umwelt nicht viel Verständnis dafür.«

      »Meinst du mit deiner Umwelt unsere Freundin Saskia?« erkundigte sich Christian schmunzeln, während er sich anschnallte und den neuen silberfarbenen Wagen bewunderte.

      »Sasa gibt sich wenigstens Mühe, mir meine Fehler nachzusehen. Aber Mutti ist einfach gnadenlos«, seufzte Leana tief.

      »Inwiefern?«

      »Sie hatte wohl gehofft, ich würde bei ihr auf dem Land bleiben, einen Mann suchen, liebe Kinderchen bekommen. Die alten Geschichten eben.«

      »Das ist doch nur natürlich. Meine Mutter wünscht sich auch, einmal Enkelkinder zu haben«, erklärte Chris verwundert.

      »Das mag schon sein. Aber es ist mein Leben, und ich will selbst entscheiden, was ich zu tun und zu lassen habe. Und im Moment ist mir meine Arbeit einfach wichtiger. Mutti hat mir ein Leben lang gesagt, wo es langgeht. Diese Fesseln habe ich endlich abgestreift und denke nicht daran, mich gleich wieder zu binden«, erklärte Lea und bog rasant in eine Seitenstraße ein.

      »Es gibt also keinen Mann in deinem Leben?«