Die großen Western 197. Howard Duff. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Howard Duff
Издательство: Bookwire
Серия: Die großen Western
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740918163
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      Das ist alles, was der eine Mann sagt. Sie kauern beide neben dem zu Boden gesunkenen Mister und hören Corgans Pferde zu spät.

      Wesley Corgan ist mit einem Pelzfutteral geritten, in dem das Gewehr unter einer Doppelklappe steckt. Es genügt jedoch ein Zug am Verschlußriemen, um das Gewehr aus dem Futteral zu ziehen.

      Als die Pferde vorwärtsstürmen, nimmt Corgan die rechte Hand herunter. Ein Ruck am Riemen, dann schlägt Corgan die Klappen zurück und hat das Gewehr auch schon am Kolben gepackt. Er läßt die Hand kurz zucken. Dadurch gleitet das Gewehr im Hochfliegen durch Corgans aus dem Handschuh gefahrene Finger.

      In der nächsten Sekunde hat Wesley Corgan seine Waffe am Kolbenhals gepackt.

      Und dann ist er direkt hinter den beiden Burschen und ihrem Opfer.

      *

      Corgan hat genug von Deadwood gehört. Er weiß zu gut, daß diese Stadt ein Eldorado von gesetzlosen Elementen geworden ist, seit man Gold gefunden hat. Überfälle auf Digger und Leute, die Geld in den Taschen haben, passieren hier jeden Tag, es gibt jeden Monat ein Dutzend Tote.

      In diesem Moment kümmert sich Corgan nicht mehr um seine Pferde. Er weiß genau, daß sie nicht auf den am Boden liegenden Mann trampeln werden. Corgans Gewehr fliegt herum, als der eine Bursche sich umsieht.

      Der Mann sieht nicht mehr als den dunklen Schatten der Waffe auf sich zurasen und schreit.

      »Paß auf, da…«

      Mehr bekommt der Dieb nicht heraus. Corgans Gewehrlauf knallt ihm gegen den Kopf. Augenblicklich kippt der Bursche um und rollt in den Schnee.

      Der andere stößt einen erschreckten Laut aus. Er dreht sich, richtet sich blitzschnell auf und reißt die rechte Hand hoch. Ehe er noch ganz herum ist, tritt Corgan mit seinem linken Stiefel zu. Der Tritt schleudert den Mann im Bogen in die Schneewächte am Bretterzaun. Aus der Hand des Banditen fällt etwas in den tiefen Schnee. Dann rafft sich der Mann mit einem heiseren Schrei auf und springt wie eine Katze los.

      Der Kerl fliegt am Zaun hoch, liegt den Bruchteil einer Sekunde oben auf den Brettern und ist dann auch schon weg. Corgan ist zweieinhalb Yards an dem Überfallenen vorbei. Er wendet sich um, flucht und sieht nun auch den anderen Kerl wie einen verfolgten Wolf im Schneegewirbel untertauchen. Der Bursche erreicht das Ende des Zaunes und ist verschwunden. Lediglich sein Hut bleibt im Schnee liegen.

      »He, da war doch etwas? Wer hat da geschrien, wer hat um Hilfe gerufen?«

      Die Stimmen sind vor Corgan. Eine Tür wird geöffnet, Lichtschein fällt in den Flockenstrom heraus und läßt ihn noch undurchdringlicher erscheinen.

      Jemand ruft: »He, wer ist da?«

      Corgan erwidert knapp: »Hier liegt jemand. Zwei Burschen haben ihn niedergeschlagen.«

      Der tanzende Schein einer Laterne nähert sich. Fluchend auf Kälte und Schnee erscheint ein Keeper mit drei Begleitern, anscheinend Digger. Sie sehen zu Corgan hoch, bücken sich dann zu dem Mann am Boden und drehen ihn um.

      »Das ist Rayden, alle Teufel«, sagt der Keeper erschrocken. »He, wo sind die Kerle geblieben?«

      »Einer flog in die Schneewächte dort, der andere auf die Straße. Sie sind beide weggerannt«, antwortet Corgan. »Der eine Bursche hat seinen Hut vergessen. Und der andere irgend etwas in der Schneewehe verloren. Seht einmal nach.«

      Der eine Digger hebt mit Hilfe des Keepers Rayden auf die Beine. Ein Digger geht, hebt den Hut auf und sagt mürrisch:

      »Ein Hut wie tausend andere. Der Teufel soll das Gesindel holen! Hier ist kein Mensch seines Lebens sicher, wenn er einmal am Pokertisch gewonnen oder eine Bonanza entdeckt hat. Verdammtes Packzeug! Joe, he, hast du etwas gefunden?«

      Der andere Digger hat den Schnee mit den Händen beiseite geschaufelt und hält etwas hoch.

      »Feiner Totschläger«, meldet er.

      Rayden stöhnt, greift sich an den Kopf, und dann faßt er in seine lange, schwere Jacke und sagt keuchend:

      »Ein Glück, die Brieftasche ist noch da. Oh, verdammt, mein Kopf.«

      Er schwankt wie betrunken.

      »Rayden, komm zurück in den Saloon, hier ist es verdammt zu kalt«, sagt der Keeper heiser. »Und das nennt sich April. Der Teufel soll das Sauwetter holen. Na, Mann, kannst du allein gehen?«

      »Denke schon«, erwidert Rayden stöhnend. »Es waren zwei Männer, wo sind die Schurken?«

      »Der Mister da hat sie verjagt und dir dein Geld gerettet«, sagt der Keeper. »Hör einmal, Rayden, hast du sie erkannt?«

      »Erkannt?« keucht Rayden abgerissen. »Ich ging los, und da hörte ich den Schnee hinter mir knirschen. Als ich mich umdrehte, sah ich nur einen Kerl, aber nicht sein Gesicht. Dann knallte mir etwas auf den Kopf. Oh, mein Schädel platzt. Hallo, Fremder, kommen Sie mit auf einen Drink, ich bin Ihnen eine Menge schuldig.«

      »Ja«, sagt Corgan kurz. »Keeper, sind meine Pferde sicher?«

      »Auf der Straße vielleicht nicht. He, mach, mach das Hoftor auf. Sie bringen die Pferde besser in den Hof, mein Freund, wie?«

      »Sieht so aus.«

      Das ist alles, was Corgan sagt. Der eine Digger geht voraus. Und als er das Hoftor aufzieht, denkt Corgan daran, daß dieser Rayden anscheinend ein ziemlich bekannter Mann sein muß. Vielleicht ist es gut, mit Rayden ein Glas zu trinken und dem Mann ein paar Fragen zu stellen. Es kann sein, daß Rayden in der Stadt besser Bescheid weiß als manch anderer.

      *

      Es sind nur etwa ein Dutzend Männer im Saloon. An einem Tisch links sitzt eine rothaarige Lady in einem tief ausgeschnittenen Kleid. Sie hat zwar einen hellgrünen Schal um die bloßen Schultern gelegt, aber dennoch sieht man genug. Ihr gegenüber hockt ein großer, fleischiger Mann auf einem Stuhl. Die Lady redet leise auf ihn ein. Er schüttelt ihre Hand von seinem Arm und sagt heiser:

      »Was geht das einen O’Hare an, he? Ich will von dem Überfall auf Rayden nichts mehr hören, sage ich. Komm, laß mich doch, Cora.«

      Sie flüstert etwas, O’Hare grinst breit und legt ihr die Hand auf die bloße Schulter. Seine Finger streicheln über ihre Haut. Dann stemmt er sich hoch und hat Mühe stehenzubleiben. Als er losgeht, macht er es mit der seltsamen Steifheit des Betrunkenen, der ein Ziel anvisiert.

      In diesem Augenblick schurrt hinter Corgan und dem halbgeschlossenen Vorhang zu einem größeren fast völlig dunklen Nebenraum, ein Stuhl.

      »Boß, es kommt niemand mehr«, sagt jemand. »Kann ich jetzt aufhören?«

      Der Mann tritt mit leisen Schritten in den Hauptsaloon.

      O’Hare hält sich am Tresen fest, dreht den Kopf herum und fragt lallend:

      »Die anderen, sind weg, eh? Mach, was du willst.«

      »Sicher, Boß.«

      Der Mann geht zum Tresen und stellt den üblichen Kartenkasten dort ab.

      »Billy, schließ ihn weg, ich habe nachgesehen, ob jemand mit seinen Daumennägeln an den Karten herumgespielt hat. Sie sind alle in Ordnung. Lege sechs neue Spiele zu. Es könnte sein, daß das Wetter morgen schon anders ist und tausend Digger aus den Bergen in die Stadt kommen.«

      Rayden zuckt zusammen, als sich Corgan erhebt. Corgan blickt den Spieler an, und sein Gesicht ist erstarrt.

      Und dann sagt Corgan fauchend:

      »Mickel, herum mit dir!«

      Eine Sekunde bleibt der Spieler stehen, aber dann dreht er sich blitzschnell.

      Im selben Augenblick fährt Corgans Hand unter die Jacke und reißt den Revolver heraus.

      Großer Gott, denkt Rayden entsetzt, eine Schießerei.

      Sie sehen alle, daß Corgan eine halbe Sekunde eher auf den Spieler zielt, als der seinen