Die großen Western 197. Howard Duff. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Howard Duff
Издательство: Bookwire
Серия: Die großen Western
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740918163
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Corgan kniet nieder.

      »So ist das«, sagt Corgan danach heiser und hebt den Mann an. »Du warst auf irgend etwas gestoßen, Junge, ich wußte es, als ich deinen ersten Bericht vor mir hatte.«

      Er blickt in das Gesicht, in dem nicht einmal ein Staunen steht. Danach sieht er die Taschen nach und findet sie alle nach außen gewendet. Selbst die Satteltaschen des Pferdes sind leer.

      »Siebentausend Digger in der Deadwood Region«, murmelt Corgan bitter. »Vielleicht dreihundert Schurken, und zwei haben Kim aufgelauert, zwei oder mehr, denke ich. Eine Kugel von vorn, die andere von hinten. Raubmörder nehmen immer alles mit, manchmal sogar das Pferd, aber das ist oft zu gefährlich, weil man den Brand erst ändern muß. Ein H im Kreis? Das ist nicht sein Pferd, das er hatte, als er von Rapid City fortritt. Es muß ein Brandzeichen sein, das in dieser Gegend bekannt ist. Manche Leute erschießen einen Gaul und schneiden den Brand heraus, das ist auch eine Methode.«

      Corgan ist sicher, daß dies kein Raubmord gewesen ist. Er kauert eine ganze Weile stumm neben seinem Mann und trägt ihn dann zum Pferd. Dort bindet er ihn fest, nimmt seine Decke und zurrt sie über ihm fest.

      Nach kaum zehn Minuten reitet Corgan im scharfen Trab zurück.

      Der Schneefall hört kurz vor Rapid City auf.

      Corgan sieht sich nicht um. Er braucht auch nicht nach Spuren zu suchen, wenn es Tag wird, das weiß er. Der Schnee deckt alles zu, der Boden darunter ist steinhart gefroren.

      Der Schlüssel zu den Überfällen, die Kim Turner herausfinden sollte, liegt in Deadwood.

      Dort sind auch jene Männer zu finden, die bis jetzt neun Transporte der Wells Fargo überfallen und beraubt haben.

      Jene Banditen hat Kim Turner gesucht. Er muß sie auch gefunden haben, denn sonst würde er noch leben.

      Zuviel gewußt, daran ist Turner gestorben.

      *

      Der Mann ist klein, hat nur noch wenig Haare auf dem Kopf und muß sich gegen die Zimmertür stemmen.

      Es gibt einen berstenden Knall vor ihnen in der Dunkelheit des Zimmers. Danach klirrt es wild, Schnee fegt in den Raum, Wind heult mit jähem Fauchen los.

      »Das Fenster ist offen«, erklärt Corgan knapp und nimmt die Lampe hoch. »Schnell, Mann, die Tür wieder zu.«

      Der kleine Mann flucht, als er gegen den hereinbrausenden Wind die Tür schließen und sie mit aller Macht festhalten muß. Dennoch kracht sie schwer ins Schloß. Im flackernden Lampenschein starrt der Mann nicht nur auf den hereinwirbelnden Schnee, sondern auch auf den Wirrwarr in diesem Raum. Draußen heult der Sturm. Gerade noch kann Corgan unterhalb des Fensters die Umrisse des Daches eines Schuppens oder Anbaues sehen. Die Sicht beträgt keine zwanzig Yards mehr. Was draußen tobt, das ist ein Schneesturm, durch den sich Corgan die letzten fünfzehn Meilen nach Deadwood und bis zu diesem Hotel gekämpft hat, in dem Turners Zimmer ist.

      »Verdammt, verdammt«, sagt der Clerk des Hotels verstört und stolpert über die Matratze. Sie liegt mitten im Zimmer, und ihre Eingeweide hängen heraus. »Wer hat denn hier gehaust?«

      Er schließt das Fenster. Jetzt bleibt wenigstens der Schnee draußen, der Wind hat keine so starke Gewalt mehr. Dann sieht der kleine Mann sich nach Corgan um und starrt auf das wüste Durcheinander.

      »Er, ich meine, Turner, er sagte doch, er würde bald wiederkommen. Mister, hören Sie, wer hat das gemacht?«

      »Nun, wer?« fragt Corgan kurz. »Moment, Mann, haben Sie den ganzen Tag unten gesessen?«

      »Sicher, bis auf ein paar Minuten vielleicht, die ich in der Küche war, Mister. Hier ist immer Betrieb. Wer geht hier tagsüber hoch? Die sind doch durch das Fenster gestiegen.«

      »Ja«, erwidert Corgan kühl. »Sie sind durch das Fenster hereingestiegen. Bei dem Schneesturm sieht man keine zwanzig Yards weit, wie? Sie konnten es unentdeckt tun und hier alles durchsuchen.«

      Corgan sieht eine Sekunde dem kleinen Mann in die ungläubigen Augen. Dann geht er zum Packen, der in der Ecke liegt. Der Inhalt des Packens ist verstreut worden. Ein Buch hat keinen Rücken mehr, selbst der Umschlag ist abgerissen worden. Von einer Tasche aus Leder gibt es nur noch Fetzen. Gegenstände von Turners Prospektorausrüstung, die Turner zur Tarnung mitgenommen hatte, liegen auf dem Tisch und am Boden.

      Der kleine Mann fragt: »Mister, ich verstehe nicht, was sie gesucht haben. Sicherlich hat Mr. Turner sein Geld bei sich gehabt. Sind Sie ein Freund von Turner?«

      »Ja, ich sagte es schon einmal«, antwortet Corgan trocken. »Haben Sie hier einen Stallhelp?«

      »No, Sir, keinen. Das mache ich nebenbei. Warum, Sir?«

      »Ich dachte, der Stallhelp könnte die Burschen gesehen haben. Anscheinend hat sie kein Mensch bei dem Sturm hier einsteigen sehen, schätze ich, sonst hätte jemand seine Beobachtungen doch wohl unten im Hotel gemeldet, was?«

      »Ja, Sir, sicher. Was haben die denn nur gesucht?«

      Corgan tritt ans Fenster und blickt einen Moment hinaus.

      »Ich weiß nicht«, sagt er leise. »Packen Sie das Zeug zusammen, Mister, und dann schaffen wir es zur Wells Fargo Station hinüber. Das Zimmer ist bezahlt?«

      »Bis vorgestern, Sir.«

      Corgan nimmt drei Dollar aus seiner Tasche und legt sie auf den Tisch.

      »Turner braucht das Zimmer nicht mehr, Mister. Er kommt nicht mehr wieder«, murmelt er. »Das ist alles, mein Freund.«

      »Turner, ist er weggeritten für immer? Ist er…«

      Der kleine Mann sieht Corgan nach. Er blickt auf die sich von außen schließende Tür. Er hört die Schritte Corgans immer leiser werden, und dann ist das Klappen der Hintertür da.

      Wesley Corgan steht im Hof und lehnt sich einen Augenblick im Windschatten an die Hauswand, ehe er zu seinem Pferd geht.

      »Also gut«, sagt Corgan finster, »sie haben es gesucht und wahrscheinlich gefunden. Kims Aufzeichnungen befinden sich jetzt in ihren Händen. Sie wissen nun eine ganze Menge zuviel, denn Kim wird todsicher über jeden Tag eine Niederschrift gemacht haben. Das ist eine Anweisung. Und er hat sich an sie gehalten. Vielleicht hat er vorige Woche geschrieben, daß er einen Bericht an mich gemacht hat. Sie kennen also ganz sicher meinen Namen. Da ist nur dieses Mädchen, die Lady, die Kim erwähnt hat. Wenn der Narr doch wenigstens ihren Namen aufgeschrieben hätte. Jetzt weiß ich nicht einmal, wer die Lady ist, von der Kim sagte, sie hätte ihn auf eine heiße Fährte gebracht. Das ist eine verdammte Sache, ich muß von vorn anfangen.«

      Er steigt auf, zieht die beiden Pferde herum und reitet dann in die Dunkelheit hinter dem Bretterzaun hinein. Die Gasse beginnt hier. Und obwohl Corgan vorher niemals in Deadwood war, besitzt er eine Beschreibung der Stadt. Nach dreißig Yards kommt eine Querstraße. Sie führt zur Main Street, die Corgan dann links hochreiten muß, damit er die Wells Fargo Station erreicht.

      Kaum ist Corgan aus dem Schutz des Stalles, als ihn der Schneesturm wieder packt. Er biegt nach rechts um, hat die Querstraße erreicht und sieht irgendwo voraus ein zitterndes Licht durch die Dunkelheit schimmern. Im Schnee wirkt alles verschwommen, nur der Zaun rechts bietet etwas Windschutz. Die heranpeitschenden Flocken setzen sich in Augenblicken auf Corgans Jacke fest. Corgan blinzelt, glaubt ein paar Musikfetzen zu hören und hebt den Kopf. Fenster tauchen schemenhaft und matt erleuchtet vor ihm auf. Plötzlich ertönt ein abgerissener und schriller Schrei. Jemand stößt linker Hand einen Hilferuf aus.

      Im nächsten Moment sieht Corgan links dunkle Schatten. Es sind drei Männer, von denen zwei gebückt stehen und sich über den dritten beugen, der bereits am Boden liegt.

      »Hilfe!«

      Einer der beiden Burschen hebt den Arm. Die Hand saust herunter, und der Hilfeschrei erstickt.

      Im gleichen Augenblick treibt Corgan mit einem Doppeltritt der Hacken sein Pferd an.

      Es ist der bereits einen halb Fuß hohe Schnee,