Ein tiefes Seufzen entkam mir und Tristans Lächeln flackerte ein bisschen. »Bist du okay?«, fragte er. Nein, Junge. Nicht okay. Ich will deinen Schwanz in meinem Arsch und ich will dir gleich hier einen blasen. Dummerweise stehst du auf Muschis. Nicht okay.
»Jepp, total okay«, log ich.
»Gut.« Er strahlte. »Und nun erzähl mir, warum zur Hölle du keinen Wein bestellst, wenn du auf einem Weingut bist.«
Ich lachte. »Gute Frage. Ich liebe Wein, aber weiß nicht besonders viel darüber. Ich weiß nie, welchen ich bestellen soll. Oder vielleicht kann man einem alten Hund auch einfach keine neuen Tricks mehr beibringen.«
»Verstehe«, sagte Tristan. »Was Bier betrifft, ist das eine gute Wahl. Die Knee Deep Brewing Company hat ihren Sitz in Aubum, nordöstlich von Sacramento. Kennst du das?«
Ich sah das Glas mit Fassbier an, als ob es mir sagen könnte, was es war. Keine Chance. Ich zuckte mit den Schultern und wurde rot. »Okay, vielleicht weiß ich auch über Fassbier nicht so viel.«
»Ah. Ein Neuling. Erlaube mir, dich zu unterrichten.« Tristan klopfte mir auf die Schulter, bevor er absichtlich langsam wie ein Höhlenmensch auf mein Glas deutete und sagte: »Das. Ist. Bier.« Dann nahm er vorsichtig sein Weinglas zwischen Daumen und Mittelfinger und spreizte seinen kleinen Finger ein wenig ab.
»Dies, mein lieber Freund«, fuhr er mit einem noblen Akzent fort, »ist Ambrosia, der heilige Nektar der Götter und Göttinnen durch all die Jahrtausende. Die Lösung für alles, was die Menschheit plagt. Das süße, süße Elixier der Liebe, des Friedens und des Frohsinns.«
Als er fertig war, nahm er einen Schluck, als tränke er vom Heiligen Gral, und platzierte das Glas wieder auf der Theke. Als er sprach, war es schnurrendes Französisch.
»Le vin … est l’orgasme.«
Meine Augenbrauen mussten bis zu meinem Haaransatz gewandert sein. Groß, dunkel, attraktiv und er konnte französisch? Ein verdammter Jackpot. Ich blinzelte, bevor ich meine Hand hob, um Franks Aufmerksamkeit zu bekommen. Als der ältere Mann sich fragend zu mir umdrehte, deutete ich auf den Heiligen Gral. Mit einem Grinsen sagte ich: »Ich möchte das, was er hat.«
Tristan sah mich amüsiert an. »Ah, ein Mann, der zu einem Experiment bereit ist. Vielleicht haben sie unrecht, was alte Hunde und neue Tricks betrifft.«
Ich antwortete auf die gleiche fließende Weise wie er. »Mieux vaut tard que jamais.« Besser spät als nie.
Tristan
Heilige Mutter Gottes, dieser Kuss. Ich versuchte, meine Reaktion vor Blue zu verbergen, aber innerlich war ich ein Klumpen zitternder Wackelpudding. Den Mund dieses Mannes so einzunehmen, war die sinnlichste Erfahrung meines Lebens.
Das war nicht der weiche, elegante Kuss einer Frau, züchtig und unsicher, und … artig. Das war Stärke, ein prickelnder Nacken und nacktes, lüsternes Verlangen.
Und verdammt, ich wollte das. Ich wollte ihn so sehr, dass es mir den Atem verschlug. Wären wir für uns gewesen statt in der Bar des Weinguts, das mir gehörte, hätte ich ihn angesprungen wie eine Katze ein Wollknäuel. Ich wollte ihn auswickeln.
Blue fühlte sich unglaublich unter meinen Händen an und schmeckte wunderbar. Als ich meine Zunge in seinen heißen Mund gleiten ließ, fühlte es sich an, als steckte ich den Schlüssel in die Tür des Zuhauses, nach dem ich mein ganzes Leben gesucht hatte. Die Gefühle, die mich überkamen, hätten mich zu Tode erschrecken müssen, aber aus irgendeinem Grund machten sie mich ruhig.
Sobald ich diese Ruhe spürte, beendete ich den Kuss und zog mich zurück. Obwohl ich innerlich noch immer bebte, fühlte es sich gut an. Wie das nervöse Flattern der Vorahnung statt einer zitternden Angst. Ich wollte ihn noch einmal küssen und irgendwie wusste ich, dass ich einen erneuten Weg in diesen Mund finden würde.
Wir lachten wieder, vermutlich wegen der sprudelnden Erleichterung darüber, dass es sich nach meinem Überfall nicht merkwürdig zwischen uns anfühlte.
Nachdem ich ein weiteres Glas meines liebsten Rotweins bestellt hatte, erzählte Blue mir von der Zeit, als seine Weisheitszähne gezogen worden waren. Er war achtzehn Jahre alt gewesen und so voll mit Schmerzmitteln, dass er alles doppelt gesehen hatte.
»Ich hätte schwören können, dass ich gesehen habe, wie mein Vater in der Küche einen Kerl geküsst hat. Ich hab darauf bestanden, dass Mom reingeht und meinen Vater davon abhält, schwul zu sein. Meine ganze Familie war der Meinung, dass das das Witzigste war, das je passiert ist. Sie haben sich sogar eine Geschichte über ›Dads besonderen Freund Kevin‹ ausgedacht. Dass es okay war, wenn Dad und Kevin geheime Küsse austauschten. Als wir älter wurden, wurden die Storys immer abstruser. Mom gab zu, dass sie und Dad eine Dreierbeziehung mit Kevin haben. Und bis heute jammert sie immer mal wieder mit übertriebener Stimme ›Blue, hör auf, so schwul wie Dad zu sein‹, als ob das der beste Witz auf der ganzen verdammten Welt wäre.« Blue verdrehte die Augen. »Meine Familie ist übrigens verrückt. Nur für den Fall, dass du da nicht allein drauf kommst, weil ich so normal bin.«
Dann war es an mir, zu lachen, was ihn nur noch mehr lachen und sich am Bier verschlucken ließ, sodass ich ihm auf den Rücken schlagen musste.
»Tristan, danke für das Lachen, Mann. Ich kann dir wirklich nicht genug danken. Ich hab das echt gebraucht heute«, sagte Blue. Sein Lächeln war Dank genug.
Ich drückte seine Schulter noch einmal, um ihm zu versichern, dass das Vergnügen ganz auf meiner Seite war, und nahm einen Schluck Wein. Eine Stimme erklang hinter uns. Als ich mich auf meinem Stuhl umdrehte, sah ich zwei Männer, die auf uns zukamen.
»Blue?«, fragte der ältere Mann. Ich kannte Blues Ex bisher nicht, aber ich hasste ihn bereits. Offensichtlich.
Der Mann sah von Blue zu mir.
»Hi, Jeremy«, sagte Blue mit neutraler Stimme.
Unsere Stühle waren nun zueinander gedreht und ich nutzte die Chance, mich ein Stückchen näher zu Blue zu lehnen und meine Hand auf sein Knie zu legen. Ich spürte, wie sein Körper sich kurz verkrampfte und sich dann wieder entspannte. Unsere Knie streiften einander und ich presste meines gegen seines.
Jeremy lehnte sich zu Blue und umarmte ihn verkrampft. Ich spürte, wie mein Körper sich anspannte und ich die Zähne aufeinanderbiss. Was zur Hölle? Er war gerade dabei, meinen Freund anzufassen, und das direkt vor mir? Jesus, Tristan. Beherrsch dich. Dieser Fremde ist nicht dein Freund. Aber trotzdem. Es ist rüde.
Als Jeremy zurücktrat, legte ich meinen Arm um Blue und platzierte meine Hand auf seinem oberen Rücken. Ich wollte nur … ich weiß auch nicht. Wahrscheinlich wollte ich nicht, dass er sich allein fühlte. Er sollte wissen, dass jemand hinter ihm stand.
Blues Körper schien sich bei meiner Berührung zu entspannen und ich war erleichtert, dass er nicht sauer war, weil ich ihn angefasst hatte. Jeremy stellte seinen kleinen Kumpanen vor.
»Blue, das ist Brad. Brad, das ist Blue.«
Brad streckte seine Hand aus, um Blues zu schütteln. »Schön, dich kennenzulernen. Blue, oder? Wie die Farbe? Woher kennst du Jeremy?«
Er hatte die Frage mit ehrlicher Neugierde und Höflichkeit gestellt, aber ich zuckte dennoch zusammen. Offenbar hatte Jeremy seinem Ehemann nichts von seiner vorherigen dreijährigen Beziehung erzählt, die er erst vor sechs Monaten beendet hatte. Das ergab nicht einmal Sinn. Wie konnte das sein?
Blue saß dort wie gelähmt. Ich begann zu sprechen, um den merkwürdigen Moment zu umschiffen. »Blue ist kurz für Bartholomew. Er und Jeremy waren bis vor ein paar Monaten drei Jahre lang zusammen.«
Es lag Gehässigkeit in meiner Stimme. Ich fühlte den sauren Geschmack, als die Worte aus meinem Mund kamen. Brads Augen weiteten sich, als er Jeremy überrascht ansah. Für den Bruchteil