Der Spruch des Stifters, Ardeschir I., lautet wie ein Motto auf das Schicksal seines Reiches überhaupt: »Es gibt kein Königtum ohne Soldaten, keine Soldaten ohne Geld, kein Geld ohne Bevölkerung, keine Bevölkerung ohne Gerechtigkeit«. Auf diesem Umwege muss der König zur Erkenntnis eines sittlichen Staatszweckes gelangen! Allerdings war der kriegerische Schutz die erste Aufgabe. Denn dieses Reich, welches den Römern so viele Sorge machte, litt seinerseits an denselben Gefahren von aussen wie das Imperium. Von Süden her drängten bereits die Araber heran; dass sie dereinst Persien erobern würden, sollen die Magier schon damals gewusst haben186. Shapur II., in dessen Minderjährigkeit sie ganze Stücke vom Perserreich losgerissen, unternimmt in seinem sechzehnten Jahre einen furchtbaren Rachezug gegen sie (326); er baut eine Flotte auf dem Persischen Meerbusen und fährt nach Arabien hinüber; nach einem allgemeinen Blutbade auf der Bahrein-Insel und unter den Stämmen Temin, Becr-ben-Waiel, Abdolkais u. a. lässt er den Überlebenden die Schultern durchbohren und Stricke hindurchziehen als Leitriemen, während Constantin seine deutschen Gefangenen nur den wilden Tieren in der Arena zu Trier vorwirft. Ein anderer gefährlicher Feind drohte vom Norden, aus den Gegenden vom Kaspischen Meere her: die Ephthaliten oder missverständlich so genannten Weissen Hunnen, einer jener Türkenstämme, welche zu Vollziehern des Schicksals über Vorderasien in den verschiedensten Jahrhunderten eigentlich geboren scheinen. Der siegreiche Krieg, welchen Bahram-gur (420–438) gegen sie führte, gehört mit zu den vielgestaltig erzählten Abenteuern, aus welchen sein Lebensroman zusammengesetzt ist; immerhin wird die Tatsache, dass er die Nomaden wieder über den Oxus zurücktrieb, ihre Richtigkeit haben. Allein nicht lange nachher erhalten sie Gelegenheit, sich in den Erbfolgestreit (456) der beiden Söhne Yezdegerds II. einzumischen und den ältern derselben, Firuz, welcher zurückgesetzt worden und zu ihnen geflohen war, mit einem grossen Hilfsheere auf den persischen Thron zu führen. Seitdem ist ihr Einfluss, selbst ihre Intervention nicht mehr zu beseitigen, und die Sassaniden bezahlen ihnen häufig Jahrgelder.
Die spätern Schicksale des Reiches, seine letzte Glanzperiode unter Koshru Nuschirwan dürfen hier nicht mehr erörtert werden. Wir wenden uns zu den besondern Ereignissen, welche in die Epoche Diocletians und Constantins fallen.
Zur Zeit des Gallienus und der Dreissig Tyrannen war das Reich von Palmyra der Vorkämpfer Roms gegen die Perser gewesen; Odenathus hatte Sapor I., den trotzigen Sieger über Valerian, geschlagen und verfolgt bis Ktesiphon. Als aber später Aurelian die Palmyrener angriff, wandte sich die sassanidische Politik auf deren Seite, um den schwächern Nachbar zu erhalten; Bahram I. sandte der Zenobia eine Schar zu Hilfe, welche dann wie das Heer der Königin dem römischen Imperator unterlag. Aurelian und nachher Probus mussten mit Geschenken begütigt werden; letzterer rüstete sich dann gleichwohl zu einem persischen Kriege, welchen sein Nachfolger Carus wirklich unternahm; glänzende Erfolge führten das römische Heer noch einmal bis über den Tigris hinaus, verloren aber ihren Wert durch den plötzlichen Tod des Carus und die Heimkehr seines Sohnes Numerian (283). Es stand zu erwarten, dass Bahram II. nach einigem Zögern187 die grosse Verwirrung des ganzen Römischen Reiches beim Auftreten Diocletians eifrig benützen würde, um sich nach Westen hin zu sichern und auszudehnen. Einstweilen mussten die Kaiser ihn gewähren lassen, weil viel nähere Sorgen sie in Anspruch nahmen. Für sie übernahm vorderhand Armenien188 den Kampf.
Dieses Land, unter einem Nebenzweige des gestürzten parthischen Königshauses der Arsaciden, hatte früher römische Schutzhoheit genossen. Als aber zur Zeit Valerians und Galliens das Römische Reich in Stücke zu gehen anfing, hatte Shapur I. Armenien mit Hilfe einheimischer Faktionen unterworfen; der Sohn des ermordeten Königs Chosroes, Tiridates, war nur durch die Treue der königlichen Diener gerettet und dann unter dem Schutz der römischen Kaiser erzogen worden. Mit riesiger Stärke und hohem Mute begabt, sogar als Sieger bei den olympischen Spielen geehrt, schien er ganz besonders geeignet, als Prätendent in dem verlorenen Reiche seiner Väter aufzutreten. Wie einst Nero seinen gleichnamigen Vorfahren, so soll ihn189 jetzt Diocletian mit Armenien belehnt haben (286). Tiridates fand seine Heimat unter einem systematischen Drucke, auch religiöser Art; der unduldsame Parsismus der Fremdherrschaft hatte die Statuen der vergötterten Könige von Armenien und die geweihten Bilder der Sonne und des Mondes zerbrochen und dafür auf dem Berge Bagavan ein Pyreum errichtet für das heilige Feuer. Rasch sammelten sich Edle und Geringe um den Prinzen: man verjagte die Perser und brachte gerettete Schätze und sogar eine gerettete Prinzessin zum Vorschein. Ein schon von Shapur nach Armenien verbannter vorgeblich scythischer, wahrscheinlich turkomannischer Häuptling, Mamgo, ging samt seiner Horde zu dem neuen Herrscher über. Allein Narses I. raffte seine Macht zusammen, eroberte Armenien von neuem und nötigte den Tiridates, abermals bei den Römern Schutz zu suchen.
Diocletian und seine Mitherrscher waren inzwischen ihrer meisten Feinde Herr geworden und konnten sich jetzt dem Orient widmen. Während der Oberkaiser auszog, um auch noch das seit langer Zeit empörte Ägypten zu unterwerfen, vertraute er seinem Caesar Galerius den Kampf gegen Narses an; das gemeinschaftliche Hauptquartier war Antiochien. Allein zwei unentschiedene Schlachten und eine dritte, welche Galerius durch allzu kühnes Vordringen verlor, düngten noch einmal die wüste Ebene zwischen Carrhae und dem Euphrat, wo einst Crassus zehn Legionen zum Tode geführt, mit römischem Blut. Diocletian, der inzwischen Ägypten unterworfen hatte, während gleichzeitig der Caesar des Maximian, Constantius Chlorus, das abgefallene Britannien wieder zum Reiche gebracht, war doppelt erzürnt darüber, dass am Euphrat allein die römischen Waffen im Nachteil sein sollten. Auf seiner Rückkehr begegnete ihm in Syrien der geschlagene Caesar; er liess ihn im Purpurmantel, wie er war, eine Millie weit neben seinem Wagen herlaufen, angesichts der Soldaten und des Hofes. Mehr als irgend etwas bezeichnet dieser Zug den wahren Ton der diocletianischen Herrschaft190. Und die Ergebenheit des Galerius wird dadurch nicht im geringsten erschüttert; sein einziges Verlangen ist die Erlaubnis, die Schmach durch Siege auslöschen zu dürfen. Nun müssen statt der weniger tauglichen Asiaten die unbesiegbaren Illyrier ausrücken, nebst einer Hilfsschar geworbener Goten, alles gerechnet nur 25 000 Mann, aber von der tüchtigsten Art. Diesmal (297) wandte sich Galerius jenseits des Euphrat in das bergige Armenien, wo er das Volk der römischen Sache günstig fand und wo die meist aus Reitern bestehenden persischen Heere ihm viel weniger furchtbar sein konnten als beim Kampf in der Ebene. (Das Fussvolk galt nämlich bei den Persern laut Ammian nur als Tross.) Er selbst kundschaftete bloss mit zwei Begleitern das sorglose persische Lager aus191 und überfiel es dann plötzlich. Der Erfolg war ein ungeheurer; nach einem allgemeinen Gemetzel floh König Narses verwundet nach Medien; seine und seiner Grossen Gezelte fielen mit reichlicher Beute in die Hände der Sieger, und auch seine Frauen nebst mehrern Verwandten wurden gefangen. Galerius, welcher die Wichtigkeit eines solchen Unterpfandes wohl kannte, behandelte diese Gefangenen mit Güte und Sorgfalt. – So kurz und dürftig die vorhandenen Nachrichten über den Krieg, so umständlich sind diejenigen über die darauf folgenden Friedensunterhandlungen192. In der ersten Eröffnung, welche Apharban, ein Vertrauter des Narses, dem Galerius allein machte, wirkt die hochmütige Schmeichelei des Asiaten ganz ergötzlich. Rom und Persien sind ihm die beiden Leuchter, die beiden Augen der Welt, die sich nicht anfeinden sollten; nur von einem so grossen Fürsten wie Galerius habe Narses dürfen besiegt werden; übrigens seien die menschlichen Dinge wandelbar. Wie furchtbar die Lage Persiens gewesen sein muss, erkennt man daraus, dass der König alle politischen Bedingungen der »Philanthropie« der Römer anheimstellen lässt und nur um die Rückgabe seiner Familie bittet. Galerius, der den Gesandten erst rauh anfährt und an den einst von den Persern zu Tode gequälten Kaiser Valerian erinnert, gibt dann doch einige tröstlichere Worte. Darauf193