1.3 Zum Verfahren des vorliegenden Buches
Eine Erläuterung noch zur Darstellungsweise, die in diesem Buch gewählt wurde! Der vorgegebene Umfang stellte den Verfasser vor die Alternative, entweder zu etwa gleichen Teilen die »theoretische« Wirtschaftsphilosophie und dann, in einem praktischen Teil, die Wirtschaftsethik abzuhandeln, oder aber in einer zunächst historischen Herangehensweise beide Aspekte im Medium der Nachzeichnung des Weges zu entwickeln, den das Denken von Wirtschaft (inner- und außerhalb der Philosophie) genommen hat. Die Entscheidung fiel für die zweite Option, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil in einer Zeit ohnehin florierender wirtschaftsethischer Ansätze so die umfassendere, nämlich kulturphilosophische Herangehensweise an das Problem der Wirtschaft deutlicher profiliert werden kann. »Kulturphilosophisch« mag dabei jene Herangehensweise heißen, die das Wirtschaften des Menschen zunächst als immer schon vorfindbare lebensweltliche Realität versteht (und nicht nur als ein System von menschlichen Handlungen, insofern sie einer normativen Regulierung unterliegen). Als in diesem Sinne dynamisch-objektive Realität verstanden, ist das Ökonomische ganz prinzipiell als menschliche Lebensäußerung aufzufassen, in der es diesem Leben – einen Anklang an Heidegger zu riskieren – immer schon um es selbst geht und die zugleich der theoretischen Einsicht in sie schon vorausliegt. Wenn Ökonomie »materialistisch« ist, hat dies mit nichts anderem als dieser strukturellen Vorgängigkeit des ökonomischen Lebensaktes vor der theoretischen Lebenserhellung zu tun – oder, anders gewendet: es hat damit zu tun, daß Ökonomie zum System des objektiven Geistes und so auch zu den Formen (notwendiger) Selbstverobjektivierung des Menschen gehört. Der primär wirtschaftsethische Blick auf das Ökonomische verstellt sich dagegen nur allzu leicht den Zugang zur wesentlichen Objektivität des Wirtschaftens und des Wirtschaftsprozesses. Er suggeriert so möglicherweise auch Verantwortlichkeiten, die kein Subjekt ausfüllen kann, die aber besonders dann zu allzu bequemen persönlichen Schuldzuweisungen einladen, wenn ein sachgemäßes Verständnis eines komplexen Zusammenhangs intellektuell hohe Hürden nehmen zu müssen meinen würde. Damit ist selbstverständlich keiner pauschalen »Entverantwortlichung« wirtschaftender Subjekte das Wort geredet – daß es hier zu evidentermaßen moralischem Versagen kommt, wird durch die Zeitungen täglich dokumentiert und sollte in Zeiten zugunsten »technischen« Wissens planmäßig abgebauter Persönlichkeitsbildung auch niemanden überraschen. Die Einseitigkeit des wirtschaftsethischen Standpunktes in der Wirtschaftsphilosophie wird jedoch spätestens damit klar, daß selbst dann, wenn alle Wirtschaftssubjekte jederzeit moralisch »einwandfrei« handeln würden (was sie jedoch der Logik des Wirtschaftens nach noch nicht einmal müssen), damit keineswegs schon gesagt wäre, daß das Wirtschaften nicht in einer Dialektik stünde, die immer auch subjektive Unzuträglichkeiten, ja historische Zäsuren produziert. Kurz: »Wirtschaft« ist durch »Ethik« nicht einfach »in den Griff« zu bekommen, um so mehr aber ihrer Logik als Lebensfunktion nach ernst zu nehmen. Denn im Verfolg seiner Zwecke geht das objektive Leben am Ende doch auf das gleiche Telos des »Guten«, das auch die Ethik leitet, ohne daß darum beide Perspektiven schon deckungsgleich wären. Im Rahmen dieses einführenden Buches beschränken wir uns entsprechend auf einige Schlaglichter zur Wirtschaftsethik; deren systematische Entfaltung mag an anderem Ort folgen.
Ein Mißverständnis wäre es übrigens, die historischen Ein- und Ausführungen des Hauptteils dieses Buches nur in »antiquarischem« Sinne zu nehmen. Die Philosophie hat, wie in anderen Disziplinen, so auch in der Wirtschaftsphilosophie zu ihrer eigenen Vergangenheit ein anderes Verhältnis, als dies in Einzelwissenschaften der Fall ist, bei denen der aktuelle Forschungsstand auch das Verfallsdatum des Denkens von gestern ist. Die Philosophie entdeckt nicht zufällig in ihrer Vergangenheit immer wieder ihre Fragen von heute, wobei sie die historische Differenz sogar als Chance begreifen kann, das besondere Profil des »Heute« konkreter in den Blick zu nehmen. Gleichzeitig erlaubt der historische Blick die Evolution einer Problemstellung und mit ihr die Entfaltung der Kategorienpalette kennen zu lernen, die uns jeweils zur Problemerfassung zur Verfügung steht. Zur Mündigkeit im Kategoriengebrauch gehört die Einsicht in die Genese unserer Denkbestimmungen untrennbar hinzu.
Die historische Entfaltung der Thematik hat gleichzeitig die Aufgabe, den Leser mit jenen Daten auch aus außerphilosophischen Bereichen zu versorgen, die nötig sind, um in systematischer Hinsicht ein informiertes Urteil zu fällen. Gelingt es, diese Urteilsbildung in theoretischer wie praktischer Hinsicht zu fördern, so kann sich daran zeigen, daß Wirtschaftsphilosophie gerade heute nicht einfach ein akademisches Glasperlenspiel ist. Sie kann zu kritischer Distanz und verantwortlicher Stellungnahme auch da anleiten, wo vom »Zeitgeist« schon vieles vorentschieden zu sein scheint. Wie überall, emanzipiert auch hier die Philosophie, wenn sie ihr Ziel erreicht, das Denken zu sich selbst. Darin aber liegt – heute wie immer – ihr eigentlich freiheitlicher Sinn.
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