Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740916930
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Frau um alles nicht missen. Ich habe ja noch so vieles von ihr zu lernen. Sie ist mir in Wissen und Erfahrung weit überlegen, wird aber trotzdem nie vergessen, daß ich die Hausfrau bin. Und ich werde nie vergessen, daß sie eine feinempfindende, sehr einsame Frau ist, die allein auf der Welt steht und in Waldwinkel eine Heimat gefunden hat. Ich bringe die Angelegenheit mit deinen beiden Sorgenkindern schon in Ordnung, Swen«, schloß sie mit ihrem bezaubernden Lächeln. Er starrte sie wie ein Wunder an.

      »Gerswint, ich bin einfach überwältigt. Ja, Kind, wenn es so ist, dann will ich wohl zufrieden sein. Aber eines sage ich dir: Ich werde nie wieder über einen Menschen urteilen, bevor ich ihn nicht kenne.«

      Er zog ihre Hände an die Lippen, eine um die andere, immer wieder. Drückte auch seine Augen darauf und sah daher nicht das gequälte Lächeln in ihrem Gesicht.

      Und Gerswint hielt Wort, sie brachte die Angelegenheit mit den beiden Frauen in taktvoller Weise in Ordnung, und die Folge davon war, daß sie von ihnen fortan vergöttert wurde.

      So herrschte eine schöne Harmonie im Schloß. Tagsüber ging man seiner Beschäftigung nach, doch am Abend gab es manche gemütliche Stunde, an der nicht nur alle Hellersen, sondern oft auch Hungolds teilnahmen. Daß Wieloff nie fehlte, das war ja selbstverständlich. Mit Behagen gab man sich den gemütlichen Plaudereien hin, während der Dezembersturm das Schloß umtoste.

      An einem dieser Abende erklärte Bolko, daß er seine Hochzeit Weihnachten feiern wollte, und hatte für die Erregung, die seine Eröffnung hauptsächlich bei Mama Hungold hervorrief, kein Verständnis.

      »Aber Ellen, das geht doch gar nicht«, jammerte die alte Dame händeringend. »Es ist mir doch unmöglich, so schnell deine Aussteuer zu beschaffen.«

      »Du tust doch seit Wochen überhaupt nichts anderes mehr, als die Aussteuer für Ellen herbeizuschleppen, Mamachen«, lachte Bolko sie liebenswürdig an. »Einmal mußt du doch damit fertig werden.«

      »Du sprichst, wie du es verstehst, mein Junge. Einen so großen Gutshaushalt, wie Hirsch­hufen ihn hat, auszustatten, ist gar nicht so einfach; da gibt es tausenderlei zu bedenken. Wenn Ellen mir wenigstens zur Hand gehen möchte! Aber die hat ja für nichts anderes mehr Sinn als für dich.«

      »Das wird sich auch so ge­hören, Mamachen. Aber nun sei mal hübsch lieb und nett und sage ja und amen. Wir haben es uns nur einmal in den Kopf gesetzt, eine andere Hochzeit zu haben als die meisten Leute. Denk mal, Mamachen, so eine Hochzeit in der Waldwinkler Kapelle im Schein der Weihnachtskerzen. Kein Trubel, keine Gäste, nur die Angehörigen – Schluß! Hinterher die Bescherung, ein Festessen, an­schließend ein Plauderstündchen, und dann fahren Ellen und ich ganz langsam im Schlitten nach Hirschhufen.«

      »Verflixt, Bengel, da wird einem ja ganz warm ums Herz«, schmunzelte Papa Hungold. »Sei kein Spielverderber, Mutterchen, erkläre dich einverstanden! Sei froh, daß es noch so empfängliche Gemüter gibt, wie unser Sohn eines hat.«

      Was blieb da Frau Hungold anderes übrig, als beizustimmen? Zum Dank dafür wurde sie von der erfreuten Tochter halb zerdrückt. Und als sie gar Bolkos strahlendes Gesicht sah, da tat es ihr nicht mehr leid, nachgegeben zu haben.

      »Also, Weihnachten ist Hochzeit. Gar nicht so übel«, lachte der Baron. »Aber da eine Hochzeit immer eine Verlobung nach sich zu ziehen pflegt, so müssen wir sehen, daß wir bis dahin für Edna einen Mann auftreiben.«

      »Laß doch die geschmacklosen Witze!« fuhr das Mädchen ihn zornig an, sprang auf, stürmte aus dem Zimmer.

      »Ja, was hat sie denn?« fragte der Schloßherr betreten.

      »Das möchte ich auch gerne wissen«, sagte Frau Elisa beunruhigt. »Edna gefällt mir schon seit Wochen nicht mehr. Nicht allein, daß sie blaß und irgendwie vergrämt aussieht, sie ist auch manchmal von einer krankhaften Gereiztheit.«

      »Da bleibt doch eigentlich nur die eine Deutung, daß die Kleine verliebt ist«, sagte Papa Hungold nun trocken.

      »Kann man gar nicht wissen, Mama«, meinte Bolko verschmitzt. »Umsonst ist Edna nicht jeden Tag in Lützen, das augenblicklich einen gar schneidigen Verwalter hat.«

      »Wie kommst du auf den geschmacklosen Einfall, daß Edna sich ausgerechnet in einen einfachen Verwalter verlieben könnte?« meldete sich Frau Elisa, die trotz aller erfreulichen Veränderungen doch noch ab und zu ihren alten Hochmut herauskehrte. Und unwillkürlich gingen aller Augen zu Wieloff hin, der ganz unberührt dasaß.

      Wie konnte die Mama nur! Wahrhaftig, es gab Minuten, da die Kinder sich ihrer stolzen Mutter schämen mußten!

      Es geschah gottlob nicht mehr oft, daß Frau Elisa in ihren alten Fehler zurückfiel. Sie schien sich auch mit der Verlobung des Sohnes ausgesöhnt zu haben; denn sie war zu Ellen und deren Eltern, wenn auch nicht gerade herzlich, so doch von einer gleichbleibenden Freundlichkeit.

      Aber daß Edna womöglich einen Verwalter heiraten könnte?

      Um das gutzuheißen, so weit war Frau Elisa noch nicht!

      Wenn sie nur gewußt hätte, mit welchem Herzweh die Tochter sich augenblicklich quälte!

      Sie lag nämlich in ihrem Zimmer auf dem Diwan und war unzufrieden mit sich und der ganzen Welt. Sie wollte ihrem Herzen, das sie mit großer Hartnäckigkeit immer weiter an den Rand der Verzweiflung trieb, durchaus klarmachen, daß es andere Wege zu gehen hätte als die, die es schon lange eingeschlagen hatte.

      Das Herz schlug ihr nämlich immer seltsam schwer in der Brust, sobald die hohe Gestalt des Sekretärs nur auftauchte.

      Und das wollte ihr Stolz doch nicht zulassen.

      Also standen Stolz und Herz der armen Edna gegeneinander in erbitterter Fehde und machten der geplagten Besitzerin das Leben damit zur Hölle!

      Oftmals schien es allerdings so, als wenn das Herz siegen würde; sonst wäre es ihr doch einerlei gewesen, daß der Sekretär ernste Heiratsabsichten zu haben schien. Sonst wäre es ihr doch nicht eingefallen, dem Mann oft heimlich zu folgen, um festzustellen, ob er sich wieder mit der Auserwählten treffen würde.

      Wenn sie dann sah, wie Wieloff das Mädchen lächelnd begrüßte, dann allerdings stieg der Stolz ganz gewaltig in ihr hoch und machte ihr das Herz mit wenigen Streichen kampf­unfähig.

      Einen Sekretär? Für eine Edna von Hellersen konnte Wieloff nichts anderes als der Sekretär ihres Schwagers sein. Mochte er also dieses Fräulein Bottich heiraten, das paßte zu ihm.

      Wie man überhaupt Bottich heißen konnte!

      Wieloff allerdings schien dieser Name nicht zu stören; denn er wollte, wie sie aus sicherster Quelle zu wissen glaubte, um das Mädchen werben. Das war überhaupt ein offenes Geheimnis; man sprach in der ganzen Umgegend davon.

      Fräulein Bottich hatte nämlich schon zwei Jahre hintereinander den Sommer auf dem Gute ihres Onkels, das einige Kilometer von Waldwinkel entfernt lag, verlebt. Dort hatte sie auch den Sekretär kennengelernt und kein Hehl daraus gemacht, wie gut ihr der vornehme Mann gefiel.

      Wieloff war ja nun zu Geld gekommen und konnte sich selbständig machen, zumal auch Fräulein Bottich über erhebliche Geldmittel verfügte. Sie ging bereits bei ihrer Tante im Gutshaushalt ernstlich in die Lehre, um sich alles das anzueignen, was eine Gutsfrau verstehen mußte. Auch das hatte Edna einwandfrei ermitteln können. Aber warum sie darüber so bitterlich weinen mußte, das wußte sie selber nicht.

      *

      »Gerswint, willst du mir nicht erklären, was das zu bedeuten hat?« fragte der Baron eines Tages die Gattin, als er das Wohnzimmer betrat, in dem Gerswint mit einer Handarbeit beschäftigt war. »Ich habe nämlich heute zu meinem Befremden feststellen müssen, daß du von deinem Bankkonto, das ich dir eingerichtet habe, noch nicht einen Pfennig abgehoben hast, obwohl wir bald ein Vierteljahr verheiratet sind. Hast du denn keine persönlichen Ausgaben?«

      »Da ich mich weder pudere noch schminke, noch sonst einen Schönheitskult treibe«, gab sie spöttisch zur Antwort. »Mit Kleidern bin ich ja auf eine Weile versorgt, für Essen und Trinken brauche ich