Leni Behrendt Staffel 6 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740916930
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Sie bitte, ich bin so aufgeregt.«

      »Wer?«

      »Frauke.«

      »Danke, jetzt weiß ich Bescheid. Eine Frauke ist hier einmalig. In zehn Minuten bin ich da.«

      *

      Als Doktor Gunder die Terrasse betrat, konnte er nur mit Mühe ein Schmunzeln unterdrücken bei dem malerischen Bild, das sich ihm bot. Frauke saß auf einem Fußkissen und hielt im Schoß den Kopf des Hundes, der sich eng an sie geschmiegt hatte. An seiner Seite kauerte Ortrun, Hulda und Michel hockten auf der obersten Treppenstufe, und mittendrin saß Jadwiga im Gartensessel, mit verstörtem Blick und wackelndem Pincenez. Ein lebendes Bild, wie es malerischer nicht gestellt werden konnte. In das auch kaum Bewegung kam, als der Arzt sich vorstellte und dann die ihm von Frauke Vorgestellten mit einer Verbeugung begrüßte. Man konnte hier den Spruch anwenden: Aller Augen warten auf dich, Herr, denn fünf Augenpaare waren in ängstlicher Erwartung auf ihn gerichtet.

      »Dann wollen wir uns doch mal die kranke Pfote ansehen«, trat er furchtlos auf den Hund zu, was Frauke hastig abwehrte.

      »Bitte nicht, Herr Doktor. Ajax ist sehr scharf, er wird Sie beißen.«

      »Er denkt gar nicht daran«, ließ der Mann sich seelenruhig auf die Knie nieder und fuhr liebkosend über den Kopf des prächtigen Rüden, was dieser sich nicht nur gefallen ließ, sondern sogar mit einem zärtlichen Handlecken belohnte.

      »Na also, du kluger Kerl. Du weißt ganz genau, daß ich dir helfen will«, sprach die Männerstimme beruhigend auf den Hund ein. Sie hatte etwas ungemein Tröstendes, klang tief und weich wie ein Ton in Moll. Mit behutsamen Händen tat er die Binde ab, besah sich die Pfote und meinte zuversichtlich:

      »Halb so schlimm, das werden wir gleich haben.«

      Dann kramte er in der Medikamententasche herum, zog einen Wattebausch hervor, träufelte Äther darauf und reichte den Bausch Frauke hin.

      »Den drücken Sie Ajax auf die Nase, gnädiges Fräulein, das wird ihn leicht einschläfern. Außerdem werde ich noch die Pfote unempfindlich machen. Ich sehe gar nicht ein, warum man den Tieren nicht Schmerzen ersparen soll, soweit es möglich ist. Sie sind ja schließlich auch ein Mensch«, setzte er mit dem warmen Lachen hinzu, das diesen Mann so liebenswert machte.

      Und schon zog der listige Amor, der schon längst auf der Lauer lag, den Bogen straff. Und um ein so lange behütetes Herz war es geschehen.

      Vorläufig merkte es jedoch davon noch nichts. Vorläufig war es noch mit Sorge erfüllt um Ajax, den treuen Kameraden. Die Hand zitterte, welche die Watte auf die Hundenase drückte, bis der Arzt Einhalt gebot:

      »Genug, gnädiges Fräulein, werfen Sie den Bausch weit fort.«

      Und dann war alles so einfach. Das Glasstück wurde geschickt entfernt, die Wunde desinfiziert, der Verband angelegt, und schon begann der Hund sich zu regen.

      »Na also«, nickte sein Helfer zufrieden. »Die kleine Betäubung hat gerade gereicht, die Augen sind wieder klar, die Rute setzt sich in Bewegung, der erste Krankenbesuch naht auch bereits, mehr kann man doch nun wirklich nicht verlangen.«

      Da war der »Krankenbesuch« auch schon herangewirbelt. Nahm mit Vehemenz die Treppe, um dann verdutzt vor Hulda und Michel zu verharren. Bevor jedoch Oda ihrem Erstaunen darüber noch Ausdruck geben konnte, hatte sie auf der Terrasse erspäht, worüber sie noch mehr staunen mußte. Frauke auf dem Fußkissen, der Hund mit der verbundenen Pfote, daneben die kauernde Ortrun, die steif dasitzende Jadwiga mit dem hilflosen Blick – und einen Mann, der nicht hierher gehörte.

      »Ja, Uwe, was machst du denn hier?« fragte die Kleine, nachdem sie sich von ihrer Überraschung erholt hatte, und er zwinkerte ihr vergnügt zu.

      »Baroneßchen, hast du aber eine lange Leitung. Sieh dir Ajax an und bedenke, daß ich Tierarzt bin.«

      Da hatte Oda endlich begriffen. Sie zwängte sich an Hulda und Michel vorbei und stand vor dem Hund, ihn angstvoll betrachtend.

      »Was hat er denn? Etwa ein Bein gebrochen?«

      »Nein«, gab der Arzt Auskunft. »Er trat sich in die Pfote eine Scherbe, die ich entfernte.«

      »Na so was.« Baroneßchen schüttelte den Kopf. »Da bin ich mal einen Tag nicht hier, und schon passieren die tollsten Sachen. Macht bloß nicht so betrübte Gesichter. Das habt ihr nicht nötig, wenn Uwe da ist. Komm, setz dich hin! Dann hörst du gleich mit, was ich zu berichten habe. Er darf das doch, Frauke, nicht wahr?«

      »Selbstverständlich«, beeilte sie sich zu versichern. »Doch zuerst wird sich der Herr Doktor die Hände waschen.«

      »Besten Dank, gnädiges Fräulein, das ist nun wirklich notwendig.«

      Frauke führte ihn zum Waschraum, und als er zurückkehrte, nahm er dankend den ihm gebotenen Platz. Als er aus der indes herbeigeholten Bar seine Wahl treffen sollte, erklärte er kategorisch:

      »Aber nur, wenn die Damen mithalten, auf daß die blassen Wänglein Farbe kriegen.«

      »Meine auch?« fragte Oda erwartungsvoll, und er besah sich schmunzelnd das reizende Persönchen.

      »Zwar glühen deine Wänglein rosenrot, aber mitgefangen, mitgehangen.«

      Die fünf Menschen – Hulda und Michael hatten sich bereits entfernt – trafen nun ihre Wahl und prosteten sich zu. Den Mann empfand man gar nicht als fremd. Man hatte das Gefühl, als kenne man sich schon lange.

      Bevor man mit einer Unterhaltung beginnen konnte, platzte Oda mit ihrer Neuigkeit heraus:

      »Die Oberin ist da, gestern gegen Abend eingetroffen. Na, das ist vielleicht eine…«

      »Ei, Oda!«

      »Ja, was hast du denn, Uwe?« legte sie das Köpfchen schief und blinzelte ihn erstaunt an. »Ich darf doch wohl sagen, daß die Frau Oberin eine – hm, ja – hoheitsvolle Dame ist, in deren werten Adern schon mehr dunkellila Blut sehr vornehm fließt. Ihr Morgen- und Abendgebet beginnt bestimmt mit den Worten des Pharisäers: Lieber Gott, ich danke dir, daß ich nicht so bin wie andere. Und damit hat sie sogar recht.«

      Vergnügt fiel sie in das Lachen der andern ein und ließ dann ihrem Zünglein weiter freien Lauf:

      »Nachdem sie von der Feudalität ringsum Kenntnis genommen und befriedigt festgestellt hatte, daß es der richtige Rahmen für ihre hochnoble Person wäre, beanstandete sie meine Zöpfe. Meinte, daß sie keine Frisur für eine junge Dame von Stand wären. Beim Abendessen mißbilligte sie meinen glänzenden Appetit und saß dann hinterher wie eine drohende Düsternis da in ihrem hochgeschlossenen Kleid, auf dessen Schwärze das Johanniterkreuz bösartig funkelte.

      Mich ließ sie gottlob in Ruhe, doch der ›liebe Junge‹ mußte mit anhören, was die Dame alles zu beanstanden hätte. Aber das beeindruckte ihn absolut nicht. In seiner uns so gut bekannten Gelassenheit saß er da, rauchte mit Genuß seine Pfeife und warf ab und zu gelangweilt etwas dazwischen wie: So – sieh doch mal an – tatsächlich – kann ich gar nicht finden. Als er sich eine Stunde später erhob, wollte sie ihn mit der Bemerkung zurückhalten, daß es für sie noch viel zu früh wäre, zu Bett zu gehen, sie könne ohnehin so schlecht schlafen. Was er zwar höflich bedauerte, dabei jedoch hinzufügte, daß für ihn stets die Nacht zu kurz wäre, da er frühmorgens aus den Federn müßte und dann einen anstrengenden Arbeitstag vor sich hätte. Ein freundliches: Gute Nacht, schlaf wohl, dann zwinkerte er mir zu, und wir zogen vergnügt von dannen.«

      »Und was tat die Frau Oberin?« erkundigte sich Uwe, der wie alle andern dem anschaulichen Bericht amüsiert gefolgt war.

      »Die soll, wie Barbe mir erzählte, Sturm geklingelt haben, worauf dann Niklas bei ihr erschien, den sie ganz unvornehm anfauchte mit der Frage, ob es denn hier üblich wäre, einfach loszugehen und die Gäste sitzenzulassen. Wahrscheinlich müßte man allen hier Manieren und Räson beibringen. Dann rauschte sie zornentbrannt ab und verfügte sich in ihr Appartement, welches in diesem Fall aus einem Zimmer besteht, das nicht zu den besten gehört.