DIE REGELN DER RACHE (Black Shuck 2). Ian Graham. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ian Graham
Издательство: Bookwire
Серия: Black Shuck
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352964
Скачать книгу
Gelände ein praktischer Ort für Vernehmungen unter Ausschluss aller, die das Ganze nichts anging.

      »Macht er auch keine Dummheiten?«, fragte Allardyce Thom. Dieser stand neben der Tür zu einem der wenigen Räume des früheren Hafenterminals, dessen Wände noch intakt waren.

      »Nein, denn er ist an einen Stuhl gefesselt, und es gibt keinen zweiten Ausgang. Er kann also nicht abhauen.«

      »Gut. Dann geben wir ihm jetzt mal ein wenig Zeit, um über seine Situation nachzudenken, oder?«

      »Ich würde sagen, wir nehmen ihn lieber sofort in die Mangel, und zwar ordentlich«, schlug Thom vor. »Shane war schließlich nicht mehr dort, wo das Video aufgenommen wurde, und indem wir in dem Laden eingefallen sind, haben wir vielleicht sein Schicksal besiegelt.«

      »Hoffen wir mal, dass das nicht der Fall ist, Mr. Thom.«

      »Sollte dieser Kerl irgendetwas wissen, müssen wir es herausfinden, aber schnell.«

      »Ich verstehe, dass Officer O'Reilly und Sie schon lange zusammenarbeiten. Ihre Beziehung zu ihm reicht immerhin bis in die Zeit der Troubles zurück, also ist es bestimmt hart für Sie, ihn verloren zu haben.« Allardyce trat von der Tür weg und setzte sich auf eine lange Holzbank, wo garantiert einst die Hafenarbeiter gewartet hatten, um auf einem der vielen Frachter anheuern zu können, die hier früher gelandet waren. Wir tun gerade alles Menschenmögliche, um dafür zu sorgen, dass er unbescholten freikommt und die Verantwortlichen geschnappt werden, aber das hier muss unbedingt mit Umsicht erledigt werden.«

      »Hmm«, brummte der Abteilungsleiter, zog seine Augenbrauen hoch und nahm widerwillig Platz. Allardyce wusste, dass dieser kein Mann vieler Worte war. Stirnrunzeln, ein Nicken oder eben hochgezogene Augenbrauen … was seine Emotionen betraf, hatte Harold Thom noch nie mehr durchblicken lassen.

      Als er die Wartezeit für lange genug hielt, erhob sich Allardyce wieder von der altertümlichen Bank. »Ich denke, das genügt jetzt. Schauen wir mal nach, ob sich seine Einstellung zumindest ein wenig verbessert hat.«

      Einer der beiden Agenten mit den dunklen Anzügen, der an der Tür Wache stand, öffnete sie nun für ihn und trat wieder zur Seite. Nachdem Dennis mit Thom eingetreten war, schloss er sie wieder sorgfältig, damit sich die beiden ungestört mit dem Gefangenen unterhalten konnten.

      Der Mann hob jetzt seinen Kopf an und spuckte abfällig auf den Boden. »Ich verlange sofort ein Telefongespräch. Sie dürfen mich nicht einfach so hier festhalten. Ich habe schließlich nichts verbrochen.«

      »Deshalb sind wir hier – um uns dessen zu vergewissern, nicht wahr?« Thom zog einen morschen Stuhl herüber, drehte ihn um und setzte sich genau vor den Verdächtigen. »Fangen wir doch mit Ihrem Namen an. Wie lautet der?«

      »Robert the Bruce, du Wichser. Und jetzt geben Sie mir gefälligst ein Telefon.«

      »Mir ist schon klar, dass Typen wie Sie, die Häuser besetzen, kleine dunkle Löcher gewohnt sind, aber sieht diese Hütte so aus, als gebe es hier einen Telefondienst für Sie?« Thom schaute sich spöttisch in dem heruntergekommenen Raum um. »Das ist schließlich nicht der Keller Ihrer Mama.«

      »Sie können mich mal. Sie haben nicht das Recht, mich hier festzuhalten.«

      »Ist auch egal. Wir kennen ihn sowieso schon.« Thom suchte Dennis' Blick.

      »Ihre Identität ließ sich leicht in Erfahrung bringen.« Der Lord nahm einen Stoß gefalteter Papiere aus der Innentasche seines Mantels und sah sie kurz durch. »Hier steht, dass Sie Reece Findlay heißen, und auch alles Weitere, was wir über Sie wissen müssen, würde ich sagen. Ein unbedeutender Befürworter der Republikaner. In den letzten drei Jahren zwei Mal wegen Landfriedensbruch inhaftiert gewesen. Gesucht als Verdächtiger im Fall einer Vergewaltigung im Zuge der Ereignisse im Lager von Occupy Glasgow im Kelvingrove Park im vergangenen Jahr. Gegenwärtig als arbeitsloser Sozialhilfeempfänger registriert – da frage ich mich doch, weshalb man sie im Hauptbüro der Unabhängigkeitsbewegung aufgelesen hat. Eine so lautere Organisation wie diese würde doch bestimmt gerne wissen, wenn sich jemand in ihren Räumlichkeiten einnistet, oder? Und Einbruch als weiteres Vergehen neben ihren anderen?« Allardyce hob einen Zeigefinger und schnalzte mit der Zunge, als würde er ein kleines Kind rügen. »Ich schätze mal, das genügt, um Sie eine ganze Weile hinter Gittern zu bringen, Mr. Findlay.«

      »Sie sind doch die Einbrecher. Ich gehöre zu den Organisatoren der Kampagne, verflucht noch mal. Demnach durfte ich auch dort sein. Ich habe die Erlaubnis dazu.«

      Thom grinste abfällig. »Klar, und ich gehe stark davon aus, dass Sie auch die Erlaubnis des armen Mädchens im Kelvingrove Park hatten, oder war es ein Kerl?«

      »Es handelte sich lediglich um ein Missver…«

      »Dann mal los! Sie sagen mir einfach, was ich wissen will – alles, was ich wissen will – und wir alle hier vergessen einfach, Ihnen je begegnet zu sein.«

      »Oder andernfalls? Buchten Sie mich dann ein? Dieses Mädchen würde mit seiner Aussage vor Gericht niemals durchkommen, ansonsten gäbe es schließlich schon ein Verfahren. Verpissen Sie sich! Soll ich's für Sie buchstabieren? V-E-R…«

      Thom stand abrupt auf, wobei der Stuhl umkippte, und ohrfeigte Findlay.

      Allardyce wartete schweigend, bis der junge Mann verunsichert aufschaute – sein Gesicht war rot, und er hatte feuchte Augen bekommen – ehe er vortrat und mehrere Fotos aus seinem Mantel zog. Er hielt sie ihm hin, um ihm eines nach dem anderen zu zeigen. »Erkennen Sie diesen Mann wieder?«

      »Ich schaue mir Ihre beschissenen Bilder nicht an.« Findlay wandte den Blick ab. »Ich weiß nichts über wen auch immer und bin garantiert nicht daran interessiert, mich von Ihnen als Informationsgeber ausnutzen zu lassen. Falls Sie etwas über die Unabhängigkeitsbewegung erfahren wollen, müssen Sie wohl woanders suchen.«

      »Denken Sie, darum geht es hier? Dass wir versuchen, Sie anzuwerben?« Allardyce lachte laut. »Dann darf ich Ihnen hiermit versichern, dass man so etwas eher nicht bei bewaffneten Razzien tut, und wie Sie sehen, haben wir bereits alle Fakten zu Ihrer Bewegung, die wir brauchen. Ich würde vielmehr gerne erfahren, wo dieser Mann steckt. Anscheinend ist er gestern oder vorgestern irgendwie im Keller Ihres Büros am Newton Place gelandet und lange genug geblieben, um sich dabei filmen zu lassen, wie er die Forderungen seiner Entführer darlegte.«

      Nun warf Findlay einen flüchtigen Blick auf die Fotos. »Sie sind auf der falschen Spur, alter Mann. Ich habe den Kerl noch nie zuvor gesehen.«

      »Ist das etwa nicht der Keller des Stadthauses, in dem Sie vor kaum einer Stunde verhaftet wurden?«

      »Schauen Sie sich die Bilder an!« Thom packte Findlays zottelige Haare und zog seinen Kopf zu Dennis' Hand. »Schauen Sie hin! Dieser Mann ist ein Freund von mir, und sollten Sie wissen, wo er ist, plaudern Sie's besser sofort aus!«

      »Oder was?« Der Verdächtige versuchte nach Kräften, sich ihm zu entziehen, schaffte es aber nicht.

      »Haufenweise Schmutzwäsche. Ziemlich viele Personen, die dort ein- und ausgingen, wie mir die Polizei erzählt hat.« Allardyce langte erneut in seinen Trenchcoat. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht Ihnen gehört, vermutlich hat jemand es beim Verlassen des Gebäudes verloren.« Er hielt einen wiederverschließbaren Plastikbeutel in die Höhe, der ein graues Pulver enthielt.

      »Drogen?«, schnaubte der junge Mann. »Sie wollen mich wegen Drogen hochnehmen?«

      »Keine Drogen, Mr. Findlay. Aluminiumpulver. Wird üblicherweise mit Ammoniumnitrat vermischt, um Sprengstoff herzustellen. Für Bomben, wie jene, die letzte Woche ein paar Stunden südlich von hier explodiert sind. Ich muss Ihnen ja wohl nicht erklären, welche Gefängnisstrafe auf Terrorismus und Mord steht oder?«

      »Sie sind doch verrückt, Sie beide.« Findlay schüttelte den Kopf und stemmte sich verzweifelt gegen seine Fesseln. »Sie verleumden einen Unschuldigen! Glauben Sie etwa, ich wüsste nicht, wer Sie sind? Oder, dass das hier niemals rauskommt? Generaldirektor Lord Dennis Allardyce wegen gezielter Diffamierung eines Unschuldigen angeklagt! Wie