Das Mondschaf steht auf weiter Flur. Christian Morgenstern. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Morgenstern
Издательство: Bookwire
Серия: Literatur (Leinen)
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783843804356
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      zwischen Tuberosen und Eukalyptus,

      folgen die drei berühmten Nießwurz-Stellen,

      welche der Sonate den Namen geben.

      Palmström fällt bei diesen Ha-Cis-Synkopen

      jedesmal beinahe vom Sessel, während

      Korf daheim, am sichern Schreibtisch sitzend,

      Opus hinter Opus aufs Papier wirft …

       Der Aromat

      Angeregt durch Korfs Geruchs-Sonaten,

      gründen Freunde einen »Aromaten«.

      Einen Raum, in welchem, kurz gesprochen,

      nicht geschluckt wird, sondern nur gerochen.

      Gegen Einwurf kleiner Münzen treten

      aus der Wand balsamische Trompeten,

      die den Gästen in geblähte Nasen,

      was sie wünschen, leicht und lustig blasen.

      Und zugleich erscheint auf einem Schild

      des Gerichtes wohlgetroffnes Bild.

      Viele Hunderte, um nicht zu lügen,

      speisen nun erst wirklich mit Vergnügen.

       Die unmögliche Tatsache

      Palmström, etwas schon an Jahren,

      wird an einer Straßenbeuge

      und von einem Kraftfahrzeuge

      überfahren.

      »Wie war« (spricht er, sich erhebend

      und entschlossen weiterlebend)

      »möglich, wie dies Unglück, ja –:

      daß es überhaupt geschah?

      Ist die Staatskunst anzuklagen

      in bezug auf Kraftfahrwagen?

      Gab die Polizeivorschrift

      hier dem Fahrer freie Trift?

      Oder war vielmehr verboten,

      hier Lebendige zu Toten

      umzuwandeln, – kurz und schlicht:

      D u r f t ehier der Kutscher nicht –?«

      Eingehüllt in feuchte Tücher,

      prüft er die Gesetzesbücher

      und ist alsobald im Klaren:

      Wagen durften dort nicht fahren!

      Und er kommt zu dem Ergebnis:

      Nur ein Traum war das Erlebnis.

      Weil, so schließt er messerscharf,

      nicht seink a n n ,was nicht seind a r f .

       Die Behörde

      Korf erhält vom Polizeibüro

      ein geharnischt Formular,

      wer er sei und wie und wo.

      Welchen Orts er bis anheute war,

      welchen Stands und überhaupt,

      wo geboren, Tag und Jahr.

      Ob ihm überhaupt erlaubt,

      hier zu leben und zu welchem Zweck,

      wieviel Geld er hat und was er glaubt.

      Umgekehrten Falls man ihn vom Fleck

      in Arrest verführen würde, und

      drunter steht: Borowsky, Heck.

      Korf erwidert darauf kurz und rund:

      »Einer hohen Direktion

      stellt sich, laut persönlichem Befund,

      untig angefertigte Person

      als nichtexistent im Eigen-Sinn

      bürgerlicher Konvention

      vor und aus und zeichnet, wennschonhin

      mitbedauernd nebigen Betreff,

      Korf. (An die Bezirksbehörde in –).«

      Staunend liest’s der anbetroffne Chef.

       Die Mausefalle

      Palmström hat nicht Speck im Haus

      dahingegen eine Maus.

      Korf, bewegt von seinem Jammer,

      baut ihm eine Gitterkammer.

      Und mit einer Geige fein

      setzt er seinen Freund hinein.

      Nacht ist’s und die Sterne funkeln.

      Palmström musiziert im Dunkeln.

      Und derweil er konzertiert,

      kommt die Maus hereinspaziert.

      Hinter ihr, geheimer Weise,

      fällt die Pforte leicht und leise.

      Vor ihr sinkt in Schlaf alsbald

      Palmströms schweigende Gestalt.

      II

      Morgens kommt v. Korf und lädt

      das so nützliche Gerät

      in den nächsten, sozusagen,

      mittelgroßen Möbelwagen,

      den ein starkes Roß beschwingt

      nach der fernen Waldung bringt,

      wo in tiefer Einsamkeit

      er das seltne Paar befreit.

      Erst spaziert die Maus heraus,

      und dann Palmström, nach der Maus.

      Froh genießt das Tier der neuen

      Heimat, ohne sich zu scheuen.

      Während Palmström, glückverklärt,

      mit v. Korf nach Hause fährt.

       Die weggeworfene Flinte

      Palmström findet eines Abends,

      als er zwischen hohem Korn

      singend schweift,

      eine Flinte.

      Trauernd bricht er seinen Hymnus

      ab und setzt sich in den Mohn,

      seinen Fund

      zu betrachten.

      Innig stellt er den Verzagten,

      der ins Korn sie warf, sich vor

      und beklagt

      ihn von Herzen.

      Mohn und Ähren und Cyanen

      windet seine Hand derweil

      still um Lauf,

      Hahn und Kolben …

      Und er lehnt den so bekränzten

      Stutzen an den Kreuzwegstein,

      hoffend zart,

      daß der Zage,

      noch