Über den hohen rundbogigen Arkaden des Erdgeschosses, deren Bögen von elf korinthischen Säulen getragen werden, liegt friesartig die relativ niedrige Schiffswand, deren Mosaiken die Prozession der 22 Jungfrauen (linke, nördliche Schiffswand) und der 26 Märtyrer (rechte Schiffswand) darstellen.
Die Mosaiktechnik hatte in der römischen Kunst höchste Verfeinerung und weite Verbreitung gefunden.
36 Aquileia, Dom, polychromes Fußbodenmosaik, 4. Jh.
Wie Wände und Gewölbe waren auch die Fußböden frühchristlicher Kirchen mit farbigen Inkrustationen bzw. Mosaiken geschmückt.
Frühchristliche Zentralbauten
Neben Basiliken entstanden auch Zentralbauten, die zunächst Gedenkstätten über Gräber christlicher Märtyrer waren, ähnlich den heidnischen Mausoleen (etwa dem des Hadrian - der Engelsburg, oder dem des Augustus, beide in Rom). Aber auch Baptisterien waren – funktional bedingt – Zentralbauten mit einem Taufbecken in der Mitte. Drei Typen an Zentralbauten sind zu unterscheiden: einfache Bauten über kreisförmigem Grundriss aus massivem, durch Wandnischen gegliederten Mauerwerk nach römischen Vorbildern (etwa dem Grabmal des Theoderich in Ravenna), solche mit einfachem Umgang (wie S. Costanza in Rom) und solche mit doppeltem Umgang (S. Stefano Rotondo in Rom).
Unter dem Einfluss orientalischer Bauten waren sie, anders als die Basiliken, mit Gewölben versehen.
37 Rom, S. Costanza, um 330
Von Konstantin ursprünglich als Mausoleum für seine Tochter Constantia und deren Schwester Helena gebaut, diente es schon seit dem 6. Jahrhundert als Baptisterium.
Der Bau besteht aus einer Rotunde, die eine Kuppel mit hohem Tambour (dieser mit Rundbogenfenstern) trägt. Die Rotunde ist von einem tonnengewölbten Umgang umgeben.
Der zentrale Rundbau ist durch Arkaden mit Doppelsäulen (Spolien) vom Umgang getrennt.
Von der originalen Ausstattung sind einzig die Mosaiken des Umgangs erhalten geblieben. Die jedoch lassen etwas von der Pracht der ursprünglichen Ausstattung ahnen.
38 Ravenna, Mausoleum der Galla Placidia, 425-430
Eine besondere Form des Zentralbaus ist der Bau über griechischem Kreuz. Zwei gleichlange Kreuzarme schneiden einander in der Mitte im rechten Winkel und bilden so vier gleich lange Arme, deren Schnittstelle, die Vierung, überwölbt ist. Die Kreuzarme tragen Tonnengewölbe.
Das sogenannte Mausoleum der Galla Placidia wurde auf Geheiß der Kaiserin selbst gebaut (sie war hier allerdings wohl nie begraben). Bau wie Ausstattung sind im Originalzustand erhalten. Die Mosaiken, die Gewölbe und Teile der Wand bedecken, sind die ältesten vollständig erhaltenen Ravennas. Über der Vierung wölbt sich eine Pendantifkuppel, die Kreuzarme sind tonnengewölbt.
39 Rom, S. Stefano Rotondo al Celio, geweiht unter Papst Simplicius (468-483)
Dieser älteste Rundbau Roms hatte ursprünglich einen doppelten Säulenumgang, dessen äußerer von den Armen eines griechischen Kreuzes durchschnitten wurde.
Unter Papst Innozenz (1130-1143) wurden die Vorhalle und der heute innere Säulenkranz errichtet, der den ursprünglichen zylindrischen Kern ersetzte. Ursprünglich war der Innenraum mit Mosaiken und Marmorplatten verkleidet (520-30).
40 Ravenna, S. Vitale, 547. Grundriss
Den Grundriss bildet ein Oktogon mit Umgang, einem halbrund geschlossenen Altarraum im Osten und einer quer gelagerten Vorhalle im Westen (dem Versammlungsort der Gemeinde vor dem Gottesdienst).
An S. Vitale orientierte sich etwa 250 Jahre später der Architekt der Aachener Pfalzkapelle (s. S. 53).
41 Ravenna, S. Vitale. Längsschnitt
42 Ravenna, S. Vitale, Kapitell mit geometrisch-vegetabilem Ornament
43 Istanbul, Hagia Sophia, 537 geweiht. Grundriss
Sie ist das bedeutendste Beispiel einer byzantinischen Kuppelbasilika. Der Bau stellt eine Kombination von Zentral- und Longitudinalbau dar.
44 Istanbul, Hagia Sophia. Längsschnitt
Auf dem zentralen Raum ruht über nahezu quadratischem Grundriss eine mächtige Pendantifkuppel. Mit Halbkuppeln sind die in der Längsachse anschließenden Konchen gedeckt, an die wiederum diagonal kuppelgedeckte Nischen als Widerlager angrenzen. Durch die Vielzahl an Fenstern wirkt der Raum wie von Licht durchflutet. Allein in die zentrale Kuppel sind 49 Fenster (je eines zwischen zwei Gewölbespanten) eingefügt, die durch den geringen Abstand zueinander wie ein Lichtkranz erscheinen.
Kuppelbauten blieben für die nächsten Jahrhunderte auf das oströmische Reich (Byzanz) und Kleinasien beschränkt. Im Westen entstehen die ersten eingewölbten Bauten erst wieder mit den aquitanischen Kuppelkirchen des 12. Jahrhunderts (s. S. 82).
Gegen Ende des 6. Jahrhunderts hatte der frühchristliche Kirchenbau seine Blütezeit hinter sich.
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