PAPA m.b.H.. Christoph Falbl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christoph Falbl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783902862730
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Hochzeitsreise, dass die Hochzeit vielleicht nicht die beste Idee ihres Lebens war.

      Wenn man sich schon gegen die Natur entscheidet und heiratet, dann macht man das unter einer Autobahnbrücke, auf einer Müllhalde, in einer Müllverbrennungsanlage oder in einer Schlachterei. Wenn man den Hochzeitstag so unangenehm und ästhetisch unbefriedigend wie möglich hinbekommt, dann wirken zumindest die unmittelbaren Tage danach schon viel besser. Man könnte sich damit vortäuschen, dass eine Ehe besser wird, je länger sie hält, und damit der Evolution und allen wissenschaftlichen Daten und Erfahrungen symbolisch den Mittelfinger zeigen.

      Wenn es um langfristige monogame Beziehungen und ein regelmäßiges Sexleben geht, haben wir Männer einen fast unbesiegbaren Gegner: Das Kind.

      Das Kind – ein Kämpfer für die Natur und Evolution. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Nachgeben und der Natur Rechnung tragen, indem Mann seine Gene an möglichst viele Weibchen weitergibt. Kann Spaß machen, gibt massive Probleme mit der Gattin und ist überdies meist noch teurer als eine monogame Beziehung. Das ist nur scheinbar der »einfache« Weg und für mich der Weg der Schwächlinge. Wahre Männer und Helden stellen sich der Schlacht und kämpfen mit allen erdenklichen Mitteln einen heldenhaften Kampf gegen die Evolution und verteidigen ihr Recht auf Sex mit der Ehefrau und Mutter der Kinder bis in den Tod.

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      Regenschirm & Sexspielzeug

      Weil eine der unangenehmsten Erfahrungen wenn man plötzlich Kinder hat, ist die Tatsache, dass jegliches Liebesleben der Eltern zu einem komplexen Projekt wird. Vorbei sind die Zeiten der freien Liebe in den eigenen vier Wänden. Keine Chance mehr für spontane Liebesakte in jedem Winkel der Wohnung. Kaum entwickelt sich zwischen Mann und Frau auch nur ein Hauch erotischer Spannung, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, meldet sich auf wundersame Weise sofort das Kind. Zuerst, bevor es laufen kann, durch unbarmherziges Brüllen aus dem Kinderbett, später dann, viel unangenehmer und peinlicher, durch überraschende Besuche und oscarreife Auftritte im elterlichen Schlafzimmer.

      Richtig unangenehm wird es, wenn die Tante Hertha mit der vierjährigen Tochter überraschend zwei Stunden früher vom Ausflug zurückkommt, ausgerechnet während meine Frau und ich gerade Technik 34 aus dem Buch »Kamasutra für Eheleute« auf dem Küchentisch ausprobieren. Sowohl Tante Hertha als auch Tochter Rita begreifen nicht alles sofort, außer vielleicht, dass Mami und Papa zwar gerade eine Art Nudelgericht zubereiten, dieses aber rein gar nichts mit italienischer Küche zu tun hat.

      Um solche Momente der Scham und des Entsetzens zu vermeiden, müssen Eheleute mit Kindern ihre Schäferstündchen so akribisch planen wie eine Rucksacktour durch den Jemen oder Afghanistan. Klar, ganz am Anfang sind die kleinen Rabauken angeblich immer »das Schönste, das in unserem Leben bisher passiert ist«. Dieses Gefühl hält im Durchschnitt bis zu 72 Stunden an, nachdem Mama und ihr kleiner Schatz frisch aus dem Krankenhaus entlassen nach Hause gekommen sind.

      Dann holt uns die Realität schnell ein. Fütterungsintervalle, Futterzubereitung, völlig irrationales Schlafverhalten und andere, von der Natur aus irgendeinem sadistischen Grund entwickelte, Realitäten prüfen schnell, wie groß die Liebe der Eltern zum Kind ist. Für die Eltern gibt es aber – und zwar in allen Zeiten der Kindererziehung – einen großen Rettungsschirm. Quasi den heiligen Gral des Familienlebens, der immer in Momenten größter Verzweiflung aus dem Altar geholt wird. Es ist kein Gefäß, kein Pokal und kein Relikt. Es ist die verzweifelt gestöhnte gegenseitige Aufmunterung und verbalisierte letzte Hoffnung: »Das ist nur eine Phase. Das geht vorbei, wenn sie älter sind!«

      Rein technisch ist das sogar wahr, aber das Problem ist immer, dass, wenn die aktuelle Foltermethode der Kinder plötzlich nicht mehr im Trend und damit vorbei ist, sofort – und ohne jede Übergangszeit – das nächste Werkzeug aus dem Schrank der Grausamkeiten ausgepackt wird. Eine der härtesten Foltermethoden – und damit erfolgreichsten – ist dann eben die beinharte Verhinderung jeglicher erotischer Aktivitäten der Eltern.

      Fast unbeherrschbar wird das Problem vor allem dann, wenn die Kinder lernen, auf eigenen Beinen aus dem Bett zu kriechen und zu laufen. Bis dahin völlig unüberwindbare Barrieren werden plötzlich zu lässig belächelten Fehlversuchen der Eltern, das eigene Schlafzimmer zu verbarrikadieren.

      Ich verstehe Eltern nicht, die sich so unglaublich freuen, wenn ihre Kleinen möglichst früh zu laufen anfangen. Ich, als erfahrener Vater, der schon mit Sohn Emil alles durchgemacht hatte, wusste genau, was zu tun war. Als unsere Tochter Rita Anstalten machte, die ersten Male selbst aufzustehen und erste wackelige Schritte zu tun, habe ich alles versucht, um den Moment zu verzögern. Ich habe den Parkettboden gewachst und mich diebisch gefreut, als sie minutenlang probierte aufzustehen, aber ihre kleinen Füße – an denen ich die rutschfesten Socken mit Wollsocken ausgetauscht hatte – immer wieder wegrutschten. Wie ein junges Reh, das versucht auf einem zugefrorenen Teich zum ersten Mal aufzustehen, fiel sie immer wieder in ihre Ausgangsposition zurück. Irgendwann gab sie dann entnervt auf und zog es vor, weiter zu krabbeln.

      Ich hatte wieder ein paar Tage gewonnen. Allerdings keinen Sex, denn meine Frau kam mir auf die Schliche und erklärte mir brutal: »Sex gibt’s erst wieder, wenn die Marita auf eigenen Beinen stehen und mindestens drei Schritte gehen kann.«

      Es ließ sich also nicht verhindern und irgendwann konnte Rita nicht nur aufstehen, sondern auch gehen, völlig egal wie rutschig der Untergrund war oder welche Hindernisse es zu überwinden galt. Schnell wurde dann auch meiner Frau klar, dass das zwar schön für Rita, aber der Todesstoß für unser Liebesleben sein würde. Mit unglaublicher Präzision wählte unsere Tochter immer genau jene Momente, um Angst vor Monstern, Einhörnern und Peter Pan zu haben, in denen Papi gerade versuchte für Mama das Einhorn zu spielen. Schnell wurde uns klar, dass, wenn meine Frau und ich auf erotische Abenteuer Wert legten, wir diese generalstabsmäßig planen mussten.

      Aber, wie immer im Leben, selbst die besten Pläne werden regelmäßig vom realen Leben überrollt und obsolet gemacht. Wir dachten damals, alles wird perfekt. Emil war bei einem Freund und sollte dort auch übernachten. Wir waren mit Rita schon am Vormittag bei einer Geburtstagsparty einer Kindergartenfreundin in einem Indoor-Spielplatz. Die Kinder tobten herum und fanden kaum eine ruhige Minute. Das Mittagessen zogen wir zu einem eineinhalbstündigen Event hinaus, der nach einer kurzen Gesichtsbemalungsaktion gleich in die Jause überleitete. Wir hatten nur ein Ziel: Den Nachmittagsschlaf verhindern und den unausweichlichen körperlichen Zusammenbruch unserer Tochter bis in die frühen Abendstunden hinauszuschieben. Dann noch das Versprechen auf die unglaublichsten Süßigkeiten zum Abendessen, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie wach bleiben würde. Als abschließendes Highlight eine Barbie-DVD.

      Unsere Tochter war immer eine Kämpferin. Sie tat alles, um es zu schaffen. Als sie dann um halb sechs mit Barbie-Haarklammern versuchte ihre Augenlider an die Augenbrauen zu klammern, hatten wir Erbarmen. Mit einer Schaumrolle in der Hand schlief sie selig vor dem Bildschirm ein.

      Wir triumphierten. Ein grandioser Abend voller Erotik und Liebestaumel stand uns bevor. Als Mann muss ich zugeben, dass dieser ganze Projektaufwand einen Vorteil hatte. Ein lieber Freund hatte mich überredet einmal was – seiner Meinung nach – wirklich Cooles zu probieren. Das war der perfekte Abend dafür. Ja, ich gebe es zu, es geht um die berühmten blauen Pillen. So sind wir Männer. Man muss das mal probieren. Und ja, einmal habe ich es getan, also gut vielleicht auch zweimal oder dreimal ... ist doch nicht so wichtig jetzt. Man muss nur wissen, dass man diese Pillen in einem bestimmten Zeitfenster nehmen sollte. Also mindestens circa 60 Minuten vor dem großen Moment. Da war es natürlich perfekt, den erotischen Höhepunkt des Abends wegen der Kinder vorab planen zu müssen.

      Die Wirkung des pharmazeutischen Liebeshelfers hält mindestens 4–6 Stunden, manchmal auch länger an. Man sollte also vermeiden sie zu spät in der Nacht oder gar vielleicht am frühen Morgen zu nehmen. Vor allem wenn man, wie ein guter Freund von mir, seinem 8-jährigen Sohn versprochen hat, ihn am nächsten Vormittag verkleidet zum Faschingsfest in der Schule zu begleiten. Insbesondere dann, wenn das Kostüm vom Papa ein hautenger Batman-Anzug