Und auch hier die Thür aufstoßend, lief er in den Hof hinaus, und die bestürzten Kleriker gingen hinter ihm her. So stürzten alle zusammen in den Schuppen, wo sie die Pferde sofort zu satteln begannen. Vergeblich eilte Macko dem Abte nach, vergeblich bat und flehte er, vergeblich schwur er bei Gott, daß er keine Schuld trage – es half nichts. Der Abt wetterte, verfluchte das Haus, die Bewohner, den Grund und Boden, und als sein Pferd vorgeführt ward, sprang er rasch hinauf, ohne sich der Steigbügel zu bedienen, und ritt im Galopp davon, wobei der Wind seine weiten Aermel aufblähte, sodaß sie aussahen wie riesenhafte rote Vögel. In Angst und Schrecken jagten die Kleriker hinter ihm her, gleich einer Herde, die nicht hinter dem Hirten zurückbleiben will.
Macko schaute ihm einige Zeit nach, bis sie im Walde verschwanden, dann kehrte er langsam in die Stube zurück und sagte zu Zbyszko, traurig das Haupt schüttelnd: »Da hast Du etwas Schönes angerichtet.«
»All dies hätte nicht vorfallen können, wenn ich zeitig weggeritten wäre, und daß ich es nicht that, daran seid Ihr schuld!«
»Wieso bin ich schuld?«
»Ei, weil ich Euch, den Kranken, nicht verlassen wollte.«
»Und wie wird es nun werden?«
»Jetzt mache ich mich auf den Weg.«
»Wohin?«
»Nach Masovien zu Danusia, und die Pfauenbüsche erobere ich mir bei den Deutschen.«
Macko schwieg einen Augenblick, dann sagte er: »Die Schrift übergab er mir ja, aber die Schuld ist auch im Pfandbuche eingetragen. Und er wird uns jetzt keinen Skotus schenken.«
»Mag er thun, was er will. Ihr habt ja Geld, und ich brauche unterwegs keines. Man wird mich überall aufnehmen und dem Pferde Futter geben, und habe ich nur einen Panzer auf dem Leibe, ein Schwert zur Hand, so kümmere ich mich um nichts!«
Macko erwog jetzt im Stillen das Geschehene. Nichts war nach seinem Sinne, nichts nach seinem Herzen gegangen. Wiewohl er aber von ganzer Seele wünschte, daß Jagienka Zbyszkos Weib werde, begriff er doch, daß dies eine vergebliche Hoffnung war. Auch dachte er, daß es wegen des Abtes, auch wegen Zych und Jagienka und schließlich wegen der Kämpfe mit Cztan und Wilk besser sei, wenn Zbyszko sich entferne, um nicht die Ursache weiterer Händel, weiterer Streitigkeiten zu sein.
»Ha,« sagte er schließlich, »gegen die Kreuzritter mußt Du ohnedies ausziehen, wissen wir uns also nicht anders Rat zu schaffen, so brichst Du sofort auf. Möge alles geschehen, wie es unser Herr Jesus will. Aber ich werde sogleich nach Zgorzelic fahren, vielleicht kann ich Zych und den Abt versöhnen. Besonders um Zychs willen beklage ich den Zwist.«
Hier blickte er Zbyszko scharf an und fragte plötzlich: »Und Du, beklagst Du ihn nicht um Jagienkas willen?«
»Möge ihr Gott Gesundheit verleihen und alles Gute zu teil werden lassen!« antwortete Zbyszko.
Dritter Teil.
Erstes Kapitel.
Einige Tage wartete Macko geduldig auf Nachricht aus Zgorzelic, vornehmlich darüber, ob der Abt sich wieder beruhigt habe, bis er schließlich dieser Ungewißheit überdrüssig ward und beschloß, sich zu Zych zu begeben. Alles, was geschehen war, war ohne seine Schuld geschehen, indessen wollte er wissen, ob Zych auch gegen ihn Groll hege, denn was den Abt anbelangte, so zweifelte er nicht daran, daß dessen Zorn von nun an schwer auf Zbyszko und auf ihm lasten werde. Gleichwohl wollte er alles thun, was in seiner Macht stand, um seinen Verwandten zu besänftigen und den gestörten Frieden wieder herzustellen. So überlegte er denn schon unterwegs, was er in Zgorzelic sagen wolle, um das Mißverständnis aufzuklären und die alten nachbarlichen Beziehungen aufrecht zu erhalten. Doch seine Gedanken schweiften immer ab, und er war froh, als er anlangte und Jagienka allein traf.
Sie empfing ihn ebenso freundschaftlich wie sonst, verneigte sich und küßte ihm die Hand, sah aber ein wenig traurig aus.
»Ist Dein Vater zu Hause?« fragte er.
»Er ist mit dem Abte auf die Jagd gegangen. Wann sie zurückkehren, weiß ich nicht.«
So sprechend, führte sie ihn in die Stube, wo sie schweigend einige Zeit beisammen saßen. Dann nahm sie zuerst wieder das Wort: »Ihr langweilt Euch wohl, seitdem Ihr allein in Bogdaniec seid?«
»Ja,« erwiderte Macko. »Und Du weißt also schon, daß Zbyszko wieder in die Ferne gezogen ist?«
Jagienka seufzte leise.
»Ich weiß es,« sagte sie. »Ich wußte es schon am nämlichen Tage, und ich glaubte, er werde bei uns eintreten, um noch ein Abschiedswort zu sagen, aber er ist nicht gekommen.«
»Wie hätte er anders handeln können?« entgegnete Macko, »der Abt hätte ihn ja dann in Stücke zerrissen, und auch Dein Vater würde ihn nicht freundlich aufgenommen haben.«
Sie aber schüttelte den Kopf und sagte: »O ich hätte es nicht zugelassen, daß er von jemand gekränkt worden wäre.«
Obwohl nun Macko nicht weichherzig war, rührte ihn dies tief; er zog Jagienka zu sich heran und rief: »Gott sei mit Dir, Mädchen! Deine Kümmernisse sind auch die meinen, denn ich sage Dir nur das eine, daß weder der Abt noch Dein leiblicher Vater Dich mehr lieben kann, als ich Dich liebe. Wie gerne würde ich an der Wunde sterben, welche Du geheilt hast, wenn er Dich nähme und keine andere.«
Für Jagienka aber war jener Augenblick gekommen, da man Kummer und Leid nicht länger in sich zu verschließen vermag, und sie antwortete: »Ich werde ihn niemals wiedersehen, und wenn ich ihn wiedersehe, wird er Jurands Tochter an seiner Seite haben, zuvor aber werde ich mir die Augen ausweinen.«
Und sie verhüllte ihr Gesicht mit der Schürze, in ihren Augen standen helle Thränen.
Aber Macko entgegnete: »Sei nur ruhig! Wohl ist er in die Ferne gezogen, weil er nicht anders konnte, doch Gott in seiner Gnade wird uns beistehen, so daß er nicht mit Jurands Tochter zurückkehrt.«
»Weshalb sollte er ohne sie zurückkehren?« fragte Jagienka unter ihrer Schürze hervor.
»Weil ihm Jurand die Tochter nicht geben will.«
Nun zeigte Jagienka plötzlich ihr Gesicht wieder und sagte lebhaft: »Er erzählte es mir! Aber ist es auch wahr?«
»So wahr wie Gott im Himmel ist!«
»Und warum?«
»Kein Mensch weiß es! Vielleicht ist er durch irgend etwas gebunden, vielleicht durch ein Gelübde, und dem ist nicht abzuhelfen. Zbyszko gefiel ihm, zumal er sich anheischig gemacht hatte, mit Jurand Rache an dessen Feinden zu nehmen, aber auch dies half nichts. Umsonst war auch die Brautwerbung der Fürstin Anna. Weder auf Bitten, noch auf Vorstellungen, noch auf Befehle wollte Jurand hören. Er sagte, er könne nicht anders. Nun, offenbar ist ein Grund vorhanden, daß er nicht anders kann, auch ist er ein starrsinniger Mensch, welcher das, was er einmal gesagt hat, aufrecht erhält. Also verliere Du nicht den Mut, Mädchen, und bleibe standhaft. Um seine Pflicht zu erfüllen, mußte der Knabe in die Ferne ziehen, denn die Pfauenbüsche hat er jener andern in der Kirche eidlich versprochen. Sie hat ihn mit ihrem Schleier bedeckt, zum Zeichen, daß sie ihn zum Gatten nehmen wolle, sonst hätte sein Haupt fallen müssen – dafür ist er ihr Dank schuldig – das ist nicht zu leugnen. Wenn es Gottes Wille ist, wird sie nicht die Seine werden, aber tatsächlich hat sie ein Recht auf ihn. Zych ist ihm nun gram, der Abt wird sich gewiß auf furchtbare Art rächen und ich selbst bin unwillig über den Burschen, aber alles in allem genommen, was sollte er machen? Da er jenem Mädchen