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Markus Kompa
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THRILLER
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ISBN 978-3-86489-622-4
© Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2016
Umschlag: pleasant_net, Büro für strategische Beeinflussung
Satz und Datenkonvertierung: Publikations Atelier, Dreieich
Inhaltsverzeichnis
Dienstag, 25.06.2013, 11:43 Uhr
Mittwoch, 26.06.2013, 9:20 Uhr
Donnerstag, 27.06.2013, 9:02 Uhr
Sonntag, 22.09.2013, 21:45 Uhr
Montag, 24.06.2013
Von: 1MAD
An: 1BND, 1BfV
Videokonferenz, heute 21:30 Uhr
Die SMS auf ihrem Krypto-Handy hatte ihr gerade noch gefehlt. Bedeutete sie doch nichts anderes, als dass sie, Dr. Ellen Strachwitz, die Präsidentin des Bundesamts für Verfassungsschutz, ihren Feierabend zu früh begonnen hatte und wieder zurück in die Zentrale musste. Noch nie hatte der Chef des Amtes für Militärischen Abschirmdienst, kurz MAD genannt, um eine kurzfristige Videokonferenz mit seinen Präsidentenkollegen gebeten. Da sich die Häuptlinge der drei deutschen Geheimdienste am Folgetag ohnehin wie jeden Dienstag im Bundeskanzleramt zur »Präsidentenlage« trafen, schien es 1MAD definitiv wichtig zu sein. Ellen vermutete, dass es um die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden gehen würde, der seit gut drei Wochen die Geheimdienstwelt in Atem hielt. Gerade war Snowden auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo gelandet.
Gegenüber den Personenschützern und den Pförtnern gab sich Ellen notgedrungen die Blöße und setzte ihre Brille auf, die maximale Tragedauer ihrer Kontaktlinsen war inzwischen erreicht. Wenigstens waren die Flure des zickzackförmigen Gebäudekomplexes in Köln-Chorweiler um diese Uhrzeit leer. Von hier aus wachte der Inlandsgeheimdienst zumindest tagsüber mit seinen rund dreitausend Mitarbeitern über die Verfassungstreue der Deutschen. Im fensterlosen Raum neben Ellens Büro, abgeschirmt gegen jede bekannte Überwachungstechnik, leuchtete auf den Monitoren das Datum: 26.06.2013, 21:29 Uhr. Mit militärischer Pünktlichkeit erschienen dort beinahe synchron die Gesichter ihrer beiden Amtskollegen. Dr. Jens Fricke, der ergraute Leiter des Bundesnachrichtendienstes (BND), begrüßte wie stets kavalierhaft zuerst förmlich die Dame, dann jovial seinen Duzfreund Malte Lehr.
Der MAD galt vielen als der unheimlichste der drei Dienste, vor allem deshalb, weil in der Öffentlichkeit so gut wie nichts über ihn bekannt war. Der Presse war der MAD fast fünf Jahrzehnte gar nicht zugänglich gewesen, erstmals diesen Februar hatte der MAD-Chef ein Interview gewährt. Die Aufgabe, die Zuverlässigkeit der Bundeswehrsoldaten zu überwachen und Fanatiker von den Waffenkammern fernzuhalten, war auch deutlich unspektakulärer als die Jagd auf Agenten und das Spionieren in exotischen Ländern. In den Siebzigerjahren hatte der MAD den Rücktritt des eigenen Verteidigungsministers verursacht, nachdem der Dienst eigenmächtig dessen Sekretärin abhörte. Ein weiterer Verteidigungsminister bot in den Achtzigerjahren seinen Rücktritt an, nachdem der MAD einen US-kritischen General mit Gerüchten über seine Homosexualität in damals erheblichen Misskredit brachte. Nach Ende des Kalten Krieges mussten die uniformierten Agentenjäger zähneknirschend zur Kenntnis nehmen, dass ein inzwischen verstorbener stellvertretender MAD-Kommandeur selbst ein Doppelagent des Ostens gewesen war. Im Zuge der NSU-Affäre geriet der MAD ins Zwielicht, weil er im rechtsextremen Thüringer Heimatschutz nicht weniger als zwölf V-Leute geführt und einen davon lange verschwiegen hatte. Und jetzt schien erneut etwas so sehr zu brennen, dass es keinen Aufschub duldete.
»Guten Abend. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, begrüßte der drahtige Generalmajor Malte Lehr seine Amtskollegen. »Ich möchte Sie vor unserer morgigen Sitzung mit Bogk schon vorab über ein Problem mit einem KSK-Soldaten informieren. Ich werde jetzt unter uns ein bisschen offener sprechen, als ich es morgen in Anwesenheit von Bogk und Irion tun werde.« Eine offenbar erwartete Reaktion seiner beiden Zuhörer blieb aus. »Heute Vormittag haben wir beobachtet, dass der bislang äußerst zuverlässige Soldat KSK 656 den Enthüllungsjournalisten Michael Reinecke in der Berliner Redaktion des ›Komet‹ aufgesucht hat, um ihm eine Story anzubieten. Er wurde auf sein heftiges Drängen hin zu Reinecke vorgelassen. KSK 656 behauptete Reinecke