SEELENHANDEL
ein Roman von
Kealan Patrick Burke
aus dem Englischen übersetzt von
Nicole Lischewski
This Translation is published by arrangement with Kealan Patrick Burke
Title: CURRENCY OF SOULS. All rights reserved.
Diese Geschichte ist frei erfunden. Sämtliche Namen, Charaktere, Firmen, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Begebenheiten sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder wurden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Ereignissen oder Schauplätzen ist rein zufällig.
Impressum
Deutsche Erstausgabe
Originaltitel: CURRENCY OF SOULS
Copyright Gesamtausgabe © 2015 LUZIFER-Verlag
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Nicole Lischewski
ISBN E-Book: 978-3-95835-046-5
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
SAMSTAGABEND IN EDDIE’S TAVERNE
1
Eddie‘s Taverne.
Hierher komme ich, um meinen Schmerz zu vergessen. Davon gibt es hier so viel, anderen Schmerz als meinen, dass es mir dadurch besser gehen sollte – aber das tut es nicht.
Und trotzdem bin ich hier, so wie üblich. Samstagabend im Eddie’s.
Draußen gibt es kein Neonschild, keine Reklame dafür, dass dies ein Ort ist, an den man geht, um seinen Kummer zu ertränken – und das macht Sinn, denn Kummer wird hier nicht ertränkt, nicht wirklich, sondern nur begossen und für eine Weile verdrängt.
Ein nikotingefärbter Fingernagel von Mond schaut zu, wie ich aus meinem Truck steige, darüber nachdenke, wie sich mein gegen den Gürtel pressender Bauch anfühlt, und die Tür hinter mir zudrücke. Ich werde fett und nehme an, dass ich wohl nicht erwarten kann, davon überrascht zu sein – ebenso wenig wie vom Tod und dem Steuerbescheid, wie man hier so sagt. Wenn ein Mann so viel Chili isst wie ich, ohne es mit ein paar Sprintrunden um die Scheune abzuarbeiten, tja … Gewicht verschwindet nicht von alleine.
Ich nehme den Weg zur Kneipentür und sehe, wie sich hinter dem rauchigen Glas bleiche Kugeln in meine Richtung drehen. Nichts entgeht diesen Typen, sei es leise oder nicht. Die Tür quietscht nicht, obwohl sie alt genug ist, um sich diesen Luxus verdient zu haben. Stattdessen seufzt sie. Ich seufze auch, aber ich teile das Bedauern der Tür nicht. Ich bin bloß froh, aus der Kälte raus und unter Freunden zu sein, auch wenn sie mich nicht so sehen. Obwohl ich sie im tiefsten Dunkel der Nacht, wenn Schlaf nur eine blasse Erinnerung ist, auch nicht wirklich als Freunde ansehe.
Die üblichen Personen sind da.
Die blasse, geschmeidige Frau mit einer Figur, die aus Seife hätte geschnitten sein können, ist Gracie. Sie hat die Kneipe von ihrem Daddy geerbt und sieht sie weniger als ein Geschenk als einen weiteren Fluch auf der langen Liste eines Mannes an, der sein Dasein dazu verschrieben hatte, ihr das Leben zur Hölle zu machen. Ihr die Bar zu hinterlassen, war seine Art sicherzustellen, dass sie genau da bleiben würde, wo er sie haben wollte: in einem heruntergekommenen Loch, ohne jegliche Zukunftsaussichten, und von Freunden umgeben, die nicht die ihren waren. Gracie hat keinerlei Liebe für andere übrig, am wenigsten für sich selbst. Sie hat immer noch ihr gutes Aussehen, auch wenn das jeden Tag etwas mehr verblasst, und sie würde sofort von hier weggehen, wenn sie glauben könnte, dass die Großstadt sie aufnehmen würde. Das würde sie wahrscheinlich, da bin ich mir sicher. Sie aufnehmen, zermürben und ausspucken, damit sie tausend Meilen von Zuhause entfernt auf irgendeinem mit Hundescheiße verkrusteten Gehweg sterben kann. Wahrscheinlich ist, dass ein hübsches Mädchen wie sie, mit so wenig Erfahrung in der Welt, schließlich als vermisst gemeldet werden oder sich im Hinterzimmer einer verkommenen Stripteasebar verkaufen würde, um sich ihr Heroin leisten zu können. Nein, ein Mädchen wie Gracie war hier besser aufgehoben, beim Polieren von Gläsern, die vor Dreck derart milchig bleiben, dass man fast erwartet, Rauch aus ihnen aufsteigen zu sehen, wenn sie sie hochhebt. Sie mag unglücklich sein, aber ich denke, das liegt an ihr. Der Einfluss ihres herrischen Vaters ist nur eine Ausrede. Schließlich ist er tot und liegt draußen begraben. Nichts hindert sie daran, diese Absteige zu verkaufen – außer vielleicht dem brennenden Bedürfnis, sich vor seinem Geist zu beweisen.
Ein nackter Mann sitzt an der Theke. Das ist Cobb. Cobb behauptet, dass er ein Nudist ist und darauf wartet, dass der Rest seiner Kolonie kommt und sich dafür entschuldigt, ihn so schlecht behandelt zu haben. Was genau sie ihm angetan haben, ist unklar, aber er wartet jetzt schon fast drei Jahre – weshalb die meisten von uns glauben, dass er das nicht mehr erleben wird. Cobb hat große Ohren, einen breiten Mund und eine Linie rauer grauer Haare, die vom Genick bis zur Spalte an seinem knochigen Arsch reicht. Er sieht aus wie ein verkaterter Werwolf, der mitten in seiner Umwandlung steckengeblieben ist, und kennt nur vier Witze. Egal, wie oft er sie erzählt – seine Begeisterung ist unvermindert.
»Sheriff …«, sagt er mit einem breiten Grinsen. Dann kommt schon der Erste: »Ein Seemann und ein Pinguin gehen in eine Bar …«
»Du wirst die Hintertür nehmen müssen«, antworte ich mit seiner eigenen Pointe.
»Mist … Hab ich dir den schon erzählt?«
»Ein oder zwei Mal.«
Zwei Barhocker weiter sitzt Wintry McCabe, ein zwei Meter großer Riese von einem Mann, der die ganze Stube mit einem Niesen vermutlich bis in den nächsten Staat blasen könnte. Aber er ist stumm, weswegen man Pech hätte, wenn man auf eine Warnung davor warten würde. Gracie hat ihn mal gefragt, wie er seine Stimme verloren hat. Da fanden wir heraus, dass er wahrscheinlich nicht viel sagen würde, selbst wenn er reden könnte. Oben, in den engen weißen Freiraum unter der Schlagzeile des Milestone Messenger (unser wöchentliches Schmierblatt), schrieb er in blauer Tinte und mit kindlicher Schrift: DIE BUCHT HAT MICH DIE WORTE GEKOSTET. Dann lächelte er, trank sein Glas aus und ging. Nachdem er weg war, spekulierten wir darüber, was diese neue und fesselnde Überschrift im Messenger bedeuten mochte. Cobb nimmt an, dass Wintry bei einem Angel- oder Bootsunfall seine Zunge verloren hat. Florence meint, dass er etwas getan hat, das gegen seinen Glauben gewesen war, weswegen er zur Buße einen Schweigeschwur ablegen musste. Kadaver glaubt, dass Wintry im Knast war, »eingebuchtet« wurde und dass ihn dort jemand seiner Zunge entledigt hat. Das ist auch die Theorie, zu der ich neige. Er sieht wie ein Mann mit Geheimnissen aus, von denen keins gut ist. Aber Wintry hat zu dem Thema nie eine Klarstellung angeboten; seitdem hat er keine Nachricht mehr geschrieben und er öffnet seinen Mund