Porzia.
Zu lang geweilt für das, was Ihr da findet.
Arragon.
Was gibt's hier? Eines Gecken Bild, der blinzt
Und mir 'nen Zettel reicht! Ich will ihn lesen.
O wie so gar nicht gleichst du Porzien!
Wie gar nicht meinem Hoffen und Verdienst!
«Wer mich erwählt, bekommt soviel, als er verdient.»
Verdient ich nichts als einen Narrenkopf?
Ist das mein Preis? Ist mein Verdienst nicht höher?
Porzia.
Fehlen und richten sind getrennte Ämter,
Und die sich widersprechen.
Arragon.
Was ist hier?
«Siebenmal im Feur geklärt
Ward dies Silber: so bewährt
Ist ein Sinn, den nichts betört.
Mancher achtet Schatten wert,
Dem ist Schattenheil beschert;
Mancher Narr in Silber fährt,
So auch dieser, der Euch lehrt:
Nehmet, wen Ihr wollt, zum Weib
Immer trägt mich Euer Leib.
Geht und sucht Euch Zeitvertreib!»
Mehr und mehr zum Narrn mich macht
Jede Stunde hier verbracht.
Mit einem Narrenkopf zum Frein
Kam ich her und geh mit zwein.
Herz, leb wohl! was ich versprach,
Halt ich, trage still die Schmach.
(Arragon mit Gefolge ab.)
Porzia.
So ging dem Licht die Motte nach!
O diese weisen Narren! wenn sie wählen,
Sind sie so klug, durch Witz es zu verfehlen.
Nerissa.
Die alte Sag ist keine Ketzerei.
Daß Frein und Hängen eine Schickung sei.
Porzia.
Komm, zieh den Vorhang zu, Nerissa.
Ein Bedienter kommt.
Bedienter.
Wo ist mein Fräulein?
Porzia.
Hier; was will mein Herr?
Bedienter.
An Eurem Tor ist eben abgestiegen
Ein junger Venezianer, welcher kommt,
Die nahe Ankunft seines Herrn zu melden,
Von dem er stattliche Begrüßung bringt;
Das heißt, nebst vielen artgen Worten, Gaben
Von reichem Wert; ich sahe niemals noch
Solch einen holden Liebesabgesandten.
Nie kam noch im April ein Tag so süß,
Zu zeigen, wie der Sommer köstlich nahe,
Als dieser Bote seinem Herrn voran.
Porzia.
Nichts mehr, ich bitt dich; ich besorge fast,
Daß du gleich sagen wirst, er sei dein Vetter;
Du wendest solchen Festtagswitz an ihn.
Komm, komm, Nerissa; denn er soll mich freun,
Cupidos Herold, so geschickt und fein.
Nerissa.
Bassanio, Herr des Herzens! laß es sein.
(Alle ab.)
DRITTER AUFZUG
ERSTE SZENE
Venedig. Eine Straße
Solanio und Salarino treten auf
Solanio.
Nun, was gibt's Neues auf dem Rialto?
Salarino.
Ja, noch wird es nicht widersprochen, daß dem Antonio sein Schiff von reicher Ladung in der Meerenge gestrandet ist. Die Goodwins, denke ich, nennen sie die Stelle: eine sehr gefährliche Sandbank, wo die Gerippe von manchem stattlichen Schiff begraben liegen, wenn Gevatterin Fama eine Frau von Wort ist.
Solanio.
Ich wollte, sie wäre darin eine so lügenhafte Gevatterin, als jemals eine Ingwer kaute oder ihren Nachbarn weismachte, sie weine um den Tod ihres dritten Mannes. Aber es ist wahr – ohne alle Umschweife, und ohne die gerade, ebne Bahn des Gespräches zu kreuzen – daß der gute Antonio, der redliche Antonio – o daß ich eine Benennung wüßte, die gut genug wäre, seinem Namen Gesellschaft zu leisten! –
Salarino.
Wohlan, zum Schluß!
Solanio.
He, was sagst du? – Ja, das Ende ist, er hat ein Schiff eingebüßt.
Salarino.
Ich wünsche, es mag das Ende seiner Einbußen sein.
Solanio.
Laßt mich beizeiten Amen sagen, ehe mir der Teufel einen Querstrich durch mein Gebet macht; denn hier kommt er in Gestalt eines Juden.
Shylock kommt.
Wie steht's, Shylock? Was gibt es Neues unter den Kaufleuten?
Shylock.
Ihr wußtet, niemand besser, niemand besser als Ihr um meiner Tochter Flucht.
Salarino.
Das ist richtig; ich meinerseits kannte den Schneider, der ihr die Flügel zum Wegfliegen gemacht hat.
Solanio.
Und Shylock seinerseits wußte, daß der Vogel flügge war; und dann haben sie es alle in der Art, das Nest zu verlassen.
Shylock.
Sie ist verdammt dafür.
Salarino.
Das ist sicher, wenn der Teufel ihr Richter sein soll.
Shylock.
Daß mein eigen Fleisch und Blut sich so empörte!
Solanio.