Leni Behrendt 6 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740931841
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lachen mußte. Das war doch mal etwas anderes nach dem Trott ihrer sonstigen Tage.

      Immer unternehmungslustiger wurde sie. Jagte alle sorgenvollen Gedanken, die sich hervorwagen wollten, davon und genoß dieses seltsame Erlebnis mit ganzem Herzen.

      Na was, passieren konnte ihnen ja nichts Ernstliches. Wenn sie keine Unterkunft fanden, gingen sie eben zum Auto zurück, das einigermaßen Schutz bot. Warme Decken waren auch vorhanden, in die man sich hüllen konnte, also würde man schon nicht erfrieren. Dazu barg der Autokoffer eine Flasche Kognak für alle Fälle – und das Essen – nun, das mußte man sich eben verkneifen, bis man eine Unterkunft gefunden hatte. Ewig würde dieses Schneetreiben ja nicht dauern. Wenn es nachließ, war die Sicht besser – und dann müßte es doch mit dem Kuckuck zugehen, wenn man nicht einen Unterschlupf finden sollte!

      Doch vorläufig galt es, noch manche Schneeschanze zu nehmen, sich schrittweise durch den Sturm zu kämpfen – bis Almut plötzlich stehenblieb, sich die Schneeflocken von den Wimpern wischte und dorthin zeigte, wo sich auf einem kleinen Berg so etwas Ähnliches wie ein Dach abhob. Zwar war es rund, darüber ragte etwas in die Luft, hoch und steil.

      »Schau mal, Möpschen, ist das nun ein Dach oder nicht?« frohlockte Almut, worauf sie die skeptische Antwort erhielt: »Hoffentlich ist es kein Wasserturm.«

      »Dann müssen bestimmt Häuser in der Nähe sein. Komm, pirschen wir uns heran.«

      Sie stampften noch eine kurze Strecke durch den Schnee und standen dann vor einer steingemauerten Pforte, die eine eisenbeschlagene Tür fest verschloß. Anschließend zog sich eine hohe Steinmauer dahin, soweit das Auge reichte.

      »Nun stehen wir da, wie vor der verschlossenen Pforte des Paradieses«, sagte Adele elegisch. »Wenn alle Stränge reißen, müssen wir den Zaun überklettern.«

      »Ich würde es zur Not schaffen«, lachte Almut. »Aber du, Möpschen –? Doch schau mal dorthin –«, zeigte sie auf den Torpfeiler, wo ein Drachenkopf angebracht war, der seine abscheuliche, aus Bronze geformte Zunge herausstreckte. »Soll ich mal daran ziehen, Möpschen?«

      »Wenn du den Mut dazu hast –«

      Almut ergriff die Zunge, die sich noch weiter herausziehen ließ – und schon öffnete sich die feste Tür wie von Geisterhand bedient – und kaum hatten die Damen sie durchschritten, fiel sie wieder zu.

      »Bums –«, sagte Adele verblüfft. »Das nennt man gefangen. Hoffentlich sind wir keiner Verbrecherbande in die Hände gefallen, die Lösegeld für uns verlangen.«

      »Das wäre riesig interessant«, lachte Almut unbekümmert. »Adalbert würde schön toben, wenn er sein Portemonnaie weit öffnen müßte. Dann kehrten wir stolzgeschwellt nach Hause zurück und wären die Helden des Tages.

      Aber nun komm, Möpschen, sehen wir der Gefahr mutig ins Auge. Hoffentlich wirft man uns nicht in ein Burgverlies und legt uns in Eisen und Banden. Denn das Gebäude, das sich dort erhebt, sieht mir fast nach einer alten Ritterburg aus.

      Huuuch – da ist ja bereits das Schloßgespenst!« sprang sie erschrocken zur Seite, als eine riesige schwarze Dogge auf sie zustürmte und drohend das Gebiß zeigte.

      Dann rasten noch ein Jagdhund und ein Dackel herbei, der mit seinem Gekläff Radau für die anderen beiden Hunde mitmachte, die sich vor die Eindringlinge setzten und kein Auge von ihnen ließen.

      Das war selbst Almut zuviel, vielmehr noch Adele, die blaß vor Schreck regungslos verharrte.

      Hilflos hasteten ihre Augen umher, bis sie an einer Gestalt haften blieben, die gemächlichen Schrittes näherkam und dann die Erstarrten mißtrauisch musterte.

      Aber grimmig sah der Alte nicht aus, der eine jagdgrüne Livree mit blanken Wappenknöpfen trug und somit den Diener kennzeichnete. Unter der Mütze quoll weißes Haar hervor, um den bartlosen Mund glitt ein schattenhaftes Lächeln.

      »Sie wünschen, meine Damen?« fragte er höflich, worauf Almut ihre Stimme zur Festigkeit zwang.

      »Wir sind Durchreisende. Unser Auto steckt unweit von hier tief im Schnee, und nun suchen wir Unterkunft –«

      »Die gewährt sein soll, falls Ihre Angaben stimmen«, kam die Antwort würdig. »Mit Verlaub zu sagen: Es treibt sich hier viel Gesindel herum –«

      »Das sind wir bestimmt nicht«, konnte Almut nun wieder lachen. »Wir würden Sie nicht weiter belästigen, wenn Sie uns ein Gefährt zur Verfügung stellen könnten, das den Wagen zum nächsten Gasthaus abschleppt.«

      Wieder traf sie ein forschender Blick aus den hellen, noch so jugendlich wirkenden Augen, dann ein zögerndes: »Wir bitten die Damen, zu folgen und vorläufig unter unserm Dach zu verweilen.«

      »Na schön«, meldete sich nun Adele. »Es wäre nett für uns, wenn wir dem Gefrierfleischstadium entgingen. Eisbeine haben wir bereits.«

      Der Mann hielt es anscheinend für unter seiner Würde, eine Antwort auf diese deutliche Sprache zu geben. Mit einer Handbewegung zeigte er nach oben und schritt dann mit gravitätischen Schritten den Damen voran, die sich untergefaßt hatten und in ihre hochgeschlagenen Pelzkragen lachten. Ihnen zur Seite gingen die Hunde, die jede Bewegung aufmerksam verfolgten. Terrassenartig führten breite Stufen nach oben, die fußhoch mit Schnee bedeckt waren. Doch endlich stand man auf ebenem Boden. Die Fremdlinge schauten überrascht auf das Schloß, das sich jetzt vor ihnen erhob. Wie zum Hohn ließ das Schneetreiben plötzlich nach. Wenn die Flocken auch immer noch rieselten, so war doch die Sicht ziemlich klar.

      Und nun wußten sie auch, welch ein Dach sie von unten erspäht hatten – das des wuchtigen runden Turmes, der den Bau flankierte. Was da so steil emporstrebte, war die Fahnenstange.

      Und noch einige kleinere Türme streckten sich zum Himmel. Eine Terrasse zog sich breit hin, Altane mit kunstvoller Verzierung schmückten die Fassade, deren hohe, schmale Fenster mit ihren blanken Scheiben wie hochmütig auf die Eindringlinge herniederschauten.

      »Wo sind wir da bloß hingeraten?« flüsterte Almut ihrer Begleiterin zu. »So ein altes feudales Schloß sah ich noch nie.«

      »Die pflegen auch in den Städten, in denen du dich bisher herumgetrieben hast, nicht zu stehen«, kam es trocken zurück. »Wahrscheinlich ist hier die Parkseite des Schlosses. Zu der anderen wird wohl ein bequemerer Weg führen. Oh, Almut, ich habe so eine Ahnung, als ob du doch zu deiner Romantik kommen sollst und somit deine nicht ganz gewöhnliche Fahrt eine Winterfahrt in die Romantik wird.«

      Nun hatten sie eine Treppe erreicht, die zu einer rundbogigen schweren Tür emporführte. Der Mann stieg die Stufen empor, schloß auf und blieb dann stehen, um den Damen den Vortritt zu lassen.

      Eine mäßig große Halle nahm sie auf. Warm und traulich entströmte Licht dem Kronleuchter, der von der gewölbten Decke herabhing. Leider ließ der Mann den Eintretenden keine Zeit, sich umzusehen.

      Ohne zu verweilen, stieg er ihnen voran die teppichbelegte Treppe hinauf, führte sie durch einen Säulengang, öffnete dann eine Flügeltür, griff zum Lichtschalter und ließ den Damen wieder den Vortritt. Sie betraten ein Turmgemach, bei dessen Anblick Almut den Mund vor Erstaunen offenbehielt.

      Ja, gab es das denn überhaupt in Wirklichkeit, nicht nur in Märchen und alten Büchern –?

      Die Stimme des Dieners riß sie aus ihrer Verwunderung: »Wir bitten die Damen, es sich bequem zu machen. Mit Verlaub zu sagen: Wer die Damen auch sein mögen, wir haben noch keinem Schutzsuchenden unsere Gastfreundschaft versagt –«

      »Schon gut«, unterbrach Adele ihn trocken. »Leider sind wir gezwungen, Ihre Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen. Wenigstens so lange, bis unsere Eisbeine wieder natürliche Körperwärme angenommen haben. Außerdem pflegen gastfreie Menschen auch gefällig zu sein. Beweisen Sie das, indem Sie dafür sorgen, daß unser Auto ausgeschaufelt und nach hierher abgeschleppt wird. Oder ist das zuviel verlangt?«

      »Wir werden den Damen zuerst einen Imbiß servieren.«

      »Sehr vernünftig, mein Herr –«

      »Stephan.«