Die gemeinschaftlichen Lebensformen der Mönche und Nonnen verbreiteten sich auch in Syrien und Palästina. Gleichzeitig gab es dort weiterhin anachoretische Einsiedler, die nur lose miteinander in Verbindung waren. Sie lebten häufig an den heiligen Stätten, wo Jesus gelebt und gelehrt hatte. Um 330 entstanden z. B. in Pharan bei Jerusalem drei Mönchssiedlungen (Lauren), wo die Mönche in einzelnen Zellen lebten. Sie trafen sich nur am Sonntag, dem Tag der Auferstehung Jesu, zum gemeinsamen Gebet und zur großen Dankfeier (eulogia, eucharistia).
Um 411 gründete der Mönch Euthymios von Melitene ein neues Kloster, in dem die Mönche gemeinschaftlich lebten (koinobion). Auch sein Nachfolger Sabas organisierte das gemeinsame Leben der Mönche, zog sich aber selbst zeitweise noch in die Einsamkeit zurück. Hier konnten die Mönche noch zwischen dem eremitischen und dem koinobitischen Leben wechseln.13 Diese Gemeinschaften gaben sich feste Regeln und Ordnungen für das Zusammenleben. In der lateinischen Sprache wurden diese Regeln (regulae) und Ordnungen (ordines) später präzisiert. Aus dieser Bezeichnung entstand dann der Name der »Orden« bzw. der Ordenschristen. Das sind Christen, die einer gemeinsamen Regel des religiösen und spirituellen Lebens folgen.
In der Nähe von Jerusalem siedelten im 4. Jahrhundert zahlreiche Mönche (monozontes) und Jungfrauen in loser Verbundenheit, von denen sich die meisten zu gemeinsamen Klöstern zusammenschlossen. Sie widmeten sich dem Gebet und der Arbeit, manche betreuten Pilger, die nun zahlreich nach Jerusalem strömten. Manche dieser Klöster wurden von christlichen Adeligen gestiftet und erhielten Grund und Boden zur Bewirtschaftung. So ließ sich die römische Witwe Melania, man nennt sie die Ältere, um 387 n. Chr. am Ölberg nieder und gründete dort je ein Kloster für Frauen und für Männer. Der Leiter des Männerklosters war Rufinus von Aquileia, der später ein Werk über das Leben der Mönche schrieb. Die römische adelige Dame Paula gründete 386 in Bethlehem ein Doppelkloster. Dieses wurde von ihrem theologischen Ratgeber Hieronymus geleitet.
Nach 408 gründete Melania die Jüngere, eine Enkelin der älteren Melania, auf dem Ölberg zu Jerusalem ein Doppelkloster für Frauen und Männer. Sie wollten an den heiligen Stätten des Lebens Jesu ein asketisches und meditatives Leben führen. Hieronymus nennt in seiner Lebensgeschichte den Einsiedler Hilarion als den Vater des Mönchstums in Palästina. Bald entstanden auch Klöster in der Nähe von Jericho und Gaza, selbst Bischöfe wie Epiphanios von Salamis gründeten dort Klöster. Eine Besonderheit in dieser Region bildeten die eingeschlossenen Eremiten, die ihre Wohnzellen nie verließen und nur durch Boten mit der Außenwelt verkehrten. Die arabischen Moslems haben nach 630 ganz Palästina erobert und dabei die meisten dieser alten Klöster zerstört.
In Syrien und Mesopotamien gab es Gruppen von Enkratiten, die gemeinsam lebten und die Ehe sowie Kinderzeugung generell ablehnten. Sie protestierten gegen eine ungerechte Welt, in der sie kein Leben mehr weitergeben wollten. Andere Asketen lebten an ihren Wohnorten ehelos, um sich dem Gebet hinzugeben. Zu dieser Zeit gab es auch Häuser, in denen Männer und Frauen als Asketen zusammenlebten, die so genannten Syneisakten oder Agapeten. Männlein und Weiblein als Asketen unter einem Dach? - Die Glaubwürdigkeit dieser Gemeinschaften war in der Umgebung oft sehr gering. Man konnte offenbar nicht glauben, dass, wo die Möglichkeit zur sexuellen Betätigung so »nahe liegt«, sie nicht auch realisiert wird.
Eine Geschichte des syrischen Mönchtums verfasste der Theologe Theodoret von Kyros und er berichtet darin u. a. von Mönchen in den Bergen und in der Wüste Chalkis. In dieser Region gab es auch die Eremiten und Säulensteher (stylitai), Menschen, die lange Zeit auf einer Steinsäule standen, um zu Gott zu beten und göttliche Botschaften zu empfangen. Es gab auch noch die Wandermönche, die wie zur Zeit Jesu von Dorf zu Dorf zogen und das Evangelium verkündeten. Manche der Einsiedler lebten längere Zeit auf Bäumen (dendritai), andere in Wohnhöhlen. Sehr bekannt war der Säulensteher Symeon, den viele um Rat baten und Kranke aufsuchten, um sich von ihm heilen zu lassen.
Zu Beginn des 4. Jahrhunderts lebten auch syrische Mönchgruppen in Gemeinschaften zusammen, die sich Regeln für ihr Zusammenleben und die Gestaltung des Tagesablaufs gaben. Einige dieser Klöster sollen nach zeitgenössischen Berichten 100 bis 400 Mönche beherbergt haben. Nicht wenige Bischöfe versuchten das Potenzial dieser Klöster für sich zu nutzen und forderten die Mönche auf, bei der Verbreitung des christlichen Glaubens tätig zu werden.14
In Kleinasien lebte Eustathios von Sebaste mit seinen Schülern ein asketisches Leben. Diese Mönche empfahlen den sesshaften Christen, ihre Ehepartner, Kinder und Eltern zu verlassen. Den Sklaven rieten sie, aus den Landgütern ihrer Herren ins Kloster zu flüchten. Diese Forderungen haben im Jahr 355 14 Bischöfe auf der Synode von Gangra verurteilt, da sie offenbar eine erhebliche Gefährdung der gesellschaftlichen Ordnung befürchteten.
Manche dieser Asketen weigerten sich, die Feste der Märtyrer mit den Bischöfen zusammen zu feiern. Sie fasteten auch am Sonntag und lehnten überdies verheiratete Kleriker strikt ab. Die Bischöfe und Kleriker sollten keinen Besitz haben. Eustathios wurde später selbst Bischof von Sebaste und gründete in seiner Bischofstadt ein erstes Armenhaus.
Wir erkennen auch hier zum einen den Protest gegen eine ungerechte Sozialordnung im römischen Staat, wie zum anderen den Versuch der Flucht aus der Armut. Zu dieser Zeit entstanden in ganz Kleinasien Klöster von Mönchen und gottgeweihten Jungfrauen. Sie lebten in Gütergemeinschaft und alle Mitglieder mussten Handarbeit verrichten, um ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Doch mit den Erträgen ihrer Felder und Gärten sollten auch Arme und Notleidende der Umgebung unterstützt werden.
So ließ der Bischof Basilios in und außerhalb seiner Stadt Häuser für Kranke und Herbergen für Besitzlose erbauen. Diese einfachen Siedlungen wurden »basileias« genannt. Jene Mönche und Nonnen sollten eine maßvolle Askese üben und blieben dazu unter der Aufsicht der Bischöfe. Sie sahen ihre besondere Aufgabe im Dienst an den Armen und Kranken.
In der östlichen Reichshauptstadt Konstantinopel waren im 4. Jahrhundert viele Klöster entstanden, welche zum Teil eine Verbindung mit dem Klerus der Stadt ablehnten. Andere lebten am Rand der entstehenden Stadt in den Armenvierteln oder nahe bei den Kapellen der Märtyrer. Auch hier gab es Klöster, in denen Frauen und Männer gemeinsam lebten, von deren Askese man unter den Laienchristen nicht sehr überzeugt war. Der syrische Mönch Isaak wird als Gründer eines Klosters in der Hauptstadt genannt, wo viele Mönche in der Opposition zum Bischof der Stadt lebten. Der Mönch Hypatios verschärfte um 400 die Askese der Mönche, verlängerte die Zeiten des Gebets und verkürzte die Schlafzeiten. Später gründete er in Gomon ein Kloster der »Schlaflosen« (akoimetes), d. h. diese Mönche lösten sich beim Schlafen ab und sangen Tag und Nacht ohne Unterbrechung das Lob Gottes.15
Zu dieser Zeit schlossen sich auch Frauen zu asketischen Lebensgemeinschaften zusammen. Zuerst waren es ältere Witwen und unverheiratete Frauen, die in den Häusern der großen Sippen asketisch lebten und auf Sexualität verzichteten. Ein Vorbild dieses asketischen Lebens war Thekla, die in den Thekla-Akten als Schülerin des Apostels Paulus dargestellt wurde. In der Stadt Seleukia wurde ein Thekla-Heiligtum mit gottgeweihten Frauen eingerichtet, das viele Pilger der Umgebung anzog. In dieser Region entstanden mehrere Klöster für Frauen und für Männer.
Ein koinobitisches Frauenkloster entstand zu dieser Zeit in Tabennisi in Oberägypten, das von Maria, der Schwester des Pachomios, geleitet wurde. Palladios berichtet von 400 Frauen, die in diesem Kloster lebten. Die Liturgie wurde dort von einem Diakon und einem Presbyter geleitet. Um die Mitte des 4. Jahrhunderts gründete Makrina am Irisberg in Kappadokien ein Frauenkloster und regte später ihren Bruder Basilios zur Gründung eines Männerklosters an. In den größeren Städten des Ostens soll es mehrere Frauenklöster gegeben haben, berichtet Palladios. In Konstantinopel gründete die adelige Diakonin Olympias mit 250 Frauen in der Nähe der Basilika Hagia Sophia eine klösterliche