Sämtliche Werke (Über 190 Titel in einem Buch). Уильям Шекспир. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Уильям Шекспир
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075834164
Скачать книгу
Session und werden also nicht gewahr, wie die Zeit fortgeht.

      Orlando.

       Wo wohnt Ihr, artiger junger Mensch?

      Rosalinde.

       Bei dieser Schäferin, meiner Schwester; hier am Saum des Waldes, wie Fransen an einem Rock.

      Orlando.

       Seid Ihr hier einheimisch?

      Rosalinde.

       Wie das Kaninchen, das zu wohnen pflegt, wo es zur Welt gekommen ist.

      Orlando.

       Eure Aussprache ist etwas feiner, als Ihr sie an einem so abgelegnen Ort Euch hättet erwerben können.

      Rosalinde.

       Das haben mir schon viele gesagt; aber in der Tat, ein alter geistlicher Onkel von mir lehrte mich reden; er war in seiner Jugend ein Städter und gar zu gut mit dem Hofmachen bekannt, denn er verliebte sich dabei. Ich habe ihn manche Predigt dagegen halten hören und danke Gott, daß ich kein Weib bin und keinen Teil an allen den Verkehrtheiten habe, die er ihrem ganzen Geschlecht zur Last legte.

      Orlando.

       Könnt Ihr Euch nicht einiger von den vornehmsten Untugenden erinnern, die er den Weibern aufbürdete?

      Rosalinde.

       Es gab keine vornehmsten darunter; sie sahen sich alle gleich wie Pfennige: jeder einzelne Fehler schien ungeheuer, bis sein Mitfehler sich neben ihn stellte.

      Orlando.

       Bitte, sagt mir einige davon.

      Rosalinde.

       Nein, ich will meine Arznei nicht wegwerfen, außer an Kranke. Es spukt hier ein junger Mensch im Walde herum, der unsre junge Baumzucht mißbraucht, den Namen Rosalinde in die Rinden zu graben, der Oden an Weißdorne hängt und Elegien an Brombeersträuche, alle – denkt doch! – um den Namen Rosalinde zu vergöttern. Könnte ich diesen Herzenskrämer antreffen, so gäbe ich ihm einen guten Rat, denn er scheint mit dem täglichen Liebesfieber behaftet.

      Orlando.

       Ich bin's, den die Liebe so schüttelt; ich bitte Euch, sagt mir Euer Mittel.

      Rosalinde.

       Es ist keins von meines Onkels Merkmalen an Euch zu finden. Er lehrte mich einen Verliebten erkennen; ich weiß gewiß, Ihr seid kein Gefangner in diesem Käfig.

      Orlando.

       Was waren seine Merkmale?

      Rosalinde.

       Eingefallne Wangen, die Ihr nicht habt; Augen mit blauen Rändern, die Ihr nicht habt; ein ungeselliger Sinn, den Ihr nicht habt; ein verwilderter Bart, den Ihr nicht habt – doch den erlasse ich Euch, denn, aufrichtig, was Ihr an Bart besitzet, ist eines jüngeren Bruders Einkommen. – Dann sollten Eure Kniegürtel lose hängen, Eure Mütze nicht gebunden sein, Eure Ärmel aufgeknöpft, Eure Schuhe nicht zugeschnürt, und alles und jedes an Euch müßte eine nachlässige Trostlosigkeit verraten. Aber solch ein Mensch seid ihr nicht. Ihr seid vielmehr geschniegelt in Eurem Anzuge, mehr wie einer, der in sich selbst verliebt als sonst jemands Liebhaber ist.

      Orlando.

       Schöner Junge, ich wollte, ich könnte dich glauben machen, daß ich liebe.

      Rosalinde.

       Mich das glauben machen? Ihr könntet es ebensogut Eure Liebste glauben machen, was nie zu tun williger ist – dafür steh ich Euch – als zu gestehn, daß sie es tut; das ist einer von den Punkten, worin die Weiber immer ihr Gewissen Lügen strafen. Aber in ganzem Ernst: seid Ihr es, der die Verse an die Bäume hängt, in denen Rosalinde so bewundert wird?

      Orlando.

       Ich schwöre dir, junger Mensch, bei Rosalindens weißer Hand: ich bin es, ich bin der Unglückliche.

      Rosalinde.

       Aber seid Ihr so verliebt, als Eure Reime bezeugen?

      Orlando.

       Weder Gereimtes noch Ungereimtes kann ausdrücken, wie sehr.

      Rosalinde.

       Liebe ist eine bloße Tollheit, und ich sage Euch, verdient ebensogut eine dunkle Zelle und Peitsche als andre Tolle; und die Ursache, warum sie nicht so gezüchtigt und geheilt wird, ist, weil sich dieser Wahnsinn so gemein gemacht hat, daß die Zuchtmeister selbst verliebt sind. Doch kann ich sie mit gutem Rat heilen.

      Orlando.

       Habt Ihr irgendwen so geheilt?

      Rosalinde.

       Ja, einen, und zwar auf folgende Weise. Er mußte sich einbilden, daß ich seine Liebste, seine Gebieterin wäre, und alle Tage hielt ich ihn an, um mich zu werben. Ich, der ich nur ein launenhafter Junge bin, grämte mich dann, war weibisch, veränderlich, wußte nicht, was ich wollte, stolz, phantastisch, grillenhaft, läppisch, unbeständig, bald in Tränen, bald voll Lächeln, von jeder Leidenschaft etwas und von keiner etwas Rechtes, wie Kinder und Weiber meistenteils in diese Farben schlagen. Bald mochte ich ihn leiden, bald konnte ich ihn nicht ausstehn; dann machte ich mir mit ihm zu schaffen, dann sagte ich mich von ihm los; jetzt weinte ich um ihn, jetzt spie ich vor ihm aus: so daß ich meinen Bewerber aus einem tollen Anfall von Liebe in einen leibhaften Anfall von Tollheit versetzte, welche darin bestand, das Getümmel der Welt zu verschwören und in einem mönchischen Winkel zu leben. Und so heilte ich ihn, und auf diese Art nehme ich es über mich, Euer Herz so reinzuwaschen, wie ein gesundes Schafherz, daß nicht ein Flecken Liebe mehr daran sein soll.

      Orlando.

       Ihr würdet mich nicht heilen, junger Mensch.

      Rosalinde.

       Ich würde Euch heilen, wolltet Ihr mich nur Rosalinde nennen und alle Tage in meine Hütte kommen und um mich werben.

      Orlando.

       Nun, bei meiner Treue im Lieben, ich will es; sagt mir, wo sie ist.

      Rosalinde.

       Geht mit mir, so will ich sie Euch zeigen, und unterwegs sollt Ihr mir sagen, wo Ihr hier im Walde wohnt. Wollt Ihr kommen?

      Orlando.

       Von ganzem Herzen, guter Junge.

      Rosalinde.

       Nein, Ihr müßt mich Rosalinde nennen. – Komm, Schwester, laßt uns gehn.

      (Alle ab.)

      DRITTE SZENE

       Inhaltsverzeichnis

      Der Wald

      Probstein und Käthchen kommen. Jacques in der Ferne, belauscht sie

      Probstein.

       Komm hurtig, gutes Käthchen; ich will deine Ziegen zusammenholen, Käthchen. Und sag, Käthchen: bin ich der Mann noch, der dir ansteht? Bist du mit meinen schlichten Zügen zufrieden?

      Käthchen

       Eure Züge? Gott behüte! Was sind das für Streiche?

      Probstein.

       Ich bin hier bei Käthchen und ihren Ziegen, wie der Dichter, der die ärgsten Bocksprünge machte, der ehrliche Ovid, unter den Goten.

      Jacques.

       O schlechtlogierte Gelehrsamkeit! schlechter als Jupiter unter einem Strohdach!

      Probstein.

       Wenn eines Menschen Verse nicht verstanden werden und eines Menschen Witz von dem geschickten Kinde Verstand nicht unterstützt wird, das schlägt einen Menschen härter nieder als eine große Rechnung in einem kleinen Zimmer. – Wahrhaftig, ich wollte, die Götter hätten dich poetisch gemacht.

      Käthchen

       Ich weiß nicht, was poetisch ist. Ist es ehrlich in Worten und Werken? Besteht es mit der Wahrheit?

      Probstein.