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Marianne war nach dem Empfang von Prinz Hans persönlich nach Hause chauffiert worden. Sie hatten noch ein paarmal miteinander getanzt, aber nach Hans’ Geständnis, in Nanni verliebt zu sein, hatte die unwillkürlich mehr auf Abstand geachtet, als sie es sonst getan hätte.
Hans hatte seinen Wagen vor dem Haus der Burgners abgestellt, wollte noch was zu Nanni sagen, doch da war die schon aus dem Wagen gestiegen. Draußen blieb sie noch einen Augenblick stehen, bedankte sich förmlich für den schönen Abend, drehte sich dann um und ging zum Haus.
Hans hatte noch was sagen wollen, aber Nanni hatte ihm keine Gelegenheit dazu gegeben.
Als ihr Großvater am nächsten Morgen fragte, wie es denn auf dem Empfang gewesen sei, antwortete seine Enkelin einsilbig.
»Schön«, mehr war nicht aus ihr herauszubringen.
Da der Gustl seine Enkelin gut genug kannte, um zu wissen, daß was passiert sein mußte, fragte er nach, bekam aber ebensowenig eine Antwort wie Nannis Mutter, als die beim Mittagessen wissen wollte, was denn passiert sei, da Nanni so ungewohnt schweigsam sei.
Nannis Eltern und Großeltern sahen sich danach bedeutungsvoll an, fragten aber nicht nach, denn sie wußten, daß sie nichts erfahren würden, wenn Nanni nichts erzählen wollte. Irgendwann würde sie zum Gustl gehen und ihm ihre Sorgen von der Seele reden. So lange, das wußten alle, mußten sie sich gedulden.
Für Nanni war es wie ein Schock gewesen, als Hans zu ihr gesagt hatte, daß er sich in sie verliebt habe. Er hatte danach noch allerhand anderes gesagt, aber sie erinnerte sich an kein Wort, nur daran, daß er gemeint hatte, in sie verliebt zu sein.
Als erstes war Nanni danach jenes Gefühl eingefallen, das sie schon den ganzen Nachmittag in sich gespürt hatte, nämlich daß Hans sich über sie lustig machte. Das hatte spätestens begonnen, als sie den Wiesenblumenstrauß auf dem Marmortischchen in der Eingangshalle gesehen und als Hans erklärt hatte, daß er ihn habe aufstellen lassen, damit sie sich nicht so alleine vorkomme.
Als sie am Montag danach morgens in der Gärtnerei erschien, fühlte Nanni sich nicht wohl in ihrer Haut. Als sie Robert begegnete und der sie neugierig ansah, ging sie ihm tunlichst aus dem Weg, sie wollte auf gar keinen Fall auf den Empfang im Schloß angesprochen werden.
Es war kurz nach Mittag, als Hans plötzlich neben ihr stand.
»Grüß Gott, Marianne«, sagte er. »Kann es sein, daß ich Sie am Sonnabend zu sehr vereinnahmt habe? Ich habe Dinge zu Ihnen gesagt, die ich nicht hätte sagen dürfen. Außerdem bin ich davon ausgegangen, daß Sie alles gutheißen, was ich initiiert hatte, zum Beispiel, daß Sie mit meiner Mutter und mir die Gäste begrüßen. Es tut mir leid…!«
Nanni stand da, wußte einen Augenblick lang nicht, was sie sagen sollte, dann meinte sie, ob Hans sich nicht einfach total vertan habe.
»Wie meinen S’ das?« fragte der.
»Vielleicht haben S’ ja eine andere gemeint, als Sie mich eingeladen haben«, antwortete Nanni.
»Wieso…?«
»Ich bin mir von Anfang an vorgekommen, als sei ich auf der falschen Veranstaltung. Ich kann es auch anders ausdrücken, Hoheit, ich hab’ von dem Augenblick an, als Ihr Wagen mich abgeholt hat, gemeint, jemand wollt’ sich über mich lustig machen.«
»Aber, Nanni…!«
»Die liebe kleine Nanni, dieses dumme Madel, das quasi in der Gärtnerei großgeworden ist, das kann man ja mal beeindrucken. Ein Wagen mit Chauffeur und schon ist sie kirre. Wenn das noch nicht reichen sollt’, dann stellen wir zur Sicherheit noch einen Strauß Wiesenblumen in die Halle. Spätestens das wird sie beeindrucken.«
Hans von Adelsbach starrte die hübsche Gärtnerin betroffen an, die erwiderte seinen Blick. Er suchte nach passenden Worten, fand jedoch keine, was selten genug vorkam. Dann entschuldigte Hans sich und murmelte, er werde Nanni auf gar keinen Fall mehr belästigen, drehte sich auf dem Absatz um und verließ den hinteren Teil der Gärtnerei.
Nanni sah ihm hinterher, und wieder hatte sie das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Dann fing sie unvermittelt an zu weinen, zuerst verhalten, dann immer heftiger. Irgendwann kam Robert zu ihr und fragte, was los sei, ob er ihr helfen könne.
Nanni schüttelte den Kopf, nahm ein Schnupftuch aus der Tasche und wischte sich die Tränen weg. Dann ging sie an Robert vorüber in einen weit draußen liegenden Teil der Außenanlagen der Gärtnerei, wo sie sich den Rest des Tages beschäftigte.
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»Sagt mal, was ist eigentlich los mit euch?« Fürstin Johanna sah zwei Tage später nach einem weitgehend schweigend eingenommenen Mittagessen Christiane und Hans an. »Euer Bruder erscheint erst gar nicht zu dem Empfang, obwohl er schriftlich und mündlich eingeladen war und zugesagt hatte, und ihr hüllt euch seit dem Empfang in beredtes Schweigen.«
»Ich bin lediglich ein wenig müde«, antwortete Christiane, »deshalb möchte ich mich jetzt zurückziehen, wenn es dir nichts ausmacht.«
»Geh nur, mein Kind«, erwiderte die alte Fürstin, »wir können uns auch später noch unterhalten. Mir ist eh lieber, wenn ich deinen Bruder alleine befragen kann.«
Die Aussage machte deutlich, daß Fürstin Johanna sich auf keine Diskussionen einlassen wollte, sondern Fragen stellen und Antworten bekommen wollte.
»Ich habe eigentlich keine Zeit«, versuchte Hans der Befragung durch seine Großmutter zu entkommen.
Doch die ließ ihn nicht gehen. »Du bleibst«, sagte sie. »Wir müssen ein ausführliches Gespräch führen.«
Hans von Adelsbach hätte jeden anderen, der derart mit ihm geredet hätte, die passende Antwort gegeben, doch seine Großmutter nötigte ihm den Respekt ab, ihrer Bitte um ein Gespräch widerstandslos zu folgen.
»Wir können gleich hier reden«, sagte sie, als Hans Anstalten machte aufzustehen. »Du kannst dir sicher denken, was ich von dir wissen möchte.«
Hans nickte. »Ja, ich kann es mir denken.«
»Dann möchte ich wissen, was du dazu zu sagen hast«, erwiderte die alte Fürstin.
Hans stand auf und ging zu einem Getränkewagen, nahm eine Flasche Gin Tonic herunter und fragte seine Großmutter, ob er ihr auch ein Glas einschenken dürfe.
Fürstin Johanna nickte. »Ja, bitte. Und dann hätte ich gerne einige Antworten.«
»Das ist nicht ganz leicht«, erwiderte Hans.
Da umspielte ein spöttisches Lächeln die Lippen seiner Großmutter. »Das kann ich mir denken.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Prinz Hans.
»Dann solltest du es mir erklären«, forderte die derzeitige Chefin des Hauses Adelsbach ihren designierten Nachfolger auf.
»Es wird dich schockieren, Großmutter«, antwortet der, »aber ich habe mich bis über beide Ohren in Marianne Burgner verliebt. Ich denke Tag und Nacht an sie, weiß aber nicht, wie ich aus dieser Bredouille herauskommen soll. Ich glaube sogar, daß es nicht nur Verliebtheit ist, sondern daß ich die Nanni liebe.«
Johanna von Adelsbach sah ihren ältesten Enkel eine Weile stumm an, dann nickte sie.
»Weißt du was, mein Junge«, sagte sie, »dies ist die einzige Antwort, die dich vor meinem Donnerwetter rettet. Ich hatte vor, dir gehörig den Kopf zu waschen, weil ich für einen Augenblick gemeint habe, du würdest die Nanni an der Nase herumführen wollen.« Dann lächelte sie. »Aber wenn du verliebt bist, dann ist dir alles verziehen. Weiß die Nanni es?«
Hans nickte. »Ich habe es ihr gesagt.«
»Und was hat sie geantwortet?«
»Sie ist völlig verbittert und meint, ich würd’ sie nicht ernst nehmen«, antwortete Hans.
Johanna