Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jodocus Temme
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027238149
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Dritter Teil

       Erstes Kapitel.

       Alte Erfahrungen über die alte Lehre von dem Danke der Welt.

       Zweites Kapitel.

       Die Gefangenen im Schlosse zu Köpenick

       Vierter Teil

       Erstes Kapitel.

       Der Domherr unter den Zöllnern.

       Zweites Kapitel.

       Ein Deus ex machina? Oder der alte Domherr? Oder doch der alte Gott?

       Erster Teil

       Inhaltsverzeichnis

       Erstes Kapitel.

       Abenteuer des Domherrn auf einer Reise von Düsseldorf bis in das Hessenland durch die westfälischen Heiden

       Inhaltsverzeichnis

      Durch die weiten, fast unabsehbaren westfälischen Heiden fuhr eine vierspännige Extrapost. In dem Wagen saß ein einzelner Herr. Es war ein kleiner Mann, etwas stark, mit krausen grauen Haaren, blitzenden Augen, einem lebhaften Gesichte. Er konnte im Anfange der sechziger Jahre stehen, schien aber noch rüstig zu sein wie ein Vierziger. Er trug einfache graue Sommerkleidung, auf der Brust ein Domherrnkreuz. In einem Coupé hinter dem Wagen saß ein Bedienter, gleichfalls ein ältlicher Mann. Es war früher Morgen, aber die Sonne brannte schon heiß; sie war seit einer Stunde und länger aufgegangen.

      Es war am fünfzehnten Juni des Jahres Eintausend achthundert und fünfzehn. Die Pferde der Extrapost liefen im scharfen Trab fast im Galopp über die trockene, ebene Heide dahin.

      Wenn sie sich Ruhe gönnen wollten, hieb der Postillion immer von neuem auf sie ein. Er hatte seinen Grund dazu.

      »Fährst Du die Meile in einer halben Stunde, Schwager«, hatte der kleine Herr mit dem Domherrnkreuze zu ihm gesagt, »so bekommst Du außer Deinem gesetzlichen Trinkgelde einen Krontaler.«

      Da hätte der Postillion für sein Leben an der halben Stunde keine halbe Minute versäumen mögen. Auch der kleine Herr hatte seinen Grund, dass die Pferde in der Meile eine halbe Stunde zurücklegen sollten. Er hatte am Abend vorher zu Düsseldorf, wo er wohnte, zu derselben Zeit zwei Briefe erhalten.

      »Ah, ah, von Gisbert«, hatte er gerufen, als er die Aufschrift des ersten sah. »Und aus Namur, vom Kriegsschauplatze! Gestern Abend aufgegeben, am dreizehnten. Da wird man ja endlich etwas erfahren. Seit vierzehn Tagen stehen sich die Armeen kampfbereit gegenüber, und man hat noch nicht einmal von einem Vorpostengefecht gehört, wo die ganze Welt auf eine entscheidende Schlacht wartet. Die Welt ist zwar einfältig genug, doch es ist nun einmal so.«

      Indes, ehe er den Brief öffnete, warf er einen Blick auf die Aufschrift des zweiten.

      »Ha, ha, von der Gisbertine?« rief er. »Das ist ja ein sonderbares Zusammentreffen! Und was mag sie wollen? Gerade heute? Gewissensbisse?«

      Er legte doch den ersten Brief, den von Gisbert vom Kriegsschauplatze, zurück und erbrach und las zuerst den zweiten, von der Gisbertine, von der er meinte, sie könne Gewissensbisse haben. Er musste sich hierin getäuscht haben.

      »Zum…« sagte er.

      Das Domherrnkreuz auf seiner Brust ließ ihn wohl den Fluch nicht vollenden, den er auf der Zunge hatte. Aber ärgerlich fuhr er fort:

      »Übermorgen Nachmittag in Paderborn, und wenn da nicht, zum Abend in Hofgeismar! Da haben wir die ganze rücksichtslose Gisbertine. Und ich dachte an Gewissensbisse! Die! Aber der Alte ist bei ihr - mit seinen Wunden! Und - und - lesen wir auch den andern Brief.«

      Er öffnete und las den andern Brief, und er las lange daran und sprach dazwischen und schüttelte den Kopf und wurde wieder ärgerlich und schüttelte wieder den Kopf. Der arme Junge! Also sie stehen wirklich vor einer Schlacht! Einer Hauptschlacht! Vielleicht schon heute! Gewiss morgen, am fünfzehnten! Wenn der brave Bursche totgeschossen würde! Und wofür? Von Freiheitskrieg sprechen sie! Wen wollen sie denn befreien? Und wer hätte ihn in den Tod gejagt? Sie! Sie! Ha, was ist das? - Frau? Kind? In Wesel soll ich Nachricht erhalten! Und wenn da nicht, in Warendorf. Und unterbringen! Ich? Ich soll anderer Leute Frauen und Kinder unterbringen? Wie ein Narr mit ihnen durch die Welt ziehen? Es passt hübsch zu dem Domherrnkreuze! Aber in Not! Und es hat Eile! Ja, ja, und auch die Gisbertine hat es eilig! Wer soll warten? Die eine in Not! Die andere wird mir die Augen auskratzen und dem alten General ein neues Wundfieber an den Hals ärgern! - Ha, und nun das Testament noch! Was mag darin stehen? Aber was geht das mich an! Wie richte ich nur das andere ein?

      Er durchmaß mit großen Schritten sein Zimmer, doch nicht lange. Er schien bei seiner Lebhaftigkeit auch der Mann des raschen Entschlusses zu sein. Er zog eine Klingelschnur. Sein alter Bedienter erschien.

      »Johann, ist der Reisewagen fertig?«

      »Zu Befehl, Hochwürden Gnaden!«

      »Bestell’ vier Extrapostpferde. In einer Viertelstunde müssen sie hier sein.«

      »Wohin, Euer Gnaden?«

      »Nach Wesel.«

      »Nach Wesel?«

      »Kümmere Dich um Deine Sachen, und meine pack’ ein.«

      »Werden Hochwürden Gnaden lange ausbleiben?«

      »Sechs Wochen, acht Wochen, wie es kommt. Wir gehen nach Hofgeismar.«

      »Euer Gnaden wollten ja erst später hin.«

      »Ich fahre jetzt. Mach’ Dich fertig!«

      Der Bediente ging.

      Der Domherr ordnete in seinen Papieren, nahm Geld, verschloss Sekretäre und Kommoden, kleidete sich für die Reise an. Alles ging rasch, wie im Fluge, und doch nicht übereilt. Er war fertig, als der alte Diener wieder in das Zimmer trat.

      »Hochwürden Gnaden, der Wagen ist angespannt.«

      »Und die Koffer?«

      »Gepackt und aufgeschnallt.«

      »Und Du?«

      »Reisefertig, wie Euer Gnaden sehen.«

      »Und der Hauswirt?«

      »Benachrichtigt und instruiert.«

      »Komm!«

      Er verließ das Zimmer, das Haus.

      Der Diener folgte ihm.

      Draußen auf der Straße hielt der mit vier Extrapostpferden bespannte Wagen.

      Der Domherr stieg hinein.

      Der Bediente setzte sich hintenauf in das Coupé des Wagens.

      Der Domherr sagte zu dem Postillion: