„Mein Rücken tut so weh! Ich weiß genau, was passiert ist. Mir ist nicht schlecht.“
„Wir achten darauf, dass alle Kinder einen Helm tragen!“, ergänzt die Reitlehrerin.
„Wo hast du denn noch Schmerzen? Nur am Rücken?“
„Ja, nur da.“
Ich drehe mich um und bitte sie, an meinem Rücken zu zeigen, wo es an ihrem Rücken wehtut. Sie klopft mir auf die untere Brustwirbelsäule.
„Du bekommst jetzt erst mal einen Halskragen. Wir möchten deine Halswirbelsäule schützen. Beweg dich nicht!“
Silas und ich nehmen Bibi vorsichtig den Reithelm ab, dann hält der Sani Bibis Kopf und ich montiere den Plastikkragen.
„Silas, kümmer dich um die Verkabelung: EKG, Blutdruck, Sauerstoff im Blut!“
Jetzt sind auch die Jungs vom Rettungswagen da. Ich gebe ihnen rasch Informationen.
Schnell die Untersuchung fortsetzen. Bibis Pupillen sind ok. Der Reithelm hat den Kopf der Teenagerin offenbar vor Schlimmerem bewahrt. Brustkorb, Bauch und Becken scheinen ebenfalls unverletzt zu sein. Jetzt sehe ich, dass Bibi sich tatsächlich in die Hose gepinkelt hat.
„Hast du bemerkt, dass du dir in die Hose gemacht hast?“
„Hab ich? - Iiiii!“
„Ja. Die Hose ist nass.“
Ich betaste Bibis Beine. „Spürst du das?“
„Was?“
„Na, dass ich deine Beine anfasse!“
„Nee, habe nichts gemerkt.“
Ich kneife Bibi in den Oberschenkel. „Jetzt was gemerkt?“
„Nein. Nur mein Rücken tut so weh!“
Zwischendurch meldet sich Silas mit ersten Messwerten.
„Blutdruck und Puls sind ok.“
"Danke. Bestell den Hubschrauber!"
„Beweg mal das rechte Bein!“, fordere ich unsere Patientin auf.
Nichts passiert. Noch einmal ein Kommando an Bibi. „Versuch mit aller Kraft, das rechte Bein zu bewegen!“
„Ich versuche es doch. Es macht aber nicht, was ich will!“
„Dann jetzt das linke Bein!“
Auch hier passiert nichts.
„Mein Rücken tut so weh!“
Scheiße! Lähmung, Taubheit, Rückenschmerzen und Urinabgang nach Sturz. Querschnittslähmung! Ich habe keinen Röntgenblick, aber wahrscheinlich ist die Wirbelsäule gebrochen.
Wir müssen Gas geben, wenn schlimme Langzeitfolgen überhaupt noch vermieden werden können. Die geschädigten Anteile des Rückenmarks und der daraus entspringenden Nerven müssen schnellstmöglich operiert werden.
„Tropf, Ketanest und Dormicum! Dann auf die Schaufeltrage und im Auto auf die Vakuummatte!“
Die drei Sanis sind flott dabei und bereiten alles vor.
„Ich lege dir jetzt einen Tropf. Das tut ein bisschen weh. Aber dann kriegste gleich ein starkes Schmerzmittel!“
Zum Glück hat Bibi prächtige Adern auf ihrem Handrücken, so dass der Tropf schnell liegt. Anschließend spritze ich ihr erst ein Medikament, das sie in einen leichten Dämmerschlaf versetzt. Danach das Schmerzmittel. Ihre Gesichtszüge werden prompt entspannter.
Gemeinsam legen wir Bibi vorsichtig auf die Schaufeltrage. Anschließend tragen wir sie behutsam in den Rettungswagen. Dann geht‘s auf die Vakuummatratze. So ist die Wirbelsäule für den Transport stabil versorgt.
Langsam fahren wir mit dem Rettungswagen zum örtlichen Sportplatz, wo der Hubschrauber landen soll.
Zehn Minuten später fliegt Bibi im Eurocopter in die 50 Kilometer entfernte Unfallchirurgie.
PS: Ich habe zwei Monate später in der unfallchirurgischen Klinik angerufen, um mich nach dem weiteren Schicksal der jungen Patientin zu erkundigen. Bibis Beine blieben trotz schneller Operation gelähmt. Sie hatte schwere Brüche mehrerer Wirbelkörper am Übergang von der Brust- zur Lendenwirbelsäule, so dass die Rückenmarksnerven zerquetscht wurden. In einer neurologischen Reha-Klinik hat Bibi gelernt, mit einem Rollstuhl eine eingeschränkte Mobilität zurückzuerlangen.
PPS: Bibi hatte während ihrer Reitstunde zwar einen Helm, aber keinen Rückenprotektor getragen.
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