Der Kollektivismus und die soziale Monarchie. Josef von Neupauer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Josef von Neupauer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066112875
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Wohnungen, mit Wohnhäusern, die Anpassung der Landwirtschaft an den Kollektivbetrieb, die Assanierung vieler vernachlässigter Gemeinden, macht ohnehin viele Neubauten notwendig und, da die Umwandlung unserer Gesellschaftsordnung auch nur nach und nach erfolgen und die Übergangsperiode auf 40-100 Jahre veranschlagt werden kann, so ist der notwendige Bauaufwand wohl zu bestreiten, besonders da viele verwendbare Baumaterialien und Baubestandteile beim Abbruche der alten Bauten gewonnen werden. Hat Nordamerika in weniger als hundert Jahren Wohnungen für 70 Millionen Menschen bei rasch steigender Volkszahl und ohne Abbruchmaterialien schaffen können, so muß ein Staat von 45 Millionen bei verhältnismäßig stationärem Bevölkerungsstande den Bauaufwand für die notwendige Umgestaltung in ein bis zwei Generationen aufzubringen vermögen. Der Bauaufwand wird im kollektivistischen Staate dann aufzubringen sein, wenn die Verwaltung ohne Vernachlässigung anderer Produktionszweige so viele Prozente der verfügbaren Arbeitskräfte im Bauwesen verwenden kann, als zur Bewältigung der festgesetzten Bauarbeiten innerhalb der angenommenen Umgestaltungsperiode erforderlich sind.

      Die Forderung, daß der Staat zum Kollektivismus übergehe, wird nicht aus Gefühlsduselei und Mitleid, aus Gerechtigkeitsgründen, aufgestellt, sondern aus volkswirtschaftlichen und staatspolitischen Erwägungen und im Interesse der Kultur und des Fortschrittes. Es wird nur die Aufopferung eingebildeter Interessen gefordert und ich erwarte sie nicht von der Güte der Einzelnen. Der Staat soll nur die wirtschaftliche Macht schonungslos gebrauchen, die er bereits besitzt, und er wird ohne Rechtsbruch zur Omnipotenz gelangen. Die Rechtskontinuität muß gewahrt, die revolutionäre Umgestaltung muß verhindert, jede Gewalt ohne Schwäche unterdrückt werden, aber Aufgabe der Regierungen ist es, die hier angegebenen Ziele anzustreben. Die Staatsmänner, welche diesen Zielen zustreben, werden sich ebenso sicher finden, wie es nicht fehlen konnte, daß sich Staatsmänner fanden, die, den Fürsten zum Trotze, die Einheit der deutschen Nation herbeiführten.

      Wer dieses Buch liest, wird sich überzeugen, daß unsere Gesellschaftsordnung eine Maschine mit einem lächerlich hohen Reibungskoeffizienten ist.

      Die Rechtsgrundsätze, von welchen ich für die Umgestaltung ausgehe, sind folgende:

      Die Besitzenden, welche durch Mißbrauch ihres wirtschaftlichen Übergewichtes Reichtümer angesammelt und die Besitzlosigkeit der Massen herbeigeführt haben, können sich nicht darüber beschweren, wenn der Staat seinerseits ihnen gegenüber sein wirtschaftliches Übergewicht zur Geltung bringt und sie so expropriert, wie sie andere expropriert haben. Ihr wirtschaftliches Übergewicht konnten sie niemals erlangen, ohne Gesetze, welche die Staatsgewalt zu gunsten des freien Vermögenserwerbes[1], zum Schutze des Privateigentumes und zur Begründung eines Erbrechtes erlassen hat. Diese Gesetze zu ändern, ist der Staat jederzeit berechtigt und dadurch kann der Prozeß der Verstaatlichung des Besitzes beschleunigt werden. Wenn damit nur stufenweise und langsam vorgegangen wird, so hat das nicht darin seinen Grund, daß in einer sofortigen Einziehung des Besitzes gegen zeitlich beschränkte Renten eine Rechtsverletzung läge, sondern daß es nicht im Interesse des Staatswohles gelegen wäre, den Umbildungsprozeß zu übereilen. Jede Art von Besteuerung bildet eine Verkürzung von Privatinteressen und Privatbesitzrechten. Im öffentlichen Interesse wurde das Besteuerungsrecht doch seit Jahrtausenden geübt und die progressive Einkommensteuer, welche man längst für statthaft erkannt hat, zeigt einen der vielen Wege, welche zur Erreichung des angestrebten Zieles, die wirtschaftliche Macht des Staates auf Kosten der Besitzenden zu erweitern, führen können.

      Das sind die Rechtsgrundsätze, welche für die Umwandlung der sozialen Zustände maßgebend sind. Diese Umwandlung ist kein Bruch mit der Vergangenheit, sondern eine Entwickelung und Fortbildung der bestehenden Zustände. Sie führt auch nicht im eigentlichen Sinne zur Aufhebung des Privateigentums, wohl aber zu dessen Aufsaugung zugunsten des wirtschaftlich Stärksten, des Staates und zur Erreichung der höchsten ethischen Ziele und der Erfolg dieser Aufsaugung ist die Zurückgewinnung eines verhältnismäßigen Anteiles am Volksvermögen für jedes einzelne Mitglied der Gesellschaft.

      Die Rechtsgrundsätze für die kommende Zeit der Staatsomnipotenz, welche der Verteilung von Arbeit und Gütern zugrunde liegen, sind folgende: Wer Mitglied der staatlichen Gesellschaft werden und bleiben will, und für die der staatlichen Erziehungsgewalt unterworfene Jugend wird das vorausgesetzt, muß die Grundlagen dieser Gesellschaft anerkennen und sich ihnen unterordnen. Wer aufhören will, dieser Gesellschaft anzugehören, muß entweder auswandern, oder seinen Anteil am staatlichen Gesamtbesitze absondern. Letzteres kann er nicht wünschen, weil er neben einem so mächtigen wirtschaftlichen Körper eine Sonderexistenz umsoweniger führen kann, als er von Jugend auf an das Wohlleben des Kollektivismus gewöhnt ist. Eine Frage wäre, ob man Auswanderern eine ihrem Anteil am Gesamtvermögen entsprechende Summe hinauszahlen solle. Das Maß dieser Abfertigung könnte nach Altersstufen und Berufskategorien in einen Tarif gebracht werden. Diese Auseinandersetzung würde aber gesetzlich geregelt und ein privatrechtlicher Anspruch niemals anerkannt werden. Die Hinauszahlung einer Summe an Auswanderer wäre kein Bruch mit dem Prinzipe der Naturalwirtschaft, die nur auf dem Territorium des Kollektivstaates, nicht für seinen Verkehr mit auswärtigen Staaten gilt. Die Geldmittel erwirbt der Kollektivstaat durch den Warenhandel mit Staaten, welche Geldwirtschaft haben und durch den Fremdenverkehr mit Angehörigen solcher Staaten. Wird es in Zukunft solche Staaten überhaupt nicht mehr geben oder mit solchen kein auf Erwerb gerichteter Verkehr mehr unterhalten, so könnte eine Abfertigung von Auswanderern nie anders, als durch Zuweisung beweglicher Sachen erfolgen.

      Unter solchen Umständen, welche sowohl die Absonderung in vermögensrechtlicher Beziehung als die Auswanderung mit Anspruch auf Abfertigung ermöglichen, kann von einer Vergewaltigung oder unbilligen Abhängigkeit, wie sie heute der Besitzlose zu tragen hat, niemals die Rede sein.

      Für jene, die Staatsbürger sind und bleiben wollen, gelten folgende Verteilungsgrundsätze:

      Da der verhältnismäßige Anteil des Einzelnen am Gesamtvermögen ohne Arbeit zur Deckung des Lebensunterhaltes weitaus ungenügend ist, ist jeder zur Arbeit verpflichtet, um zur Deckung des Gesamtaufwandes beizutragen. An die Stelle der Steuerpflicht tritt im Kollektivstaat die Arbeitspflicht. Die Erfüllung dieser Arbeitspflicht wird erzwungen, wie der Militärdienst. Das Ausmaß der Minimalarbeitsschuldigkeit, sagen wir achtstündige Arbeit an 300 Tagen im Jahre, und die Verteilung der verschiedenen Arbeiten nach den Kräften und der Befähigung der Arbeitsfähigen erfolgt nach dem Gesamtwillen. Der Einzelne wird, da er nicht Eigentümer der Produktionsmittel, insbesondere der Naturquellen ist, auch nicht Eigentümer der durch seine Arbeit hervorgebrachten Güter. Diese fallen dem Staate zu, der sie zum Verbrauche, beziehungsweise zum Gebrauche unter die Mitglieder der Gesellschaft verteilt. Auch diese Verteilung erfolgt nach dem Gesamtwillen. Alle Glieder der Gesellschaft haben zunächst, ob sie arbeiten können oder nicht können, auch wenn sie von der Arbeit befreit sind, ein Recht auf naturalwirtschaftliche Befriedigung aller ihrer Bedürfnisse nach dem durch den Gesamtwillen festgesetzten Maßstabe. Ebenso werden alle jene Kategorien von Arbeiten festgesetzt, welche der Staat von jedermann zu beanspruchen berechtigt ist und jene, welche ein Sonderübereinkommen zwischen dem Staat und den Arbeitern voraussetzen, sei es, daß die Gefahren und Belästigungen einer Arbeit Anspruch auf Begünstigungen gewähren, oder daß sich nicht jeder zu einem Berufe eignet. Im ersten Falle werden den Berufen solche Begünstigungen eingeräumt, daß sich eine genügende Anzahl von Freiwilligen meldet, im zweiten Falle setzt der Staat die Bedingungen fest, unter welchen man die Zulassung zu einem bestimmten Berufe erlangen kann, so z. B. Prüfungen, längere erfolgreiche Vorbereitung oder Befähigungsnachweis.

      Von der staatlich geregelten Arbeit befreit sind folgende Kategorien von Volksgenossen:

      1. Die Arbeitsunfähigen. Arbeitsunfähig sind die Kinder, die Kranken und die Gebrechlichen aller Altersstufen. Diese Arbeitsbefreiung ist aber eine begrenzte, denn der Kollektivstaat wird Viele in seiner großen Organisation verwenden können, die in unserer Gesellschaftsordnung wegen Gebrechen keine Arbeit finden.

      2. Die Pensionierten. Von der staatlich geregelten Arbeit befreit sind nach dem vom Gesamtwillen festgesetzten Maßstab alle jene, welche in ihrem Beruf die vorgeschriebene Altersgrenze erreicht haben, wenngleich sie noch arbeitsfähig sind.

      3. Auch durch Geburt oder Verdienst