Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740916879
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Liebhaber sein könnte, darauf kam sie nicht, da sie ihn längst auf der Fahrt nach Deutschland glaubte.

      Mich jedoch, der ich durch die gefährliche Kopfwunde natürlich besinnungslos war, brachten meine Getreuen an einen versteckten Ort, der selbst ortskundigen Leuten unbekannt war, schlugen dort eine kleine Hütte auf, tarnten sie meisterhaft und pflegten mich unter größter Mühsal gesund. Es muß jedesmal ein gefährliches Spiel mit dem Leben gewesen sein, wenn sich mein treuer Pedro aufmachte, um Lebensmittel und Medikamente aus dem nächsten Ort zu holen, der immerhin eine Tagesreise entfernt lag.

      Es würde zu weit führen, wollte ich jede Einzelheit genau schildern. Kurz und gut: Ich genas zur hellen Freude meiner Betreuer, die ja nur aus Pedro und seiner Frau bestanden, da die andern sich verkrümelt hatten. Als ich mich kräftig genug fühlte, begann der beschwerliche und gefahrvolle Weg zum nächsten Ort und von da aus zur nächsten Hafenstadt. Dort schiffte ich mich ein und gelangte ohne Hindernisse hierher. – Das ist alles.«

      Mit immer größerem Entsetzen war Sölve seinem Bericht gefolgt. Nun saß sie da, blaß bis in die Lippen.

      »Mein Gott – Jobst!« stieß sie endlich hervor. »Wie schrecklich ist das alles! Wie Furchtbares hast du hinter dir – und wir haben dich hier als tot beweint, weil ja die Todeserklärung von maßgebender Seite kam. Das heißt, ich und – mein Herz – ich habe nie daran glauben können –«, schloß sie leise.

      »Ja, Sölve, recht war es nicht, was Pedro getan hatte.«

      »Das meine ich nicht«, warf sie heftig ein. »Deinem Pedro bin ich von Herzen dankbar. Was ist aus ihm und seiner Frau geworden?«

      »Die sind nach ihrem Heimatort in Argentinien zurückgekehrt, wo sie ein behaglicheres Leben führen können. Mein Onkel hat in seinem Testament Pedro ganz nett bedacht, und ich habe ein übriges dazugetan.«

      »Hattest du denn Geld?«

      »Natürlich. Das hatte Pedro bis auf einen ganz kleinen Rest meiner Brieftasche entnommen, bevor er sie zu dem Toten steckte. Die Hauptsumme hatte ich mit Carmens Hilfe über das Konsulat hierhergehen lassen. Hast du es nicht erhalten?«

      »Ja, es traf in mehreren Raten ein.«

      »Dann hat ja alles geklappt. Und nun die bange Frage: Was ist aus – Heike geworden?«

      »Die lebt, Jobst!«

      »Gott sei Dank«, atmete er erlöst auf. »Und nun erzähle du.«

      Das tat Sölve denn auch, und er bekam alles zu hören, was sich in den zwei Jahren seiner Abwesenheit hier zugetragen hatte. Von ihrer schweren Krankheit, von dem Tode der drei Ragnitzschen Kinder – alles erzählte sie bis ins kleinste.

      »Das sind ja trostlose Nachrichten«, sagte er erschüttert, als Sölve geendet hatte. »Ich glaubte Roderich als Herrn von Uhlen; denn mit dir und Heike habe ich ja nicht mehr gerechnet. Ich glaubte euch beide – tot. Wie ist es nur möglich, daß du so gesunden konntest? An dir hat sich ein wahres Wunder vollzogen.«

      »Ganz und gar nicht, Jobst. Ich bin nur wieder die geworden, die ich vor Muttis Tode war. Die Sölve, die du kennenlerntest, war nur ein kümmerliches Scheinwesen. Aber ich hätte auch nicht mehr zum Leben zurückgefunden, wenn nicht ein Etwas gewesen wäre, das mich dazu zwang. Komm, ich werde es dir zeigen.«

      »Da bin ich aber neugierig!«

      »Kannst du auch«, lachte sie fröhlich.

      Sie führte ihn durch sein Schlafzimmer in ihr Reich, dann weiter, bis sie vor dem spitzenverhangenen Babybettchen standen. Mit ungläubigem Staunen schaute der Mann auf das süße kleine Menschenwunder, das so friedlich schlummerte.

      »Das ist doch nicht etwa – Heike?« fragte er atemlos.

      »Wer denn sonst?« lachte sie leise. »Du bist ein guter Gatte und Vater. Zuerst erkennst du nicht deine Frau – und dann nicht dein Kind.«

      »Ja – aber Sölve, die Ärzte hatten sie doch längst aufgegeben?«

      »Mich auch, Jobst – mich auch. Aber wie du siehst, leben wir ihnen zum Trotz. Und wie wir leben!«

      Das Kind regte sich, öffnete die verträumten Augen.

      »Ma – mi –«, lallte es noch unbeholfen, steckte dann das Däumchen in den Mund und schlief weiter.

      Eine ganze Weile sah der Vater noch auf sein so verändertes Kind, wobei es in seinem Antlitz zuckte und bebte. Dann kehrte er an Sölves Seite in sein Zimmer zurück.

      »Sölve, wie soll ich dir danken, daß ich mein Kind wiedersehen darf?«

      »Ach, Jobst, mir gebührt der wenigste Dank«, wehrte sie verlegen. »Sicherlich würde Heike auch noch leben, wenn sie in der Klinik geblieben wäre. Dank gebührt in erster Linie unserer prachtvollen Tante Marga. Würde sie mich nicht zur Zeit aufgerüttelt haben, dann wäre ich wohl hinübergeduselt ins Schattenreich. Aber ein rechtes Wort zur rechten Zeit hat bei mir Wunder gewirkt. Sie gab mir zu bedenken, daß ich Pflichten hätte gegen dein Kind, das ein heiliges Anrecht auf meine Liebe haben dürfte. Stellte mir vor, daß ich noch lange nicht so bedauernswert sei, wie ich annähme, und erzählte mir das Schicksal deiner Familie. Rüttelte mich damit so auf, daß ich wieder Lust zum Leben bekam. Kurz entschlossen holte ich Heike aus der Klinik hierher, machte Jörn mobil, der sich den schneidigen Doktor Fels und unseren braven Doktor Schlimm zur Hilfe holte. Eine tüchtige Kinderschwester war die Vierte im Bunde. – So gelang es mit vieler Mühe, unser Kleinchen so weit zu bringen, wie es jetzt ist. Wohl ist es noch längst nicht

      so, wie es seinem Alter entspricht –

      aber das wird bestimmt auch noch werden.«

      »Also der gute Jörn hat sich auch an dem Wettstreit beteiligt?« lächelte er.

      »Und wie, Jobst! Er in erster Linie. Er hat seine Meinung über mich, als ich erst ich selbst geworden war, sehr ändern müssen.«

      »Wie soll ich das verstehen?«

      »Ganz einfach. Ich hatte nämlich sein vernichtendes Urteil, das er kurz vor deiner Abreise über mich fällte, mitgehört«

      »Sölve, du unglückseliges Kind! Dann hast du –?«

      »Jawohl – ich habe –«, nickte sie mutwillig. »Ich wollte mich von dir verabschieden, der du mich schnöde im Stich ließest, als ich eingeschlafen war. Ihr wart so vertieft, daß ihr mich gar nicht bemerktet, als ich an der Tür stand. Umkehren konnte ich nicht, da mir einfach die Kraft dazu fehlte – und so habe ich jedes Wort mitgehört. Na, das hat mich dann umgeschmissen.«

      »Das ist ja entsetzlich. Weiß Jörn davon?«

      »Selbstverständlich. Ich habe in meinen Fieberphantasien ja alles deutlich genug verraten. Der arme Mensch war so zerknirscht, daß er mich zu meiden begann, als ich meiner Sinne wieder mächtig war. Da ging ich einfach zu ihm und legte ihm Heikes Wohl in die Hände.«

      »Und nun?« fragte er gespannt.

      »Nun sind wir die besten Freunde«, entgegnete sie, so harmlos sie konnte. Es ließ sich jedoch nicht verhindern, daß ihr das Blut heiß ins Gesicht schoß, daß sie unter seinem forschenden Blick die Augen senkte.

      »So, so«, meinte er, indem er mit einer Sorgfalt die Zigarettenasche in die Schale strich, als hinge wer weiß was davon ab. »Und nun hat er die große Rosenrot geheiratet?«

      »Ja«, atmete sie auf. »Sie sind sehr glücklich. Ricarda ist aber auch ein ganz entzückendes Menschenkind geworden.«

      »Das war sie schon immer. Und nun wollen wir uns zur Ruhe begeben, ich bin wirklich müde.«

      Vor ihrer Schlafzimmertür zog er ihre Hände an die Lippen.

      »Hab’ Dank, Sölve – heißen, ewigen Dank!«

      Dann fiel die Glastür hinter seinem Schlafzimmer zu.

      *

      Nimm fest dein Herz in beide Hände,

      halt