Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740916879
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ich meine, daß es die Gemächer meines Gatten sind«, gab Sölve so freundlich zurück, daß Frau Fröse nur mit Mühe ein Lachen unterdrükken konnte. »Ihr trinkt doch eine Tasse Kaffee mit uns? Tante Marga, sei so lieb und klingle nach Michael.«

      Der Diener trat sofort ein und brachte zwei Gedecke und von den Eßwaren, die auf dem Tisch standen, eine beträchtliche Menge dazu. Er kannte ja den Riesenappetit dieser Gäste.

      Während sie aßen und tranken, waren sie verhältnismäßig ruhig. Doch nachdem sich Frau Fränze gesättigt hatte, war ihre Zunge wieder klar zum Gefecht. Hurtig ließ sie ihre scharfen Augen im Zimmer umherschweifen und kuschelte sich dann behaglich in den bequemen Klubsessel.

      »Ja, um noch einmal darauf zurückzukommen, liebe Sölve. Du meinst also im Recht zu sein, wenn du diese Zimmer hier bewohnst?« eröffnete sie kampfbereit. »Und wenn sie Jobst in seinem Testament dem Erben zugesprochen hat?«

      »Dann soll er sie haben«, kam es gelassen zurück. »Aber vorläufig hat sie mir Tante Marga zugesprochen, die das Zwischentestament ja zur Verwalterin bestimmt hat.

      Das heißt, ich halte mich hier nur gern auf. Meine Zimmer sind nebenan, in dem die Möbel meiner Schwägerin Konstanze stehen.«

      »Was, sogar diese kostbare Einrichtung hast du dir angeeignet –?« rang Frau Fränze nach Luft.

      »Halt, keine Beleidigungen, liebe Fränze –«, unterbrach Sölve sie hochmütig. »Sonst wüßte ich als Herrin von meinem Recht Gebrauch zu machen. Damit du weißt, woran du bist, wollen wir den Verkehrston zwischen uns gleich festlegen: Wirst du unverschämt, so bin ich es auch –«, Sie schloß mit einer Harmlosigkeit, die Frau Fröse rasch das Taschentuch gebrauchen ließ.

      »Ach ja, was ich noch fragen wollte«, sagte Frau Fränze dann: »Stimmte es, daß du Heike aus der Klinik hierhergeholt hast?«

      »Ja, es stimmt. Ich gedenke sie auch hier zu behalten, wohin sie als Tochter des Hauses gehört.«

      »Das würde Jobst gewiß nicht billigen. Und ich auch nicht, da es sich um das Kind meiner Schwester handelt.«

      »Und ich bin die Mutter, Fränze – und für das Wohl meines Kindes verantwortlich.«

      »Deines Kindes? Mach dich nicht lächerlich, Sölve, das sind Phrasen, weiter nichts. Mich verbinden mit dem Kinde die Bande des Blutes.«

      »Mit einem Mal? Sonst erklärst du doch immer, daß es das kranke Blut seines Vaters hat.«

      Frau Fränze mußte sich geschlagen geben, was ihr wohl nicht oft geschah. Mit dem Gesicht einer gekränkten Königin erhob sie sich.

      »Ich möchte das Kind meiner Schwester sehen.«

      Als sie vor dem Bettchen stand, schüttelte sie mißbilligend den Kopf.

      »Lieber Himmel, so ein kümmerlicher Wurm. Das könnte der liebe Gott doch endlich zu sich nehmen. Aber das läßt er natürlich leben, während er mein blühendes Kind, meine Gundel –«

      Ein paar Tränchen wurden zerdrückt, dann ging es weiter.

      »Und das ist nun das Kind meiner kerngesunden Schwester. Von uns hat es keinen Tropfen Blut in den Adern.«

      »Gott sei Dank –«, hätte Sölve fast erwidert, verschluckte es jedoch noch zur rechten Zeit. Und da Frau Fränze nun die Neugierde gestillt und festgestellt hatte, daß Heike wirklich in Uhlen war, rüstete sie zum Aufbruch.

      Roderich, der sich langweilte weil er sich bei den »Weibern« nicht wichtig machen konnte, zog maulend hintendrein.

      Als Sölve, die den Gästen das Geleit gegeben hatte, zurückkehrte, trat ihr Frau Fröse mit ausgestreckten Armen entgegen.

      »Komm, Mädel, ich muß dir einen Kuß geben! Du entwickelst dich ja fabelhaft. In dir findet die liebe Frau Fränze bestimmt noch ihren Meister«, schloß sie mit herzlichem Lachen.

      *

      Freund, deine Schuld,

      die kenne ich kaum,

      gib ihr nicht Platz in

      des Herzens Raum.

      Nimm meine Hand,

      sieh mein Gesicht

      ich zürne dir nicht.

      Doktor von Jührich bewohnte ein entzückendes Schlößchen hoch über den Dünen.

      Er gehörte zu den beneidenswerten Menschen, die das Schicksal in eine goldene Wiege gelegt hat. Er verfügte dazu noch über hervorragende Geistesgaben, so daß er spielend leicht lernte und schon mit achtzehn Jahren die Universität bezog. Er wurde Schiffsarzt und war an fremdländischen Hospitälern tätig, schloß sich Expeditionen an und lebte nach Lust und Neigung. Wenn das Heimweh zu arg wurde, kehrte er in die Heimat zurück, um einige Monate später seine Fernsehnsucht wieder zu stillen.

      Bei der letzten Heimkehr wäre es wohl wieder so gekommen, wenn ihm nicht Sölves Krankheit Fesseln auferlegt hätte, die Freundestreue, Barmherzigkeit, und Schuldgefühl geschmiedet hatten. Von diesem kam er nicht los, weil es seine feste Überzeugung war, daß die Unterredung mit dem Freund, die er heraufbeschworen, diese hartnäckige Krankheit verursacht hatte.

      Unermüdlich war er um die Kranke tätig, machte im Verein mit seinem Paukbruder Fels fast Unmögliches möglich. Wich nicht von Sölves Seite und zog sich erst zurück, als sie emporzublühen begann. Da erst war er restlos zufrieden aber das Schuldgefühl blieb. Er hatte nicht den Mut, der gesunden Sölve unter die Augen zu treten.

      An einem Dezembertage, als die helle Wintersonne den Schnee überfunkelte und jedes Schneesternchen einzeln in glitzernde Diamanten zu verwandeln schien, saß Jörn von Jührich in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch, wo er mit einer Reiseschilderung beschäftigt war.

      Sein Diener trat ein, den er sich von der Reise mitgebracht hatte und der in ergebener Treue an ihm hing. Ein junger Deutschamerikaner, klug und taktvoll.

      »Nun, Dick, was gibt’s?«

      »Frau Baronin von Götterun möchte Herrn Doktor sprechen.«

      Jührich blieb wie festgewurzelt stehen

      »Dick, du täuschst dich auch nicht?«

      »Wo wird er –«, meldete sich Sölve, die dem Diener gefolgt war. Augen lachten ihm entgegen, in denen sich des Himmels Bläue verfangen zu haben schien. Jührich stand mitten im Zimmer und rührte sich nicht.

      »Frau Sölve, Sie kommen zu mir wirklich zu mir –?« rang er sich endlich von seinen Lippen.

      »Natürlich –«, lachte sie fröhlich. »Wenn Sie es nicht tun, dann muß ich doch damit anfangen. Wollen Sie mir nicht die Hand geben?«

      Jetzt bemerkte er erst die ausgestreckte Rechte, über die er sich nun voll Verehrung beugte. Er nahm ihr den eleganten Pelz ab, unter dem sie einen Pullover aus flauschiger Angorawolle trug und der so blau war wie ihre Augen. Sie zog das dazu passende Mützchen vom Kopf, auf dem sich ein Haar bauschte und wellte, hell und klar wie köstlicher Bernstein.

      Der Mann schaute sie wie gebannt an. »Frau Sölve – Sie sind ja schön – wunderschön –«

      »Ach, Sie meinen diesen Schopf hier?« schnitt sie eine Grimasse. »Der hat mir schon Kummer genug bereitet. Bernsteinhexe nannte man mich deshalb. Galantere sagten Möwe –«

      Möwe, ja – das konnte stimmen. So köstlich rein und frisch wehte es von ihr aus, wie der Atem des Meeres.

      Und Bernsteinhexe auch – weil ihre Augen so zauberschön waren und sie mit diesem sinnverwirrenden Lächeln die Menschen in ihren Bann zog.

      »Nehmen Sie bitte, Platz, Frau Sölve«, raffte er sich endlich auf. »Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?«

      »Natürlich! Kaffee mit allem Drum und Dran – und hinterher eine Zigarette.«

      Sie ließ sich in einen Sessel am Kamin nieder, und stumm nahm er ihr gegenüber Platz. Wie