Fußnoten:
[14] Geschwülste. Bd. I. S. 96.
[15] Handbuch der spec. Pathol. u. Therapie. 1854. I. 327–28.
[16] Archiv 1847. Bd. I. S. 105.
[17] Mein Archiv 1847. I. 135. 1853. V. 438, 444, 455.
[18] Gesammelte Abhandl. 1856. S. 323.
Fünftes Capitel.
Die Ernährung und ihre Wege.
Selbsterhaltung als Grundlage der Lehre vom Leben. Ernährung und Stoffwechsel. Ernährung im Sinne des Gesammt-Organismus: Nahrungsstoffe, Verdauung, Circulation. Ernährung im cellularen Sinne. Endosmose und Exosmose, todter Stoffwechsel. Intermediärer Stoffwechsel (Transito-Verkehr). Eigentlich nutritiver Stoffwechsel. Ernährungseinheiten und Krankheitsheerde.
Thätigkeit der Gefässe bei der Ernährung. Verhältniss von Gefäss und Gewebe. Leber. Niere. Gehirn. Muskelhaut des Magens. Knorpel. Knochen.
Abhängigkeit der Gewebe von den Gefässen. Metastasen. Gefässterritorien (vasculäre Einheiten). Die Ernährungsleitung in den Saftkanälen der Gewebe. Knochen. Zahn. Faserknorpel. Hornhaut. Bandscheiben.
Die Grundlage aller Vorstellungen über das Leben bildet die Erfahrung von der allem Lebendigen zukommenden Fähigkeit der Selbsterhaltung. Sowohl das organische Gesammt-Individuum, als die einzelne Zelle sind vermöge ihrer inneren Einrichtung (Organisation) befähigt, sich unter den mannichfaltigsten äusseren Verhältnissen zu erhalten, Störungen, die sie erlitten haben, auszugleichen (zu reguliren), und eine Reihe von Thätigkeiten zu äussern, deren einfachstes Ergebniss die Erhaltung des Status quo ist. Die Gesammtheit der Vorgänge, durch welche dieses Ergebniss erzielt wird, pflegt man mit einem allerdings sehr dehnbaren und daher auch häufig nur wenig zutreffenden Ausdrucke Ernährung (Nutrition) zu nennen[19]. Als das eigentliche Wesen der Ernährung gilt wiederum sehr allgemein der Stoffwechsel, d. h. die Aufnahme, Assimilation, Zersetzung (Desintegration) und Wiederausscheidung gewisser Stoffe, welche dieser Anschauung entsprechend Nahrungsstoffe genannt werden.
Es ist leicht verständlich, dass in der Meinung vieler Physiologen und Pathologen, namentlich vieler praktischen Aerzte die Lehre von der Ernährung als der Ausgangspunkt aller weiteren Erörterungen erscheint, und wir wollen daher diesen Punkt sofort besprechen, um so mehr, als ich die überlieferten Vorstellungen in mehrfacher Beziehung nicht als berechtigt anerkenne. Selbst die Physiologie hat erst in den letzten Jahren angefangen, sich derjenigen Betrachtungsweise anzunähern, welche ich seit langer Zeit als die entscheidende vertheidigt habe. Zwei Umstände namentlich sind es gewesen, welche die Vereinbarung erschwert haben. Einerseits die hervorragende Stellung, welche den Vorgängen der Ernährung im Gesammt-Organismus angewiesen wurde. Die Folge davon war, dass man die Forschung wesentlich auf die Geschichte der Nahrungsstoffe in den „ersten Wegen“, d. h. die Verdauung, und im Blute beschränkte, dass man also gewissermaassen da Halt machte, wo in der cellularen Anschauung die Ernährung im engeren Sinne eigentlich erst beginnt, nehmlich an den Geweben. Denn begreiflicherweise sind für denjenigen, welcher die Ernährung der einzelnen Theile als das Wesentliche ansieht, alle anderen Vorgänge nur Vorbereitungen, und so wichtig Verdauung und Circulation auch sein mögen, so können sie doch nur als Akte gelten, welche die Bestimmung haben, den Elementartheilen geeignetes Material für ihre Ernährung zu liefern. — Andererseits war der Umstand für die Einigung der verschiedenen Forscher hinderlich, dass man glaubte, mit dem blossen äusserlichen Stoffwechsel, der sogenannten Endosmose und Exosmose, das Hauptsächliche der Ernährung abgethan zu haben. Man übersah dabei, dass es auch im Todten einen Stoffwechsel gibt, wie die Geschichte der im menschlichen Körper selbst eingeschlossenen mortificirten Theile deutlich erkennen lässt[20], und dass es viel mehr auf den inneren Stoffwechsel ankommt, der sich durch blosse Endosmose und Exosmose nur unvollständig erkennen lässt. Aufnahme und Abgabe von Stoffen können erfolgen, ohne dass damit eine Ernährung bewirkt wird. Gleichwie ein Infusorium ein Indigokorn oder den Kieselpanzer einer Diatomee „frisst“, möglicherweise ohne Mund und Magen in sein Inneres aufnimmt, und diese Körper nachher wieder, möglicherweise ohne After, auswirft, so „fressen“ viele Zellen Fett, ohne es zu assimiliren oder zu verbrauchen, und sie werfen es später wieder aus, ohne es „verdaut“ zu haben. Dieser, wie ich ihn genannt habe[21], nur intermediäre Stoffwechsel (Transito-Verkehr) ist von dem eigentlich nutritiven wohl zu trennen.
Ich bin von Anfang an[22] davon ausgegangen, dass die Zellen die eigentlichen Ernährungseinheiten seien und dass sie gerade aus diesem Grunde auch als die eigentlichen Krankheitseinheiten (Krankheitsheerde) aufgefasst werden müssten. Meine eigenen Vorstellungen haben sich insofern erweitert, als ich später in schärferer Weise, als es mir ursprünglich erschien, die formativen und functionellen Vorgänge von den nutritiven getrennt habe. Trotzdem muss ich noch gegenwärtig daran festhalten, dass die cellulare Nutrition in der That die erste