Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Behrendt
Издательство: Bookwire
Серия: Leni Behrendt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959790246
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Hörte erst davon, als ich heute vormittag von meiner Reise zurückkehrte und mein Elternhaus aufsuchte. Dort erfuhr ich durch die Dienstboten von deinem Malheur, du armer Junge…«

      »Stopp«, winkte er kurz ab. »Brauchst mich nicht zu bedauern. Es geht mir hier so gut, wie es mir besser gar nicht gehen könnte.«

      »Aber wenn du lästig fällst.«

      »Ich falle hier nicht lästig.«

      »Das tust du wirklich nicht, mein Junge«, nickte ihm die Gräfin herzlich zu. »Da können Sie ganz beruhigt sein, Frau Kaunz.«

      »Das bin ich jetzt auch. Wo habe ich nur meine Zigaretten gelassen«, kramte sie in ihrer Handtasche herum, worauf die Gräfin ihr das Kästchen zuschob, das auf dem Tisch stand.

      Die raucht doch nur, um hier noch verweilen zu können, dachte Armgard amüsiert. Denn so abgebrüht sie auch sein mag, das muß sie doch merken, wie fehl sie hier am Platze ist.

      Das ist also die erste Liebe des Grafen Björn. Nun, gut sah sie ja aus, aber wieviel dabei raffinierte Kosmetik war, konnte die auf diesem Gebiet unerfahrene Armgard von Hollgan nicht sagen. Der Gesamteindruck war jedenfalls so, daß er Männern gefährlich werden konnte. Die Figur war vielleicht ein wenig zu üppig, die Beine ein wenig zu kurz, der Schimmer des braunen Haares ein wenig zu rot, aber sicher war das mondäne Fluidum, das die Fremde ausstrahlte, nicht zu übersehen.

      Verstohlen ging Armgards Blick zu dem Grafen hin, der im Sessel zurückgelehnt saß und geruhsam seine Pfeife rauchte. Was er dachte, war seiner verschlossenen Miene nicht zu entnehmen, gleichfalls nicht der seiner Mutter. Daß Lutz seine Schwester nicht besonders schätzte, merkte man an seinem Verhalten. Wohl gab er auf ihre Fragen Antwort, doch sie waren kurz und knapp. Er machte so den Eindruck, als müßte er jeden Augenblick aus der Haut fahren, wie man so sagt.

      Das schien auch seine Schwester zu empfinden, und darauf wollte sie es denn doch nicht ankommen lassen. Die Hauptsache, sie hatte sich Eintritt ins Schloß verschafft, alles andere kam so peu a peu.

      So verabschiedete sie sich denn mit der Bitte, öfter nach ihrem kleinen Bruder sehen zu dürfen. Wohl klang die Zustimmung der Gräfin nicht ermunternd, nichtsdestotrotz erschien sie am übernächsten Tag wieder, wo sie jedoch keinen von der Herrschaft antraf. Wie der Diener erklärte, war die Frau Gräfin ins Dorf gefahren, der Herr Graf befand sich im Gutsbetrieb und der Herr Lutz im Gylthaus.

      »Was macht er denn da?« fragte Jella erstaunt.

      »Das weiß ich nicht, gnädige Frau.«

      Mißgestimmt stieg sie in den Wagen und fuhr nach ihrer Heimatstadt zurück, wo sie sich nach ihres Mannes Tod eine kleine, aber komfortable Wohnung eingerichtet hatte. Die Villa, in der sie mit ihrem Mann gelebt, hatte sie verkauft. Bekam jedoch dafür lange nicht soviel Geld, wie sie annahm; denn das Haus war ziemlich verschuldet.

      Das war wieder ein harter Schlag für die geldgierige Jella, die sich nach dem Tod ihres Mannes darauf gefreut hatte, nun endlich im Geld wühlen zu können. Wohl konnte sie mit dem, was er ihr hinterließ, gut auskommen, aber das Leben in den mondänen Orten war teuer.

      Zwei Jahre lebte sie dort über ihre Verhältnisse, und das Geld zerrann ihr nur so zwischen den Fingern. Wie gut, daß sie sich in Seestadt die kleine Wohnung eingerichtet hatte, darin konnte sie solange wohnen, sich einschränken und dadurch ihre Finanzen verbessern. Und als sie dann nach Jahren den Grafen Folko wiedersah, da stand ihr Herz in Flammen.

      Gut ausgesehen hatte er ja schon damals, aber jetzt, das war ein Mann! Mit dem in der großen Welt glänzen dürfen und sich beneiden lassen.

      Den mußte sie haben und würde ihn auch bekommen. Sie kannte doch ihre Macht über die Männer.

      Das waren die Zukunftsträume der Frau Jella Kaunz, geborene Briet.

      *

      Armgard und Lutz saßen im Wohnzimmer des Gylthauses mit heißen Wangen über einer Mathematikarbeit, die es in sich hatte, wie Lutz stöhnte. Es wollte zuerst nicht in seinen Schädel, was da erklärt wurde, bis der Groschen endlich fiel.

      »Nun, dämmert es jetzt?« fragte Armgard lachend.

      »Endlich«, seufzte er. »Eigentlich ist es ganz einfach, wenn du es mir erklärst. Du weißt aber auch eine ganze Menge.«

      »Das wirst du nach dem Abitur genauso wissen«, tröstete sie. »Und was steht noch auf dem Zettel?«

      »Kaffee und viel Kuchen.«

      »Vielfraß.«

      »Und das sagst du mir, wo ich soviel von dir weiß?«

      »Ei, und ich erst von dir.«

      Sie sahen sich an wie zwei lustige Verschwörer. Frederik von der Gylt, der geruhsam seine Importe rauchte, hatte seine Freude an der frischfröhlichen Neckerei der beiden, die sich so gut verstanden. Das Sie taten sie bald als unbequem ab, und seit dem Geburtstag der Gräfin tauschte Armgard auch mit ihr und Folko das Du. Recht war es ihr wohl nicht gewesen, aber sie konnte sich dem Wunsch der älteren Dame nicht widersetzen, zumal sie zu dem Freundeskreis gehörte. Da war das Du selbstverständlich.

      Lutz’ Arm heilte zwar gut, aber so recht gebrauchen konnte er ihn noch immer nicht. Und da er laut ärztlichem Attest von der Schule dispensiert war, ließ er sich von einem Klassenkameraden laufend die Schulaufgaben schicken, die er gewissenhaft erledigte, wobei Armgard ihm half.

      So hielt er sich denn im Gylthaus fast mehr auf als im Schloß. Jedenfalls war er nie da, wenn seine Schwester ihn sehen wollte. Bis ihr die Geduld riß und sie zum Gylthaus fuhr, wo sie der Bruder, der sich gerade draußen aufhielt, vor dem Portal abfing.

      »Ja, was willst du denn?« fragte er ruppig. »Du hast doch hier nichts zu suchen.«

      »Ich bin von Heinz beauftragt, mich um dich zu kümmern.«

      »Ach nee, das ist ja ganz was Neues. Da hat er aber rasch umdisponiert. Denn heute früh rief er an und bat die Gräfin, mir noch länger Gastfreundschaft zu gewähren, da er und seine Frau viel unterwegs sein müssen, und was sagst du nun?«

      »Daß Heinz anscheinend nicht weiß, was er will. Weiß er, daß du bei den Gylts aus und ein gehst?«

      »Natürlich weiß er das und freut sich darüber. Aber weniger wird es ihn freuen, wenn ich ihm erzähle, daß du nun auch noch die Gylts zu belästigen gedenkst.«

      »Jetzt habe ich aber genug von deinen Unverschämtheiten!« fauchte sie den freundlich grinsenden Jungen an.

      »Es ist höchste Zeit, daß du ins Internat kommst, und dafür werde ich sorgen.«

      »Aber dann kannst du mich doch nicht mehr im Schloß besuchen, und das tust du doch so gern. Soll ich dir den Magneten nennen?«

      Sie warf ihm einen Blick zu, der ihn eigentlich hätte in Grund und Boden schmettern müssen. Der Wagen brauste ab, was der Lenkerin schlecht bekam. Denn auf dieser ziemlich schmalen Zufahrtsstraße, die außerdem noch am Hang lag, durfte das Tempo nicht die Dreißig überschreiten, und das Auge des Gesetzes wachte. Höflich wurde der vor Wut fast platzenden Jella von dem Gendarm, dessen Motorrad das Auto fast gerammt hätte, ein Strafzettel überreicht, und ausgerechnet da mußte aus einem Feldweg Graf Björn treten, im kurzen Pelz, mit Jägerhut, den Hund an der Leine und die Flinte über der Schulter.

      »Nanu, wen hat die Polizei denn da am Wickel?« fragte er lachend.

      »Frau Kaunz«, gab der Gendarm Auskunft. »Leider ist sie viel zu schnell gefahren, und das geht doch hier nicht an.«

      »Nein, das geht hier nicht an«, bekräftigte der Graf, der nun neben dem Wagen stand und auf das große Schild zeigte, auf dem deutlich zu lesen war, daß man auf dieser Zufahrtsstraße nicht mehr als dreißig fahren dürfe. »Wer nicht lesen kann, muß zahlen.«

      Schmunzelnd verabschiedete sich der Gesetzeshüter, fuhr mit dem Motorrad ab, und die Frau, die bei der Altersgrenze die Dreißig ungestraft überschreiten durfte, zog ein Mäulchen, das diesem Alter nicht mehr gut anstand.

      »O