Die Cabane und die Sennhütte. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Marseille besser bezahlt werden müsse, als in Arles, und machte seiner Gemahlin den Vorschlag, sich dort niederzulassen.

      Diese Ortsveränderung wurde Milette sehr schwer; sie liebte das Land, wo sie geboren worden, wo sie alle die Ihrigen zurückließ. Aus der Ferne verursachte ihr die große Stadt Furcht, wie ein Vampyr, der sie verschlingen wolle; aber ihre Thränen betrübten ihre alte Mutter; sie dachte, daß es ihr in der Ferne leichter sein würde, die ihr zu verbergen, sie zu überreden, daß sie glücklich sei, und Milette willigte in den Vorschlag ihres Mannes. Wie man sich vorstellen kann, war es nicht die Hoffnung, eine gewinnreichere Arbeit zu finden, die diesen nach Marseille zog, sondern er wollte dort einen weiteren Schauplatz für ein ausschweifendes Leben suchen: er wollte den Vorwürfen entgehen, welche eine Verwandten hinsichtlich seiner Aufführung an ihn richteten.

      Milette und ihr Mann befanden sich seit vierzehn Tagen in Marseille, als Pierre Manas den leinenen Sack, der seine Werkzeuge enthielt, noch nicht geöffnet hatte; dagegen hatte er mit allen Schenken in den Straßen der alten Hafenstadt Bekanntschaft gemacht, und er war mit vielen Quetschungen, welche die Stärke der Fäuste derjenigen bestätigten, welche sie ihm zugetheilt hatten, nach Hause zurückgekehrt.

      Wir wollen hier nicht die traurige Geschichte, die jeder weiß, von dem armen Mädchen aus dem Volke erzählen, durch das Geschick an ein schlechtes Subject gebunden, und welches weder die Zerstreuungen der Welt, noch die Entschädigungen des Wohlstandes, noch die Tröstungen der Familie hat; dergleichen Gemälde sind so herzzerreißend, daß unsere Feder sich weigert, die nachzuzeichnen; wir wollen nur sagen, daß Milette diesen bitteren Kelch bis auf die Hefen leerte; daß sie an der Seite dieses mit Wein überfüllten rohen Menschen Hunger litt; daß sie alles Elend der Einsamkeit und Verlassenheit erduldete; daß sie diese Verzweiflung kannte, die uns eine Idee von dem giebt, was man uns von der Hölle sagt.

      Das Gefühl der Pflicht war so tief eingewurzelt bei diesem schönen und edlen Wesen, daß ihr ungeachtet so vieler Qualen nie der Einfall kam, daß es möglich sei, sich denselben zu entziehen. Gott hatte die Tugend in ihr Herz gepflanzt, wie er die süßen Gesänge in die Kehlen der Vögel gelegt und den Wasserjungfern Flügel von himmelblauer Gaze gegeben hat. Nur kam ein Tag, wo selbst ihr einziger Trost, das Gebet, ohnmächtig wurde, um dieses ausgetrocknete Herz zu erfrischen; nun warf sie sich vor, daß die Mutter zu sein gewünscht hatte; und die Küsse, die sie dem Kinde gab, welches der Himmel ihr geschenkt hatte, wurden ihm zugleich aus Zärtlichkeit, Verzweiflung und Mitleid aufgedrückt, wegen des Schicksals, welches der Vater dem armen kleinen Geschöpfe bereitete.

      In der Etage unter der traurigen Haushaltung wohnte ein Arbeiter, der das gerade Gegentheil von Pierre Manas war.

      Wie dieser Letztere hatte er weder die hohe Statur, noch die stolze und entschiedene Miene; er war schlank und schmächtig, mehr häßlich, als schön, und hatte eine demüthige und traurige Physiognomie, aber Alles in seinem Wesen zeigte den arbeitsamen und geordneten Mann. Er stand vor Tagesanbruch auf, und Milette, die nicht schlief, hörte ihn seine kleine Wohnung aufräumen, wie es das sorgfältigste Kammermädchen hätte thun können. Eines Tages gestattete ihr die halb offene Thüre, einen Blick in das Zimmer des Nachbars zu thun, und sie wunderte sich sehr über die Ordnung und Reinlichkeit, die dort herrschte.

      Alle Bewohner des Hauses ließen einstimmig dem Packträger. Paul Coumbes Gerechtigkeit widerfahren.

      Pierre Manas allein beschuldigte ihn der Einfalt und Filzigkeit. Er spottete über eine friedlichen Gewohnheiten und den ländlichen Geschmack, den er zeigte.

      An einem Sonntag Morgen, als der Nachbar, ein Packet mit Sämereien unter dem Arme, aufs Land ging beleidigte ihn Pierre, weil er sich weigerte, ihm in das Wirthshaus zu folgen. Milette lief auf das Geräusch herbei, und es machte ihr viel Mühe, den jungen Mann von den Mißhandlungen ihres Mannes zu befreien; und als sie sie dann Beide die schmale Wendeltreppe hinuntersteigen sah, Pierre streitsüchtig und unverschämt, den Nachbar resigniert und entschlossen, flüsterte sie seufzend:

      »Warum habe ich diesen und nicht jenen?«

      Während der drei langen Jahre des Märtyrerthums Milettes war dies das einzige Vergehen, welches sie beging, und doch warf sie es sich mehr als einmal als ein Verbrechen vor.

      Nach Verlauf von drei Jahren hätte dieses Dasein beinahe ein tragisches Ende genommen. In einer Nacht kehrte Pierre Manas in einer schrecklichen Verwirrung zurück. Gegen seine Gewohnheit war er nur halb betrunken; er befand sich in jener Stadie der Trunkenheit, die der erstarrenden Rückwirkung vorangeht und in welcher der Wein nur noch als Reizmittel wirkt. Ueberdies hatten ihn die Matrosen geschlagen, und da er auf seine physischen Kräfte sehr stolz war, so machte ihn die Demüthigung, die er erlitten, wüthend; er war glücklich, ein schwaches Wesen zu finden, an dem er sich wegen seines Mißgeschicks rächen konnte; er gab seiner Frau die Schläge zurück, die er von den Matrosen erhalten hatte. Die arme Milette war so daran gewöhnt, daß ihre Augen, die über die Erniedrigung ihres Mannes weinten, keine Thränen für ihre eigenen Leiden fanden.

      Gelangweilt von der Einförmigkeit dieser Kraftanstrengung, suchte Pierre Manas eine andere Zerstreuung. Unglücklicherweise entdeckte er, als er in allen Winkeln umherstöberte, ein Glas Branntwein am Boden einer Flasche; er trank es und ließ im Glase die wenige Vernunft, die ihm noch übrig war.

      Da ging ihm eine seltsame Idee durch den Sinn, eine von jenen Ideen, welche die Trunkenheit dem Wahnsinn nahe bringen.

      Einer von seinen Gegnern, den Matrosen, hatte einige Augenblicke vor dem Kampfe ein Beispiel erzählt, wie er in London eine Frau habe hängen sehen. Er hatte die einzelnen Umstände darüber mitgetheilt, welche die Zuhörer leidenschaftlich aufgeregt.

      Pierre Manas wurde von einem wilden Verlangen ergriffen, in der Wirklichkeit zu sehen, wovon er nur das lockende Bild kannte.

      Von dem Gedanken bis zur Ausführung war nur eine Minute.

      Er suchte einen Hammer, einen Nagel, einen Strick.

      Als er dies. Alles gefunden hatte, suchte er nicht weiter: zum Galgen und was dazu gehörte, hatte er Alles, was er bedurfte, zur Hand. Seine arme Frau begriff nicht, was es bedeuten sollte, und sah den künftigen Henker mit erstaunten Augen an, indem sie sich fragte, welcher neue Einfall ihm in den Kopf gekommen sei.

      Pierre Manas, der ungeachtet seiner Trunkenheit alle Umstände der Erzählung im Gedächtniß behalten hatte, wollte die Sache nach der Regel in Ausführung bringen.

      Er begann damit, seine eigene Mütze auf den Kopf seiner Frau zu setzen und zog sie ihr bis zum Kinn herunter. Er fand, daß der Matrose Nichts übertrieben habe, daß es in der That sehr komisch sei, und stieß ein lautes und freudiges Lachen aus.

      Völlig beruhigt von der Heiterkeit ihres Mannes, machte Milette keine Schwierigkeit, sich die Hände auf den Rücken binden zu lassen.

      Sie konnte sich Pierres Absichten nicht eher erklären, als bis sie den kalten Strick an ihrem Halse fühlte.

      Sie stieß einen entsetzlichen Schrei aus, indem sie um Hilfe rief; aber Alles schlief im Hause. Uebrigens hatte Pierre Mamas seine Nachbarn an das Schreien der Unglücklichen gewöhnt.

      In diesem Augenblicke trat der junge Packträger, der seit einiger Zeit nicht nur die Sonntage, sondern auch alle seine Abende auf dem Lande zubrachte, in seine Wohnung.

      Milettes Geschrei hatte etwas so Trauriges, etwas so Zerreißendes, daß ihn ein Schauder überlief und seine Haare sich auf seinem Kopfe emporrichteten.

      Er stieg rasch die fünfundzwanzig Stufen hinauf, die ihn von der Dachstube des Maurers trennten, und sprengte mit einem Fußstoße die Thüre.

      Pierre Manas hatte eben seine Frau an einen Nagel gebunden; das arme Geschöpf wehrte sich noch bei den ersten Convulsionen des Todeskampfes.

      Monsieur Coumbes, denn er war, wie wir übrigens schon gesagt haben, der redliche und arbeitsame Nachbar – stürzte herbei, um dem armen Opfer zu Hilfe zu kommen, und ehe der Trunkenbold sich von seinem Erstaunen erholte, welches ihm diese Erscheinung verursachte, schnitt er den Strick ab und Milette fiel auf das Bett nieder.

      Wüthend, sich dessen beraubt zu sehen, was er für den interessantesten Theil der Unterhaltung hielt, die er sich versprochen. hatte, stürzte sich