Unterredung zwischen Penn und Sidney
Kurze Zeit nach seinem Verschwinden erhielt Sidney eine sonderbare Mittheilung von ihm. Penn bat um eine Unterredung, verlangte aber das Versprechen, daß er unangefochten in sein Versteck zurückkehren dürfe. Sidney erhielt die königliche Erlaubniß, unter dieser Bedingung die nöthige Veranstaltung zu treffen. Penn kam an den ihm bezeichneten Ort und sprach ausführlich zu seiner Vertheidigung. Er erklärte, daß er ein treuer Unterthan des Königs Wilhelm und der Königin Marie sei und daß er, wenn ihm ein Anschlag gegen sie bekannt wäre, denselben enthüllen würde. Er ging diesmal von seinem Ja und Nein ab und betheuerte vor Gott, daß er von keinem Complot wisse und daß er überhaupt gar nicht an die Existenz eines Complots glaube, es sei denn, daß man die ehrgeizigen Projecte der französischen Regierung so nennen wolle. Sidney, wahrscheinlich erstaunt, einen Mann, der einen solchen Abscheu vor dem Lügen hatte, daß er die gewöhnlichen Formen der Höflichkeit nicht beobachtete, und einen solchen Abscheu vor Eiden, daß er vor Gericht das Evangelium nicht küßte, etwas einer Lüge sehr Aehnliches sagen und mit etwas einem Eide sehr Aehnlichen bekräftigen zu hören, fragte ihn, wie man sich die Existenz der bei Ashton gefundenen Briefe und Notizen erklären solle, wenn wirklich kein Complot bestehe. Dieser Frage wich Penn aus. „Wenn ich nur mit dem Könige sprechen könnte,” sagte er, „so würde ich ihm Alles offen gestehen. Ich würde ihm Vieles sagen, was ihm zu wissen wichtig sein würde. Nur auf diese Weise kann ich ihm nützlich werden. Ein Kronzeuge kann ich nicht sein, denn mein Gewissen erlaubt mir nicht zu schwören.” Er versicherte Sidney, daß die gefährlichsten Feinde der Regierung die unzufriedenen Whigs seien. „Die Jakobiten sind nicht gefährlich, denn es ist kein Einziger unter ihnen, der gesunden Verstand hat. Einige von Denen, die mit dem Könige aus Holland herübergekommen, sind weit mehr zu fürchten.” Namen scheint Penn nicht genannt zu haben. Man ließ ihn ungehindert wieder gehen und es wurden auch keine thätigen Nachforschungen nach ihm angestellt. Er blieb noch einige Monate in London verborgen, stahl sich dann nach der Küste von Sussex und entkam nach Frankreich. Nachdem er ungefähr drei Jahre im Verborgenen umhergestreift war, söhnte er sich durch Vermittelung einiger hochgestellter Männer, die seine Fehler um seiner guten Eigenschaften willen übersahen, mit der Regierung aus und wagte es wieder seine geistlichen Functionen zu verrichten. Die Art und Weise jedoch, wie er die gegen ihn geübte Milde vergalt, gereicht seinem Character nicht zu großer Ehre. Kaum hatte er wieder angefangen, öffentlich über die Unrechtmäßigkeit des Kriegs zu haranguiren, so schickte er eine Botschaft ab, durch die er Jakob dringend aufforderte, mit dreißigtausend Mann unverzüglich eine Landung in England zu unternehmen.39
Preston begnadigt
Es vergingen noch einige Monate, ehe Preston’s Schicksal entschieden wurde. Nach wiederholten Aufschiebungen setzte die Regierung, welche überzeugt war, daß er, obwohl er viel gesagt hatte, noch mehr sagen könne, einen Tag zu seiner Hinrichtung fest und befahl den Sheriffs, die Todesmaschinerie in Bereitschaft zu halten.40 Er erlangte jedoch einen abermaligen Aufschub und nach Verlauf einiger Wochen erhielt er seine Begnadigung, die sich indeß nur auf sein Leben erstreckte, sein Vermögen aber allen Consequenzen der Verurtheilung unterwarf. Kaum war er in Freiheit gesetzt, so gab er neue Ursache zu Aergerniß und Verdacht und wurde abermals verhaftet, verhört und eingesperrt.41 Endlich gestattete man ihm, sich, verfolgt von dem Hohngeschrei und den Verwünschungen beider Parteien, auf ein einsames Landhaus im nördlichen Bezirke von Yorkshire zurückzuziehen. Hier hatte er wenigstens nicht die zornigen Blicke ehemaliger Parteigenossen zu ertragen, die ihn einst für einen Mann von furchtlosem Muthe und makelloser Ehre gehalten hatten, die aber jetzt erklärten, daß er im besten Falle ein Feigling sei, und den Verdacht äußerten, daß er von Anfang an ein Spion und Verführer gewesen.42 Er verwendete den kurzen und traurigen Rest seines Lebens dazu, den Trost des Boethius ins Englische zu übersetzen. Die Uebersetzung erschien nach dem Tode des Uebersetzers im Druck. Sie ist hauptsächlich wegen einiger völlig mißlungener Versuche, unsren Versbau mit neuen Metren zu bereichern und wegen der Anspielungen, mit denen die Vorrede angefüllt ist, interessant. Unter einem dünnen Schleier bildlicher Redensarten legte Preston dem Mitleid oder der Verachtung des Publikums seinen befleckten Ruf und sein gebrochenes Herz dar. Er beklagte sich, daß das Tribunal, das ihn zum Tode verurtheilt, milder gegen ihn gehandelt habe als seine früheren Freunde, und daß Viele, die niemals durch Versuchungen wie die seinigen geprüft worden seien, sich sehr wohlfeil den Ruf des Muthes erworben hätten, indem sie über seine Aengstlichkeit gespöttelt und von ferne Schrecken getrotzt, welche in der Nähe gesehen selbst einen standhaften Geist besiegen müßten.
Freude der Jakobiten über den Fall von Mons
Der Muth der Jakobiten, der auf einige Zeit durch die Entdeckung des Preston’schen Complots gebeugt worden war, wurde durch den Fall von Mons wieder aufgerichtet. Die Freude der ganzen Partei war grenzenlos. Die eidverweigernden Priester liefen zwischen Sam’s Kaffeehaus und Westminster Hall hin und her, Ludwig preisend und über den kläglichen Ausgang der Berathungen des Congresses lachend. Im Park zeigten die Mißvergnügten ihre stolzesten Mienen und predigten mit ihrer lautesten Stimme Aufruhr. Der Hervorragendste unter diesen Großsprechern war Sir Johann Fenwick, der unter der vorigen Regierung in großer Gunst gestanden und ein hohes militärisches Commando bekleidet hatte und jetzt ein unermüdlicher Agitator und Verschwörer war. In seinem Freudentaumel vergaß er die Artigkeit, die der Mann dem andren Geschlecht schuldig ist. Schon mehr als einmal hatte er sich durch seine Impertinenz gegen die Königin bemerkbar gemacht. Jetzt trat er ihr absichtlich in den Weg, wenn sie ihre Erholungspromenade machte, und während Alles um ihn her das Haupt entblößte und sich tief verbeugte, sah er sie starr an und drückte vor ihren Augen den Hut tiefer über die Stirn. Die Beleidigung war nicht nur roh, sondern feig, denn das Gesetz hatte keine Strafe für bloße Impertinenz und der König war der einzige Gentleman und Offizier im Königreiche, der seine Gemahlin nicht mit dem Degen gegen Insulten schützen konnte. Die Königin konnte weiter nichts thun als den Parkhütern befehlen, daß sie Sir John nicht wieder einließen. Lange nach ihrem Tode kam eine Zeit, wo er Ursache hatte zu wünschen, daß er seine Unverschämtheit gezügelt haben möchte. Er erhielt fühlbare Beweise, daß er von allen Jakobiten, die verzweifeltsten Mörder nicht ausgenommen, der einzige war, gegen den Wilhelm einen heftigen persönlichen Widerwillen empfand.43
Die erledigten Bisthümer werden besetzt
Einige Tage nach diesem Ereignisse begann die Wuth der Mißvergnügten heftiger aufzulodern als je. Die Entdeckung der Verschwörung, deren Haupt Preston gewesen war, hatte eine Krisis in den kirchlichen Angelegenheiten herbeigeführt. Die eidverweigernden Bischöfe hatten während des Jahres, das auf ihre Absetzung folgte, die Amtswohnungen innebehalten,