Es ist ein bedeutsames Factum, daß die jungen Zeitungen alle auf Seiten Wilhelm’s und der Revolution waren. Dieses Factum mag sich zum Theil durch den Umstand erklären lassen, daß anfangs die Existenz der Herausgeber von ihrem guten Verhalten abhing. Es war keineswegs klar, ob ihr Gewerbe an sich nicht ungesetzlich war. Das Drucken von Zeitungen war allerdings durch kein Gesetz verboten; aber gegen das Ende der Regierung Karl’s II. hatten die Richter erklärt, daß es nach dem Landrecht ein Vergehen sei, politische Nachrichten ohne Erlaubniß des Königs zu veröffentlichen. Freilich waren die Richter, welche dieses Prinzip aufstellten, nach dem Belieben des Königs absetzbar und beeiferten sich bei jeder Gelegenheit, die königliche Prärogative zu erhöhen. Wie Holt und Treby die Frage, wenn sie wieder aufgeworfen worden wäre, entschieden haben würden, ist zweifelhaft, und die Folge dieser Ungewißheit war, daß die Minister der Krone Nachsicht übten und daß die Journalisten sich vorsahen. Keiner von beiden Theilen hegte den Wunsch, die Rechtsfrage zur Erörterung zu bringen. Die Regierung ließ daher das Erscheinen von Zeitungen stillschweigend hingehen, und die Herausgeber derselben hüteten sich sorgfältig, etwas zu drucken, was die Regierung provociren oder beunruhigen konnte. In einer der ersten Nummern eines der neuen Journale erschien allerdings ein Artikel, der darauf hindeuten zu wollen schien, daß die Prinzessin Anna sich nicht aufrichtig über den Fall von Namur freue. Aber der Drucker beeilte sich, seinen Fehler durch die demüthigsten Entschuldigungen wieder gut zu machen. Eine geraume Zeit waren die nichtamtlichen Zeitungen, wenn auch viel plauderhafter und unterhaltender als die amtliche Gazette, fast eben so höfisch. Wer sie nachliest, wird finden, daß der König stets mit der größten Ehrerbietung erwähnt wird. Ueber die Debatten und Abstimmungen der beiden Häuser wird ein ehrfurchtsvolles Stillschweigen beobachtet. Es kommen zwar viel Schmähungen darin vor; aber diese sind fast alle gegen die Jakobiten und die Franzosen gerichtet. Es scheint gewiß, daß die Regierung Wilhelm’s durch die Substituirung dieser unter beständiger Furcht vor dem Generalfiskal redigirten gedruckten Zeitungen an Stelle der mit zügelloser Freiheit geschriebenen Neuigkeitsbriefe nicht wenig gewann.59
Die Pamphletisten standen unter minder harten Beschränkungen als die Journalisten; doch muß Jeder, der die politische Polemik der damaligen Zeit aufmerksam studirt hat, bemerkt haben, daß die Libelle gegen Wilhelm’s Person und Verwaltung während der zweiten Hälfte seiner Regierung entschieden weniger heftig und hämisch waren als während der ersten Hälfte. Und der Grund davon ist offenbar kein andrer als der, weil die Presse, welche während der ersten Hälfte seiner Regierung in Ketten und Banden lag, während der zweiten Hälfte frei war. So lange die Censur bestand, hatte keine Schrift, welche die Leitung eines Verwaltungszweiges wenn auch in der gemäßigtsten und anständigsten Sprache tadelte, Aussicht, mit Genehmigung des Censors gedruckt werden zu dürfen. Im Allgemeinen blieben daher selbst die achtbaren und gemäßigten Gegner des Hofes, da sie es nicht über sich gewinnen konnten, in der vom Gesetz vorgeschriebenen Weise zu drucken, und es nicht für recht oder rathsam hielten, in einer vom Gesetz verbotenen Weise zu drucken, lieber ganz still und überließen die Kritik der Verwaltung zwei Klassen von Menschen: fanatischen Eidverweigerern, welche aufrichtig glaubten, daß der Prinz von Oranien eben so wenig Anspruch auf Schonung oder Artigkeit habe, wie der Fürst der Finsterniß, und gemeinen, boshaften und lästerzüngigen Miethlingen in Grub Street. Daher gab es unter den Vielen, welche gegen die Regierung zu schreiben pflegten, kaum einen einzigen Verständigen, Gemäßigten und Rechtschaffenen. Die Gewohnheit, gegen die Regierung zu schreiben, übte in der That an sich eine ungünstige Wirkung auf den Character aus, denn wer gewohnt war, gegen die Regierung zu schreiben, der war auch gewohnt, die Gesetze zu übertreten, und die Gewohnheit selbst ein unbilliges Gesetz zu übertreten, führt den Menschen zu völliger Gesetzlosigkeit. Wie absurd ein Zolltarif auch immer sein mag, ein Schmuggler wird stets nur zu wahrscheinlich ein Schurke und Spitzbube sein. Wie despotisch ein Jagdgesetz immer sein mag, der Uebergang von einem Wilddieb zu einem Mörder ist nur zu leicht. Ebenso war, obgleich sich zu Gunsten der die Literatur beschränkenden Gesetze nur wenig sagen läßt, doch große Gefahr vorhanden, daß ein Mann, der diese Gesetze beständig verletzte, kein Mann von besonderer Ehre und strenger Rechtschaffenheit sein würde. Ein Autor, der sich vorgenommen hatte, etwas drucken zu lassen, und die Erlaubniß des Censors dazu nicht erlangen konnte, mußte sich der Beihülfe bedürftiger und verzweifelter Menschen bedienen, welche, von den Dienern des Friedensgerichts verfolgt und gezwungen, jede Woche andere Namen und Verkleidungen anzunehmen, ihr Papier und ihre Typen in jenen Höhlen des Lasters verbargen, welche die Pest und die Schande großer Hauptstädte sind. Solche Elende mußte er erkaufen, damit sie sein Geheimniß bewahrten und sich der Gefahr aussetzten, anstatt seiner ausgepeitscht zu werden oder die Ohren zu verlieren. Ein Mann, der sich zu solchen Genossen und zu solchen Hülfsmitteln herabließ, konnte einen zarten Sinn für Recht und Schicklichkeit kaum unversehrt bewahren. Die Emancipation der Presse bewirkte eine große und heilsame Aenderung. Die besten und einsichtsvollsten Männer in den Reihen der Opposition übernahmen jetzt ein Amt, das bisher den Gewissenlosen und Heißblütigen überlassen gewesen war. Schriften gegen die Regierung wurden jetzt in einem Tone geschrieben, dessen sich Staatsmänner und Gentlemen nicht zu schämen brauchten, und selbst die Producte der niederern und heftigeren Klasse der Mißvergnügten wurden etwas weniger roh und gemein, als sie es in den Tagen der Censoren gewesen waren.
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