Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22.. Томас Бабингтон Маколей. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Томас Бабингтон Маколей
Издательство: Public Domain
Серия:
Жанр произведения: История
Год издания: 0
isbn:
Скачать книгу
war dann ein Günstling geworden und hatte nie aufgehört, es zu sein. In den äußern Vorzügen, wegen denen die französische Aristokratie damals in ganz Europa berühmt war, zeichnete sich Villeroy selbst unter der französischen Aristokratie aus. Er war von hoher Statur und hatte angenehme Züge, seine Manieren waren von edler und etwas hochmüthiger Artigkeit, sein Anzug, sein Ameublement, seine Equipagen und seine Tafel prächtig. Niemand erzählte eine Anekdote mit größerer Lebendigkeit; Niemand ritt besser bei einer Jagdpartie; Niemand hatte mehr Glück bei dem schönen Geschlecht; Niemand setzte und verlor Haufen von Gold mit liebenswürdigerem Gleichmuth; Niemand kannte die Abenteuer, die Freunde und die Feinde der Herren und Damen, welche täglich die Säle von Versailles füllten, genauer als er. Besonders zwei Charactere hatte dieser vollendete Cavalier seit vielen Jahren studirt und alle ihre Falten und Winkel kennen gelernt: den Character des Königs und den der Frau, die in Allem, dem Namen ausgenommen, Königin war. Damit aber waren Villeroy’s Kenntnisse zu Ende. In der Literatur sowohl wie in geschichtlichen Dingen war er völlig unwissend. Im Staatsrathe öffnete er nie den Mund, ohne sich Blößen zu geben. Für den Krieg besaß er keine einzige Qualification außer dem persönlichen Muthe, den er mit der ganzen Klasse gemein hatte, der er angehörte. In jeder wichtigen Krisis seiner politischen und militärischen Laufbahn war er abwechselnd trunken von Arroganz oder völlig muthlos. Kurz bevor er einen bedeutungsvollen Schritt that, war sein Selbstvertrauen grenzenlos; er hörte auf keinen Rath und ließ den Gedanken, daß ein Fehlschlagen möglich sei, gar nicht in sich aufkommen. Bei der ersten Niederlage aber gab er Alles verloren, wurde unfähig zu leiten und anzuordnen und rannte in hilfloser Verzweiflung hin und her. Ludwig liebte ihn jedoch, und man muß Villeroy die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er Ludwig ebenfalls liebte. Die Güte des Gebieters war gegen alles Unheil probefest, das die Unbesonnenheit und Schwäche des Dieners über sein Königreich brachte, und die Dankbarkeit des Dieners äußerte sich bei mehr als einer Gelegenheit nach dem Tode des Gebieters in ehrenvoller, wenn auch nicht wohlbegründeter Weise.44

      Der Herzog von Maine

      Ein solcher Mann war der General, dem die Leitung des Feldzugs in den Niederlanden anvertraut wurde. Der Herzog von Maine wurde hingeschickt, um unter diesem Lehrer die Kriegskunst zu erlernen. Maine, der natürliche Sohn Ludwig’s von der Herzogin von Montespan, war von Kindheit auf von Frau von Maintenon erzogen worden und wurde von Ludwig mit der Liebe eines Vaters, von Frau von Maintenon mit der nicht minder zärtlichen Liebe einer Pflegemutter geliebt. Ernste Männer nahmen Anstoß daran, daß der König, während er eine so große Frömmigkeit zur Schau trug, in so auffälliger Weise seine Vorliebe für diese Frucht eines doppelten Ehebruchs an den Tag legte. Allerdings, sagten sie, sei ein Vater seinem Kinde Zuneigung schuldig, aber ein Souverain sei seinem Volke auch die Beobachtung der Schicklichkeit schuldig. Trotz dieses Murrens war der Sohn öffentlich anerkannt, mit Reichthum und Ehre überhäuft, zum Herzog und Pair creirt, durch einen außerordentlichen Act königlicher Gewalt über Herzöge und Pairs von älterem Datum gestellt, mit einer Prinzessin von königlichem Geblüt vermählt und zum Großmeister der Artillerie des Reichs ernannt worden. Mit Talenten und Muth hätte er eine große Rolle in der Welt spielen können. Aber sein Geist war beschränkt, seine Nerven schwach, und die Weiber und Priester, die ihn erzogen, hatten die Natur wirksam unterstützt. Er war orthodox in seinem Glauben, correct in seiner moralischen Führung, einschmeichelnd in seinem Benehmen, ein Heuchler, ein Unheilstifter und ein Feigling.

      Man erwartete in Versailles, daß Flandern in diesem Jahre der Hauptkriegsschauplatz sein werde. Es wurde daher dort eine große Armee zusammengezogen. Starke Linien wurden von der Lys bis zur Schelde gebildet, und Villeroy nahm sein Hauptquartier in der Nähe von Tournay. Boufflers beobachtete mit etwa zwölftausend Mann die Ufer der Sambre.

      Auf der andren Seite standen die britischen und holländischen Truppen unter Wilhelm’s unmittelbarem Commando in der Nähe von Gent. Der Kurfürst von Baiern lag an der Spitze eines starken Corps bei Brüssel. Eine kleinere Heeresabtheilung, hauptsächlich aus Brandenburgern bestehend, lagerte nicht weit von Huy.

      Anfangs Juni begannen die militärischen Operationen. Die ersten Bewegungen Wilhelm’s waren bloße Scheinbewegungen, durch welche er die französischen Generäle verhindern wollte, seine wirkliche Absicht zu muthmaßen. Er hatte sich vorgenommen, Namur wieder zu nehmen. Der Verlust dieser Festung war der empfindlichste von allen Unfällen eines unglücklichen Feldzugs gewesen. Die Wichtigkeit Namur’s vom militärischen Gesichtspunkte war stets groß gewesen und war während der seit der letzten Belagerung verflossenen drei Jahre größer geworden als je. Die alten Vertheidigungsmittel, welche Cohorn mit Aufbietung seiner ganzen Kunst errichtet hatte, waren durch neue Befestigungen, die Meisterwerke Vauban’s, verstärkt worden. Die beiden berühmten Ingenieurs hatten so geschickt mit einander gewetteifert und waren der Natur so geschickt zu Hülfe gekommen, daß die Festung für die stärkste in ganz Europa galt. Ueber dem einen Thore hatte man eine prahlerische Inschrift angebracht, welche die Verbündeten herausforderte, den Preis den Händen Frankreich’s zu entreißen.

      Wilhelm hielt seine Absicht so sorgfältig geheim, daß nicht die leiseste Andeutung davon ruchbar wurde. Einige hielten Dünkirchen, Andere Ypern für das Ziel seiner Operationen. Die Märsche und Scharmützel, durch die er sein Vorhaben verdeckte, wurden von Saint-Simon mit den Zügen eines geschickten Schachspielers verglichen. Feuquières, der in der Kriegswissenschaft weit gründlicher bewandert war als Saint-Simon, sagt uns, daß einige von diesen Zügen gewagt gewesen seien und ein solches Spiel nicht ungestraft gegen Luxemburg hätte gespielt werden können, und dies ist wahrscheinlich richtig; aber Luxemburg war nicht mehr und was Luxemburg für Wilhelm gewesen war, das war jetzt Wilhelm für Villeroy.

      Jakobitische Complots gegen die Regierung während Wilhelm’s Abwesenheit

      Während der König so beschäftigt war, begnügten sich zu Hause die Jakobiten, da sie in seiner Abwesenheit ihre Pläne gegen seine Person nicht verfolgen konnten, mit Conspiriren gegen seine Regierung. Sie wurden etwas weniger scharf bewacht als während des vorhergehenden Jahres, denn der Ausgang der Untersuchungen in Manchester hatte Aaron Smith und seine Agenten entmuthigt. Trenchard, der sich durch seine Wachsamkeit und Strenge zu einem Gegenstande des Schreckens und Hasses gemacht hatte, war nicht mehr und hatte in dem was man den untergeordneten Staatssekretärposten nennen kann, Sir Wilhelm Trumball zum Nachfolger erhalten, einen gelehrten Juristen und erfahrenen Diplomaten von gemäßigten Ansichten und einer Behutsamkeit, die an Zaghaftigkeit grenzte.45 Die Mißvergnügten wurden durch die Milde der Regierung kühn gemacht. Wilhelm war kaum nach dem Continent abgesegelt, so hielten sie an einem ihrer Lieblingszusammenkunftsorte, dem Old King’s Head in Leadenhall Street, ein großes Meeting. Charnock, Porter, Goodman, Parkyns und Fenwick waren anwesend. Auch der Earl von Aylesbury war zugegen, ein Mann, dessen Anhänglichkeit an das exilirte Königshaus notorisch war, der es aber stets in Abrede stellte, daß er je daran gedacht habe, durch unmoralische Mittel eine Restauration herbeizuführen. Sein Leugnen würde mehr Anspruch auf Glaubwürdigkeit haben, hätte er nicht dadurch, daß er der Regierung, gegen die er beständig intriguirte, die Eide geleistet, das Recht verwirkt, als ein Mann von Gewissen und Ehre betrachtet zu werden. Ferner nahm Sir John Friend an der Versammlung Theil, ein Eidverweigerer, der zwar einen sehr schwachen Verstand besaß, sich aber als Brauer ein sehr großes Vermögen erworben hatte, das er bereitwillig auf Insurrectionspläne verwendete. Nach dem Diner – denn die Pläne der Jakobiten wurden gewöhnlich beim Weine entworfen und zeigten in der Regel einige Spuren von der heiteren Gemüthsstimmung, in der sie entstanden waren – wurde resolvirt, daß die Zeit zu einem Aufstande und zu einer französischen Invasion gekommen sei und daß ein besonderer Abgesandter die Ansicht der Versammlung nach Saint-Germains überbringen sollte. Charnock wurde dazu auserwählt. Er nahm den Auftrag an, fuhr über den Kanal, sprach mit Jakob und hatte Unterredungen mit den Ministern Ludwig’s, konnte aber nichts zu Stande bringen. Die englischen Mißvergnügten wollten nichts unternehmen, bevor nicht zehntausend Mann französischer Truppen auf der Insel wären, und zehntausend Mann konnten nicht ohne große Gefahr der Armee entzogen werden, welche in den Niederlanden gegen Wilhelm kämpfte. Als Charnock zurückkehrte, um die Erfolglosigkeit seiner Sendung zu berichten, fand er einige seiner Bundesgenossen im Gefängniß. Sie hatten sich während seiner Abwesenheit


<p>44</p>

Eine treffliche Characteristik Villeroy’s befindet sich in Saint-Simon’s Memoiren.

<p>45</p>

Einige interessante Züge von Trumball’s Character findet man in Pepys’ Tangerschen Tagebuche.