Reise über Indien und China nach Japan.. Freiherr von und zu Richard Eisenstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Freiherr von und zu Richard Eisenstein
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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werden wir am Samstag, den 18. Februar, zur Mittagszeit in Bombay eintreffen.

      Am 12. Februar betrug die Temperatur nur mehr 21° R. Es war ein windstiller, herrlich schöner Sonntag, dessen Feier über meine Initiative dadurch begangen wurde, dass der amerikanische Missionär im würdig dazu hergerichteten Schiffssalon andachtsvoll den Gottesdienst verrichtete.

      Am 13. Februar hatten wir abermals eine entzückende Fahrt. Es schien die Sonne, eine leichte Brise machte die Temperatur von 21° R. ganz angenehm, und ruhig glitt das Schiff über den unabsehbar grossen Indischen Ocean dahin. Gegen Abend erhob sich plötzlich ein ziemlich heftiger Ostwind, der unser Schiff so stark rüttelte und schüttelte, dass der amerikanische Missionär und seine Gattin von der Seekrankheit befallen wurden.

      Am 14. Februar drehte sich der Wind mehr nach Norden, und er blies tagsüber mit ziemlicher Heftigkeit aus Nordost, also aus der Richtung, in welcher Persien und Balutschistan liegen. Die Temperatur betrug nur 20° R. Der arme Missionär sammt Gattin litten fortgesetzt an der Seekrankheit.

      Der 15. Februar brachte wieder Ruhe in Wind und Wellen, und es stellte sich eine angenehme Behaglichkeit in dem Dahingleiten unseres Schiffes ein, was dem guten Missionärpaare wohl sehr zu statten kam. Das Thermometer zeigte zu Mittag 19° R., später 18° R. Ein solcher Abend bei ruhiger See, im Mondenscheine auf Deck zugebracht, ist wahrlich ein hoher Genuss. Die weite, weite dunkle Fläche des Meeres wird in breiten und immer breiter werdenden Streifen vom Monde erleuchtet und schimmert hier wie von einem beweglichen Auerlichte erhellt; oben auf dem blassblauen Himmel erglänzen in voller Pracht die tausende und tausende Sterne, unter welchen im fernen Süden das Kreuz sich wie ein Wahrzeichen abhebt, und aus dem Meere ertönt ein dumpfes Wellen und Schwellen, ein Sausen und Brausen, ein Rauschen und Plauschen wie aus einer wunderbaren Märchenwelt, so dass auch den bejahrten Mann ein traumhaftes Schauen und Lauschen ergreift.

      Am 16. Februar erfreuten wir uns wieder des hellsten Sonnenscheines, einer vollkommenen Meeresruhe und einer linden Luft von 18-19° R. In einem bis anderthalb Tagen werden wir in Bombay eingelangt sein; von da sind wir 8000 km oder beinahe um zwei Dritttheile des Erddurchmessers von Triest entfernt und fast um vier Stunden in der Tageszeit voraus.

      Der 17. Februar brachte die gleichen Witterungs- und Fahrtverhältnisse, wie selbe Tags vorher waren, und somit ist die Ankunft in Bombay für morgen Vormittag gesichert. Drei volle Wochen befinde ich mich dann an Bord des Dampfers Maria Theresia, während welcher Zeit es mir vorzüglich gut ergangen ist. In geistiger Hinsicht habe ich mich an den wechselvollen Eindrücken der Reise ergötzt und diese zu Papier gebracht, beschäftigte mich mit der Lectüre der Reisebeschreibungen von Indien und China von Sr. k. u. k. Hoheit dem Herrn Erzherzog Franz Ferdinand und von Baron Hübner, und füllte die übrige Zeit mit Lesen von anderen deutschen und englischen Büchern aus, und in physischer Beziehung konnte ich mich an der herrlichen Seeluft und an den ausgezeichnet guten Mahlzeiten erfreuen, sowie an einem famosen Schlafe erquicken. Mit voller Anerkennung muss ich es hier noch hervorheben, dass der Schiffscapitän während der ganzen Zeit gegen die Reisenden sehr zuvorkommend war. Bei Tische wurde stets eine animirte Conversation geführt und fehlte es somit auch nicht an erwünschter Unterhaltung.

      Aufenthalt in Bombay

      Samstag, den 18. Februar, langten wir in dem Hafen von Bombay um 8 Uhr Morgens an, woselbst das Schiff verankert wurde, um Nachmittags in die Docks zu fahren. Bombay präsentirt sich als eine sehr grosse Stadt, da sich dieselbe längs des Meeresufers auf ein Länge von 8 km ausdehnt. Die Stadt befindet sich aber nicht auf dem Festlande, sondern auf einer, dem Festlande vorgelagerten Insel. Sie ist von mehr als 800.000 Menschen bewohnt, von welcher Zahl nur etwa 3000 Seelen auf Europäer, hauptsächlich Engländer, entfallen, während das Hauptcontingent aus Hindus, Parsen und Muhamedanern besteht. Eine grosse Menge von Fabriksschloten ist sichtbar, welche meist zu Wollspinnereien und Webereien gehören, da in Bombay vier Millionen Spindeln und 15.000 Webstühle im Betriebe stehen und hierbei gegen 70.000 Menschen verwendet werden. Auf der Seeseite, sowie landeinwärts auf den Spitzen von Hügeln sieht man je drei Forts, welche sämmtlich zum Schutze des Hafens und der Stadt errichtet wurden. Die Besatzung von Bombay besteht aus einem englischen Infanterieregimente, drei englischen Artilleriecompagnien, zwei einheimischen Infanterie- und zwei einheimischen Cavallerieregimentern, Marinemineurs, Eisenbahncompagnien u. s. w.

      Unser Consul hatte die Freundlichkeit, an Bord des Lloydschiffes einen Mann zu entsenden, welcher mir mittheilte, dass im Hôtel auf der Esplanade für mich eine Wohnung bestellt wurde. Ich liess mich nun gleich einschiffen, begab mich in das Consulatsgebäude, und lernte dortselbst den Generalconsul, den Viceconsul und das Consulatspersonale kennen. Der Generalconsul ertheilte mir den Rath, mir für die eventuell nach dem Norden von Indien zu unternehmende Reise von Cook & Son die nöthigen Aufklärungen geben und ein Reiseprogramm entwerfen zu lassen. Die genannte Gesellschaft schlug mir vor, Jaipur, Delhi, Agra und Benares zu besuchen, wozu mindestens zehn Tage erforderlich wären. Der Fahrpreis I. Classe würde nur 160 Rupien, das sind 120 fl. ö. W., betragen, da die Eisenbahnfahrten in Indien fabelhaft billig sind. Hierzu muss ich noch bemerken, dass der Reisende I. Classe für die Nacht im Waggon ein Bett erhält und dass zu entsprechenden Zeiten in den Stationen europäisch eingerichtete Restaurants mit fixen Preisen angetroffen werden.

      Aus den mir gemachten Mittheilungen ergab es sich aber, dass mir kaum die erforderliche Zeit zu dieser Reisetour erübrigt wird, da ich mich doch etliche Tage in Bombay aufhalten wollte, um diese grösste Stadt Indiens wenigstens theilweise kennen zu lernen. Ich fuhr hierauf zu dem Generalagenten des Oesterreichischen Lloyd, um auch mit diesem meine Reiseprojecte zu besprechen, und hierbei vor Allem in Erfahrung zu bringen, an welchem Tage der Dampfer Marie Valerie, auf welchem ich meine Reise fortzusetzen habe, voraussichtlich von hier abdampfen werde. Der Termin für diese Abfahrt wurde für den 1. März, spätestens den 2. März angegeben, so dass bei einem nur zweitägigen Aufenthalte in Bombay nicht mehr als eine Woche für die beabsichtigte Reise in das Innere des Landes übrig bliebe. Es entfiel demnach die Idee für eine solche Tour. Der Generalagent erbot sich dann, mich am nächsten Tage, Sonntag, Vormittag in Bombay herumzuführen, und lud mich ein, hierauf bei ihm um 2 Uhr das Tiffin (zweites Frühstück) zu nehmen. Bevor ich mich nun nochmals auf den Dampfer Maria Theresia zurückbegab, kaufte ich für 5 Rupien, das sind 4 fl., 80 Stück Ansichts-Correspondenzkarten, um dieselben auf dem Schiffe mit den nöthigen Adressen zu versehen. Um 4 Uhr Nachmittags kam ich in den Docks an und übergab dort das mitgenommene Schreiben des englischen Botschafters in Wien an die indische Zollbehörde, dem höchsten Zollbeamten. Wir kamen dann überein, dass ich die Kiste mit den Gewehren und Patronen vor der Hand noch auf dem Dampfer so lange belasse, bis ich dieselben auf dem Lande benöthigen werde, und dass ich bei der Einhändigung der Waffen einen bestimmten Betrag zu erlegen habe, der mir seinerzeit, sobald die Gewehre wieder an Bord des Schiffes gelangen, restituirt werden wird. Im Uebrigen liessen die Zollbeamten meine Bagage ganz unbehindert passiren.

      Als ich in meinem Hôtel ankam, wurde mir ein hübsches Zimmer mit einem kleinen Balkon und der Aussicht auf das Meer angewiesen. Dasselbe enthielt ein grosses, quadratförmig construirtes Bett, welches ringsum mit einem Mosquitonetze umgeben war, zwei Kästen, einen Waschtisch, Stühle und Tische, sowie elektrische Beleuchtung, und hat einen Nebenraum, in welchem sich eine Badewanne mit Pipen für kaltes und warmes Wasser und sonstiges Geräthe befanden. Die Hôtelzimmer sind sehr hoch (gegen 6 m), die sehr breiten Fenster reichen bis zum Boden und sind nach aussen hin mit Jalousien versehen. Bei dem Bau des Hauses wurden viele eiserne Säulen und Eisentraversen, dann Balken und Bretter, und nur wenig und sehr schmales Mauerwerk in Verwendung gebracht. Das ganze Hôtel ist somit recht luftig, dafür aber auch sehr geräuschvoll, ein Umstand, welcher speciell zur Schlafenszeit sehr lästig wird.

      Der Eindruck, welchen ich bei dem Eintritte in die Stadt erhielt, war in erster Linie der des Erstaunens über die grosse Anzahl herrlicher Gebäude mit ihren Bogengängen, Kuppeln, Thürmen und Zieraten, die durch die Verschiedenartigkeit ihrer Farben sehr zur Geltung gelangen, und dann, im geraden Gegensatze hiervon, über die überaus einfache Kleidung der braunen und schwarzen Menschen, denen man auf der Strasse begegnet. Häufig besteht diese Kleidung bei den Männern nur aus einem Stückchen von weissem Linnen, welches um die Lenden geschlungen ist, und bei den Frauen aus färbigem Linnen, welches aber auch den Oberkörper bedeckt. Dabei sind diese Menschen jämmerlich mager