Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil. Brockhaus Heinrich Eduard. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Brockhaus Heinrich Eduard
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
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Mallinckrodt; Beide nahmen bald darauf noch einen dritten jungen Dortmunder, Gottfried Wilhelm Hiltrop, zum Associé an, und so wurde zwischen ihnen am 15. September 1796 ein Societätsvertrag abgeschlossen. Ihr Geschäft unter der Firma: »Brockhaus, Mallinckrodt und Hiltrop«, nahm bald den erfreulichsten Aufschwung; Brockhaus leitete das Comptoirgeschäft, Mallinckrodt machte die Reisen und hatte das Waarenlager unter sich, während Hiltrop von Anfang an nur eine untergeordnete Rolle spielte. Bald beschlossen denn auch die beiden Freunde, sich von Hiltrop, den sie wesentlich seines bedeutenden Vermögens halber zum Associé genommen hatten, wieder zu trennen, zumal er ihnen seines unverträglichen Charakters wegen lästig geworden war. Sie kündigten ihm im Jahre 1798, zahlten ihm seinen Antheil heraus und zeichneten ihre Firma nunmehr, vom 1. Januar 1799 an: »Brockhaus und Mallinckrodt«; Hiltrop gründete ein eigenes Geschäft gleicher Art in Dortmund. Bald darauf errichteten sie ein zweites Haus in Arnheim unter der Firma: »Mallinckrodt und Compagnie«, und Mallinckrodt zog zu dessen Leitung im Jahre 1801 nach Arnheim, während Brockhaus in Dortmund verblieb. Das Haus in Arnheim war besonders deshalb gegründet worden, weil der Hauptabsatz des dortmunder Geschäfts nach Holland stattfand. Ihr Geschäft nahm einen immer größern Umfang an und die beiden jungen Kaufleute erwarben in wenig Jahren ein bedeutendes Vermögen.

      In diese Zeit fällt Beider Verheirathung. Brockhaus vermählte sich am 30. September 1798 mit der Tochter eines der angesehensten dortmunder Patricier, des Senators und Professors Johann Friedrich Beurhaus: Sophie Wilhelmine Arnoldine, geb. 24. December 1777; Mallinckrodt mit einer Freundin derselben. Brockhaus nannte später die ersten drei Jahre seiner Ehe (1798-1800) die glücklichsten seines Lebens. Am 17. Juli 1799 wurde ihm sein erstes Kind geboren: eine Tochter, Auguste; am 23. September 1800 sein erster Sohn: Friedrich.

      Dieses Glück sollte aber nicht lange dauern und die Veranlassung dazu bildete der frühere Associé Beider, Hiltrop, obwol derselbe, als ein Verwandter der Familie Beurhaus, mit Brockhaus verwandt geworden war und später sogar sein Schwager wurde, indem er Elisabeth Beurhaus, eine Schwester von Brockhaus' Frau, heirathete. Aus einer geschäftlichen Angelegenheit entwickelten sich bald Verhältnisse der unangenehmsten Art, die zunächst auf Brockhaus' äußeres Leben entscheidenden Einfluß übten. Sie wurden die Ursache, daß er Dortmund verließ und nach Holland zog, ja selbst, daß er sich dort später dem Buchhandel widmete, dem er sich bei seinem Verbleiben in Dortmund schwerlich zugewendet haben würde.

      Brockhaus wurde nebst seinem Associé Mallinckrodt von Hiltrop in einen Proceß verwickelt, der unter den Fehden und Anfechtungen, an denen sein Leben reich war, eine der hervorragendsten Stellen einnimmt und ihn mit kürzern oder längern Unterbrechungen bis an sein Lebensende verfolgte. Da der Proceß in dieser Zeit seinen Ursprung hat und mit ihm die nächsten Lebensschicksale von Brockhaus verknüpft sind, so müssen wir denselben jetzt im Zusammenhange erzählen, wenn dadurch auch der Zeit mehrfach vorgegriffen wird.

      3.

      Der Hiltrop'sche Proceß

      Die beste Grundlage zu einer Schilderung dieses Processes, dessen vollständige Darstellung in vieler Hinsicht interessant wäre, hier aber zu weit führen würde, bietet eine von Brockhaus kaum ein Jahr vor seinem Tode veranstaltete und als Manuscript gedruckte Sammlung der darauf bezüglichen wichtigsten Actenstücke, die sowol seine eigenen Eingaben als die ergangenen Urtel, Gutachten u. s. w. enthält und somit ein unparteiisches Urtheil ermöglicht.7

      Der Ursprung des Processes und sein erster Verlauf war in Kürze folgender.

      Im October 1799 fallirte das Bankhaus Simon Moritz Bethmann in London, mit dem sowol Hiltrop als die Firma Brockhaus & Mallinckrodt in Geschäftsverbindung (Wechselgeschäften) standen. Hiltrop hatte an Bethmann vom April bis September 1799 circa 2800 Pfd. St. remittirt und dagegen Fabrikanten und Kaufleute im Innern von England angewiesen, für Waaren, die sie ihm lieferten, auf Bethmann zu ziehen. Mehrere solche Wechsel waren auch gezogen und bezahlt worden, Hiltrop's Guthaben an Bethmann betrug aber bei Ausbruch des Concurses noch 1806 Pfd. St. Die Firma Brockhaus & Mallinckrodt, welche ebenfalls in einem längern Geschäftsverkehr mit Bethmann gestanden hatte, schuldete dagegen diesem Hause eine Summe von 2204 Pfd. St., die sich aber auf 774 Pfd. St. reducirte, da Bethmann ihnen mehrere Wechsel im Betrage von zusammen 1429 Pfd. St. zurückgegeben oder sie von den daraus entstandenen Verbindlichkeiten gegen die Masse von W. L. Popert u. Comp. in Hamburg (die in der damaligen allgemeinen Handelskrisis ebenfalls fallirten) liberirt hatte. Brockhaus & Mallinckrodt gaben Hiltrop aus freien Stücken Kenntniß von diesem Stande ihrer Rechnung mit Bethmann, um ihm dadurch zur Rettung eines Theils seines Verlustes behülflich zu sein. Hiltrop benutzte dies aber, um sofort unterm 25. November 1799 auf die Forderung der Bethmann'schen Masse an Brockhaus & Mallinckrodt gerichtlich Arrest legen zu lassen. Der Magistrat zu Dortmund bestätigte diese Maßregel.

      Brockhaus & Mallinckrodt appellirten hiergegen an die höhern Reichsgerichte, besonders aus Rücksicht auf Bethmann in London, da diesem z. B. nur sechs Wochen Zeit zu Einreden gegeben wurde, während in dem damaligen harten Winter von 1799 auf 1800 der Postenlauf zwischen Cuxhaven und Harwich mehrere Monate lang unterbrochen war. Außerdem waren sie inzwischen von der Firma Gebrüder Bethmann in Frankfurt a. M. (Verwandte des londoner Hauses) beauftragt worden, eine Forderung an Hiltrop im Betrage von 8000 Thlr. frankfurter Wechselgeld (10000 Thlr. Berg. Courant) einzukassiren, und diese Forderung war ihnen selbst zu diesem Zweck cedirt worden: gewiß ein Beweis großen Vertrauens zu der jungen Firma von seiten jenes großen Hauses. Infolge alles dessen entschloß sich Hiltrop, der trotz seines frühern großen Vermögens infolge seiner geschäftlichen Unfähigkeit rasch in finanzielle Verlegenheiten gerathen war und auch von andern Gläubigern hart bedrängt wurde, zu einem gütlichen Vergleich, der durch Vermittelung des gemeinschaftlichen Schwagers von Hiltrop und Brockhaus, Erbsaß (später Justizcommissar) Heinrich Beurhaus zu Dortmund, unterm 24. April 1800 abgeschlossen wurde. Danach sollte der Proceß von Gebrüder Bethmann in Frankfurt gegen Hiltrop bis zur Erledigung des Processes von Hiltrop gegen Bethmann in London sistirt werden, Hiltrop von Brockhaus ein »Darlehn« von 1200 Pfd. St., das er ebenfalls erst nach Austrag dieser Sache zurückerstatten sollte, empfangen, Letzterm dagegen (resp. Beurhaus) seine Forderung an Bethmann in London cediren und für den Rest seiner Schuld bei Gebrüder Bethmann in Frankfurt Waaren an Zahlungsstatt geben, auch sein Conto-Corrent mit Bethmann in London als richtig anerkennen.

      Schon fünf Monate nach Abschluß dieses Vergleichs machte indeß Hiltrop den Versuch, denselben umzustoßen, und zwar wieder auf eine ihm von Brockhaus vertraulich gemachte Mittheilung hin: daß die Bethmann'schen Massecuratoren in London jenen Vergleich nicht genehmigen wollten. Er fand an dem gegen Brockhaus sehr feindselig gesinnten Bürgermeister Schäffer in Dortmund einen bereitwilligen Helfer, der bei dem traurigen Zustand der damaligen reichsstädtischen Verfassung eigenmächtig verfahren konnte; durch ihn erreichte er, daß sein wiederholtes Arrestgesuch vom 15. September 1800 genehmigt und das Waarenlager von Brockhaus & Mallinckrodt (das einen Werth von mindestens 100000 Thlr. hatte) mit Arrest belegt und versiegelt wurde. Da alle Remonstrationen gegen diese, wie Brockhaus sich ausdrückt, »fürchterlichen, im höchsten Grade ungerechten Maßregeln, die den bürgerlichen Ruin der Beklagten augenblicklich nach sich ziehen mußten«, erfolglos blieben, so wendeten sich letztere an die höchsten Reichsgerichte um Schutz gegen Unterdrückung und forderten Genugthuung sowie Schadenersatz. Da schien endlich Hiltrop sein Unrecht einzusehen; er bat um Verzeihung für sein »kränkendes und übereiltes Betragen« und versprach, in Zukunft nur in dem ordentlichen Wege Rechtens gegen die Beklagten vorzugehen.

      Das Verdienst, dieses Resultat herbeigeführt zu haben, durch welches die Angelegenheit wenigstens ihren gehässigen Charakter verlor, gebührt Hiltrop's Frau, Elisabeth, einer Schwester von Brockhaus' Frau. Sie wandte sich direct an Brockhaus, den von ihrem Manne so vielfach und so empfindlich Gekränkten, und bat ihn, das Verfahren ihres Mannes zu entschuldigen: gewiß ebenso ein Zeichen ihres richtigen Gefühls als Frau, wie der wahren Achtung und des vollen Vertrauens, das sie zu ihrem Schwager als einem Ehrenmanne hatte.

      Sie schreibt in diesem Briefe, dessen Datum uns nicht bekannt ist:

      Brockhaus! Brockhaus! Ich fordere Sie auf, mich anzuhören. Sehen Sie,


<p>7</p>

Diese (nicht in den Buchhandel gekommene) Schrift führt den Titel: »Sammlung von eilf Actenstücken über und aus der Proceß-Sache des Herrn G. W. Hiltrop in Dortmund gegen die ehemalige Firma Brockhaus und Mallinckrodt ebendaselbst, oder jetzt gegen den Buchhändler Brockhaus in Leipzig. Als Manuscript gedruckt. 1. July 1822« (4. VIII, 158 S.). Später ausgegebenen Exemplaren ist noch ein zwölftes Actenstück vom 22. September 1822 (4 S.) beigefügt; noch später ist ein dreizehntes, ohne diese Ziffer und ohne Datum, gedruckt worden (18 S.).