Das Schweigen der Prärie. Ole Edward Rölvaag. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ole Edward Rölvaag
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Höhenzug, der den vielen Schlingen eines Präriebaches folgte und sich nach Südost leicht abdachte, baute Hans Olsen an einer Gamme. Rasen- oder Erdhütte, insbesondere der Art, wie sie bei den Lappen und Finnen Nordnorwegens gebräuchlich ist. Eine Wand war halbwegs aufgeschichtet; das halbfertige Bauwerk ähnelte eher einer trutzigen Schanze als einer künftigen Behausung für Menschen; die großen Stapel Rasenstücke an jeder Ecke konnten leicht für Munitionsvorrat gehalten werden.

      Hans Olsens Bewegungen waren für seine stattliche Größe ungewöhnlich hurtig und geschmeidig. Aber heute ging es ihm nur langsam und mit vielen Pausen von der Hand. Er geriet oft ins Nachdenken; dann reckte er sich plötzlich auf, tat mit dem Rockärmel einen Wischer über das ernste Gesicht — der Ärmel wurde jedesmal feuchter — und ließ den Blick über die östliche Prärie wandern. Jetzt kannten seine Augen bereits jeden Grasschopf! — — Nein, noch immer nichts! — Er arbeitete von neuem eine Weile emsig drauflos, vergaß sich und spähte die Gegend bis zum Horizont wieder eingehend ab.

      Unweit der Gamme stand ein Zelt; dicht daneben war ein Wagen vertäut. Vor dem Zelte standen ein eiserner Kochherd, ein paar Stühle und andere Möbelstücke. Ein rundliches, behäbiges Weib mit einem guten, klugen Gesicht machte sich hier zu schaffen und richtete das Mittagessen. Sie sang bei der Arbeit. Ein zehnjähriges Dirnlein half ihr, — bisweilen auch beim Singen. Die Frau rief sie Sofie.

      Eine knappe Viertelmeile weiter südost guckte eine fertige Erdhütte über den Kamm. Rauch stieg aus ihr auf. Sie war schon im letzten Herbst errichtet worden und gehörte Syvert Tönset‘n.

      Ein gut Stück nördlich vom Hans Olsen waren zwei weitere Hütten im Entstehen; eine runde Hügelkuppe verdeckte sie. Dort hatten die ›Solumbuben‹ ihre Wohnmarken eingerammt und waren jetzt eifrig beim Bauen.

      Tönset‘ns fertige Gamme und die drei andern halbfertigen bildeten den ersten Kern der Ansiedlung westlich von Spring Creek.

      Die Frau, die beim Zelt so geschäftig umherging, rief jetzt dem Mann zu, das Essen sei fertig, er müsse sogleich kommen! Er antwortete ›ja‹ zurück, richtete sich auf, wischte sich die Hände an den Hosen, sah nach Osten. — — Nein! Noch immer keine Seele zu sehen! — Heh-heh-heh, seufzte er und begab sieh langsam zum Zelt.

      Er ging hinein. Drin war‘s geräumig und hell, aber jetzt, wo die Sonne senkrecht darüberstand, sehr warm. Zwei säuberlich gerichtete Betten je mit einer großen Auswandererlade am Kopfende nahmen den Hauptplatz ein. Die Stange in der Zeltmitte war von unten bis oben mit Nägeln besät und mit Kleidungsstücken behängt. Möbel und Gerätschaften standen an zwei von den Wänden, alles hübsch ordentlich, so daß es geradezu behaglich war.

      Auf einem Stuhl stand eine große Schüssel mit Wasser für ihn bereit; er wusch sich, ging hinaus und hockte sich auf den Erdboden, auf dem die Frau angerichtet hatte. Mutter und Tochter warteten schon auf ihn.

      »Siehst du etwas von ihnen?« fragte die Frau.

      »Nein, — noch nicht!«

      »Begreifst du, was aus ihnen geworden sein kann?«

      »Nein, wer‘s bloß könnte!«

      Der Mann sah so vergrübelt aus, daß ihr gutes Herz ihn trösten mußte: »Sollst sehen, sie kommen schon noch zum Vorschein!« Aber sie brachte es nicht mit solcher Zuversicht heraus, wie sie gern gewollt.

      »O gewiß,« lachte das Dirnlein, »der Große-Hans und der Ola haben gute Augen; die sehen uns schon!«

      Der Vater schaute das Mägdlein ernst an, wünschte sich sichtlich, daß es fortfahre; aber es schwieg. — Stumm aß er weiter; als er fertig war, warf er den Löffel aufs Tischtuch, sagte ›Dank‘ schön fürs Essen‹, Die norwegische Redensart für unser ›Gesegnete Mahlzeit‹. ging zu der halbfertigen Rasenwand und setzte sich darauf, um nach Osten zu spähen. Die derben, knorrigen Gesichtszüge waren voll düsterer Besorgnis. — »Herre Gott,« seufzte er und faltete die großen Hände, »was mag dem Per Hansen nur zugestoßen sein.«

      Die Frau sah es, trug der Tochter auf, abzuwaschen und ging zu ihm hinüber.

      Da machte er sich sogleich an die Arbeit.

      »Du Hans,« sagte sie entschlossen; »ich meine, ihr solltet nach ihnen suchen!«

      Er antwortete erst, als er das Rasenstück, das er in der Hand hielt, zurechtgelegt hatte: »Das ist nun auch nicht gerad so einfach, — nämlich, wenn man nicht weiß, wo man suchen soll, — bei solchen Entfernungen.«

      »Nein, nein; aber es würde uns dabei allen leichter ums Herz.«

      Der Hans Olsen packte ein neues Rasenstück hin, richtete sich auf und dachte laut, während er in die Weite starrte. »Das weiß ich, daß man nach einem gescheiteren Kerl als dem Per Hansen lange suchen kann, — deshalb ist es ja gerad so merkwürdig! — Seine Ochsen laufen wohl nicht so schnell; und doch weiß ich wiederum, daß er sie stark wird angetrieben haben. — Wir andern sind nicht einmal so schnell gefahren; — und es ist nun schon der fünfte Tag, daß wir herkamen. — Hat er sich das Mondlicht an den Abenden zunutze gemacht, und das glaube ich, dann ist er eher schon im Westen von uns als noch im Osten — und deshalb ist es halt nicht leicht zu sagen, wo man suchen soll!«

      Der Hans Olsen setzte sich mit einem Ruck, die Frau suchte sich neben ihm Platz. Seine Besorgnis und mehr noch die Vermutung, die er eben angedeutet, beunruhigten ihr unerschrockenes Herz.

      »Mir ist so leid um die arme Beret und um die Kleinen! — Er konnte mit ihr auch nicht gar so schnell vorwärts, weißt du; — sie trägt gewiß wieder ein Kind!« Nach einer Weile setzte sie hinzu: »Heut nacht träumte ich so bös von ihnen.«

      Der Mann sah ihr ins Gesicht. »An derlei dürfen wir uns nicht kehren. — Übrigens bedeuten böse Träume nur Gutes; das sagte die Mutter immer. — Aber ich werde mir meiner Lebtag nicht verzeihen, daß ich nicht auf ihn habe warten können!« Er stand auf und legte wieder Rasen zurecht. »So war‘s freilich immer mit dem Per Hansen, daß er nie jemandes Hilfe annehmen wollte; und das kann auch zu weit gehen !«

      Jetzt kam ein stämmiger, kurzer, blondbärtiger Mann von der südlichen Erdhütte her den Abhang herauf. Er hatte rote Backen, einen hurtigen Gang, geschwinde Augen und bewies, als er zu sprechen begann, ein gewandtes Mundwerk. Die Hände hatte er im Hosengurt stecken, die Ellbogen standen weit ab, — der Mann sah breiter aus, als er war.

      »Da kommt Tönset‘n,« sagte die Frau; »red‘ jetzt mit ihm. Ich meine bestimmt, ihr solltet nach ihnen ausschauen!«

      »Hast sie schon im Fernrohr, Hans Olsen?« fragte der Ankommende, ohne erst zu grüßen. »Da gibt‘s ein warmes Nest, wo mit Weiberhilfe gebaut wird!«

      Hans Olsen richtete sich auf. »Hast sie wohl auch nicht gesehen, du Syvert?«

      »Gesehen? Das ist es ja gerade, was ich hier immerfort erzähle! Seit mehr als einer Stunde hab‘ ich sie observiert! Und einer, der so hoch in die Luft hinaufragt wie du, wird sie doch erst recht haben sehen können! Gleich sind sie hier!«

      »Nein, was du nicht sagst! Wo sind sie denn?« riefen der Hans Olsen und die Sörine zugleich.

      »Ja schau, er ist mit seinen Ochsen halt ein wenig vom Kurs abgekommen. Hat wohl Ebbe und Flut nicht genügend berechnet! — Guckt einmal nach Westnordwest! — — — Nein, der Bursch legt sich nicht zum Ersaufen hin, wo so wenig Wasser ist wie hier! — Bin doch neugierig, wieviel zu weit nach West er geraten ist?«

      Die beiden andern sahen in die angedeutete Richtung. Wahrhaftig! Dort schneckte sich ein Wagenzug durch die Ebene heran.

      »Meiner Treu, ich glaube, da haben wir sie!« sagte der Hans Olsen leise, fast, als wage er nicht, sich seiner Freude ganz zu überlassen.

      »Da sind sie also! Im Westen! — Nein, o nein!« rief die Sörine.

      »Setz‘ du nur geschwind deinen Kaffeekessel auf, Mutter Sörrina!« Mundartliche Aussprache von Sörine. ermunterte Tönset‘n. »Die Kjersti kommt sogleich und bringt unter der Schürze etwas mit, vermute ich recht. — In einer halben Stunde sind die verlorenen