Winnetou 4. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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pränumerando. Ich bezahlte sie. Dann durfte ich aufsteigen. Ich tat, als ob ich noch niemals auf dem Rücken eines Pferdes gesessen habe, und setzte dreimal an, ohne hinaufzukommen. Beim vierten Mal war dann der Schwung, den ich mir gab, zu stark, so daß ich nicht nur hinaufkam, sondern drüben gleich wieder hinunterfuhr. Das gab ein dröhnendes Lachen. Schließlich hob man mich hinauf und gab mir die Zügel in die Hand. Dann begann das Zeichnen, von neuem.

      »Es wird großartig, wirklich großartig!« rief einer der »Künstler« aus. »Mr. Burton sitzt hoch und stolz zu Pferd wie ein Held und Rittersmann, der jedes Turnier gewinnt!«

      Natürlich war aber gerade das Gegenteil der Fall.

      »Ist das wahr? Ist das wahr?« fragte ich hocherfreut und stolz.

      »Gewiß, gewiß! Man sieht, das keiner von uns es Euch im Reiten gleichzutun vermag!«

      »Wirklich?«

      »ja, wirklich!«

      »So sagt, was kostet so ein Pferd?«

      »Wollt Ihr eins kaufen?«

      »Vielleicht mehrere! Wenn ihr sagt, daß ich ein so vorzüglicher Reiter bin, so wäre ich doch dumm, wenn ich mit der teuren Bahn weiterführe! Das Reiten ist doch wohl billiger! Oder nicht?«

      »Natürlich viel billiger, ganz natürlich! Wir haben einige übrig. Vielleicht verkaufen wir Euch eines davon.«

      Sie blinzelten einander zu. Das sollte heimlich sein; ich sah es aber doch.

      »Nur eines?« fragte ich. »Ich brauche fünf oder sechs!«

      »Oho! Für wen?«

      »Für mich und Mrs. Burton – — »

      »Welche die Gitarre spielt?« fiel Howe spottend ein.

      »Ja. Und es kommen noch einige gute Bekannte dazu.«

      »Die auch Musikanten sind?«

      »Wenn es euch Vergnügen macht, ja. Am liebsten würde ich drei Pferde und drei Maultiere nehmen und die nötigen Sättel dazu. Was kostet das?«

      Sie waren zunächst verblüfft. Sie sahen mich an, sie sahen einander an; dann fragte Howe prüfend:

      »Drei Pferde und drei Maultiere? Welche denn?«

      Ich deutete auf die Maultiere und antwortete:

      »Von den Pferden möchte ich die nehmen, die sich jetzt gelegt haben, dort, rechts, mit den langen Ohren.«

      Da verlor sich der Ernst auf ihren Gesichtern sofort wieder. Ich aber fuhr fort, indem ich nach den drei Fliegenschümmeln zeigte:

      »Und die Maultiere dort gefallen mir ebenso. Ich zahle jeden Preis!«

      Das Lachen erscholl von Neuem.

      »Die Maultiere dort! Und die Pferde dort! Das ist köstlich, köstlich, unübertrefflich!«

      So riefen sechs Stimmen durcheinander, und als die Heiterkeit etwas nachgelassen hatte, fragte Howe:

      »Ihr zahlt jeden Preis? So? Wieviel Geld habt Ihr denn eigentlich

      bei Euch, Sir?«

      »Volle zweihundertfünfzig Dollars!« brüstete ich mich. »Das ist doch gewiß bedeutend mehr, als eure ganze Reiterei kostet!«

      Jetzt wurde das Gelächter ein schmetterndes. Sie steckten die Köpfe zusammen, um einen Plan auszuhecken, der auf alle Fälle für mich nur vorteilhaft war. Sie dachten gar nicht mehr an mein Konterfei zu Pferde, sondern sehr wahrscheinlich nur noch daran, meine zweihundertfünfzig Dollars in die Hände zu bekommen.

      »Steigt wieder ab!« forderte Howe mich auf. »Ihr gefallt uns außerordentlich, ja außerordentlich, Mister Burton! Ihr sollt die Pferde und die Maultiere haben, und auch die Sättel dazu. Ihr könnt das Alles sogar umsonst haben, wenn Ihr wollt!«

      »Umsonst? Wieso?« fragte ich.

      »Wir möchten Euch reiten sehen, reiten. Auf den Pferden und auch auf den Maultieren! Wir satteln sie Euch jetzt, alle sechs. Ihr steigt da draußen auf und reitet im Galopp hier herein, aber nicht etwa durch die Tür, sondern über die Mauer!«

      »Also im Sprung?« fragte ich.

      »Ja. Getraut Ihr Euch das!«

      »Warum nicht? Ihr habt ja selbst versichert, daß ich ein sehr guter Reiter sei! Kann man denn etwa herunterfallen, wenn man die Füße in den Steigbügel hat und die Zügel in den Händen?«

      »Nein, gewiß nicht!« lachte er, und die Andern wieherten mit. »Also jedes Pferd und jedes Maultier, welches Ihr im Galopp glatt über die Mauer hereinbringt, ohne daß es den Hals bricht und ohne daß Ihr abgeworfen werdet, ist Euer!«

      »Darf ich dabei den Hut absetzen und den Rock ausziehen?«

      Da brüllten seine Kumpane förmlich vor Vergnügen; er aber beherrschte sich und antwortete:

      »Ihr dürft ausziehen oder meinetwegen auch anziehen, alles, was Euch beliebt. Selbst wenn Ihr Euch dabei als Harlekin oder als dummer August kleiden wolltet, hätten wir nichts dagegen. Nun aber kommt der Hauptpunkt, auf dessen Erfüllung es ankommt, ob aus dem Handel etwas wird oder nicht. Ihr habt nämlich die zweihundertfünfzig Dollars sofort zu erlegen. Gelingen Euch die sechs Sprünge, so bekommt Ihr sie zurück und die Pferde und Maultiere dazu. Mißraten sie Euch aber, so bekommt Ihr nichts, und auch das Geld ist unser. Ihr seht doch wohl ein, daß das gar nicht anders geht?«

      »Natürlich! Ihr riskiert eure Pferde, und so habe ich ganz selbstverständlich auch Etwas zu riskieren. Mein Geld ist zwar mehr wert, als alle eure Pferde, aber ich will der Noble sein!«

      Wieder lachten sie Alle; dabei antwortete er:

      »Ganz recht, ganz recht! Und da wir Euch die Pferde und Maultiere augenblicklich stellen, so seid Ihr verpflichtet, auch Euer Geld sofort zu erlegen.«

      »Ja, sofort, sobald der Kontrakt gemacht worden ist.«

      »Kontrakt?« fragte er.

      »Gewiß! Kontrakt! Ich habe gehört, daß die Pferdehändler die pfiffigsten Kreaturen sind, die es gibt, und daß man sich bei ihnen in jeder Weise vorzusehen und sicherzustellen hat.«

      »Aber wir sind doch keine Pferdehändler, sondern Künstler!«

      »Trotzdem! Es ist ein Pferdehandel, ganz gleich, wer oder was wir sind!«

      »Well! Bin einverstanden. Papier her!«

      »Und ich diktiere!« sagte ich.

      Dabei stieg ich vom Pferd, und zwar in einer Weise, die mehr eine Rutschpartie als ein guter Absprung war. Howe setzte sich. Ich sagte ihm den Wortlaut vor, und er schrieb ihn nach, ohne eine Silbe daran zu ändern. Er war ja vollständig überzeugt, alles mögliche unterschreiben zu können, ohne üble Folgen davon zu haben, weil es für ihn feststand, daß ich gleich bei den ersten Schritten des ersten Rittes aus dem Sattel fliegen werde. Ich diktierte mit sehr erhobener Stimme, denn ein Blick nach unsern Fenstern hinauf zeigte mir die gewünschten Personen, die jedes Wort zu hören und zu verstehen hatten. Ich fügte hinzu, daß ich mein Geld einem Unparteiischen zu übergeben habe, daß er und kein Anderer die Pferde und Maultiere satteln müsse und daß dieser Unparteiische Mr. Pappermann sei. Howe zeigte sich ebenso wie seine Kameraden seiner Sache so gewiß, daß er so unvorsichtig war, auch auf diese Bedingungen einzugehen. Dann wurde von ihnen Allen unterschrieben, zuletzt auch von mir. Ich gab dem alten Westmann den Kontrakt, und er steckte ihn ein. Von diesem Augenblick an durfte ich die sechs prächtigen Tiere als mein Eigentum betrachten. Ich zog die Brieftasche und fügte die vereinbarte Summe mit Vergnügen bei. Auch das Herzle lächelte. Sie nickte mir heimlich zu. Der bei ihr am Tisch sitzende Indsman hatte sich inzwischen so weit erholt, daß er dem Vorgang mit Interesse folgte. Sein Auge hing mit prüfendem Blick an mir, und dieser Blick verriet, daß er das kommende ahnte.

      »Und nun hinaus zum Satteln!« gebot Howe.

      Er stürmte mit seinen Kumpanen zur Tür hinaus, der alte Pappermann hinter ihnen her. Ich folgte ihnen in bedächtiger Langsamkeit und beobachtete sie dabei. Sie teilten den Peonen mit, was sich jetzt ereignen sollte. Peone sind Pferdeknechte, sind Diener,