Absatz 2 der Vorschrift gibt Dritten, die die Fachkunde zur Überprüfung der Netzplanung und ein berechtigtes Interesse nachweisen können sowie die Vertraulichkeit der Daten gegenüber der Bundesnetzagentur zusichern oder die Berechtigung zum Umgang mit Verschlusssachen haben, einen Anspruch auf Zugang zu bestimmten Netzdaten. Dies betrifft insbesondere die Daten, die für eine digitale Netzberechnung erforderlich sind, insbesondere Impedanzen und Kapazitäten von Stromkreisen, Schaltanlagen, Transformatoren und sonstige Netzbetriebsmittel. Dieser konditionierte Herausgabeanspruch bringt das Interesse der Öffentlichkeit an einer transparenten Netzplanung und zwingenden Geheimhaltungsbedürfnissen des Staates und der Öffentlichkeit, die sich aus dem Interesse des Schutzes kritischer Infrastrukturen sowie des Versorgungssicherheitsgedankens ergeben, in einen angemessenen Ausgleich, indem der Herausgabeanspruch – je nach Sensibilität der betreffenden Daten – an besondere Voraussetzungen geknüpft wird. Bei Daten, die von der Bundesnetzagentur nicht als Verschlusssache angesehen werden, ist es daher ausreichend, wenn der Dritte (beispielsweise entweder ein einzelner Bürger oder ein als juristische Person organisiertes Forschungsinstitut) die vertrauliche Behandlung gegenüber der herausgebenden Behörde (gegebenenfalls bewehrt mit einer Vertragsstrafe oder ähnlichem für den Fall des Zuwiderhandelns) zusichert. Soweit es sich um Verschlusssachen handeln sollte, wären die speziellen diesbezüglichen Verfahren zu durchlaufen. Dies kann – insbesondere bei Daten mit einem hohen Geheimhaltungsgrad – bedeuten, dass eine Herausgabe im Einzelfall nicht möglich sein könnte. Die Herausgabe der Daten richtet sich dann aber nach den jeweils einschlägigen Verfahren für die Weitergabe von Verschlusssachen an privatrechtlich organisierte Einheiten bzw. für die Weitergabe von Verschlusssachen im öffentlichen Bereich. Der damit verbundene Aufwand ist durch das öffentliche Interesse an einer sicheren und zuverlässigen Stromversorgung gerechtfertigt.
Das für die Herausgabe vorausgesetzte berechtigte Interesse des Antragstellers liegt insbesondere dann vor, wenn das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie des Umweltbundesamt oder Dritte in deren Auftrag Daten für Netzberechnungen beantragen sowie wenn eine Beauftragung durch eine Bürgerinitiative, eines Umweltverbandes oder eines anderen betroffenen Interessenträgers nachgewiesen wird. Die Daten sind in einem standardisierten, elektronisch verarbeitbaren Format zu Verfügung zu stellen. Beispiele für ein solches Datenformat sind das auf europäischer Ebene verwendete so genannte uct-def-file oder das Datenformat, in dem die Daten nach der Kraftwerksnetzanschlussverordnung zur Verfügung gestellt werden.
Stellen die herauszugebenden Daten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dar, dürfen sie von der Bundesnetzagentur nicht herausgegeben werden. In einem solchen Fall sind die betreffenden Daten als typisierte und anonymisierte Lastdaten an den Antragsteller herauszugeben.
§ 12g Schutz europäisch kritischer Anlagen, Verordnungsermächtigung
(1) Zum Schutz des Übertragungsnetzes bestimmt die Regulierungsbehörde alle zwei Jahre diejenigen Anlagen oder Teile von Anlagen des Übertragungsnetzes, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben kann (europäisch kritische Anlage). Die Bestimmung erfolgt durch Festlegung nach dem Verfahren des § 29[extern]. Zur Vorbereitung der Festlegung haben die Betreiber von Übertragungsnetzen der Regulierungsbehörde einen Bericht vorzulegen, in dem Anlagen ihres Netzes, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten haben kann, vorgeschlagen werden und dies begründet wird. Der Bericht kann auch von allen Betreibern gemeinsam erstellt und vorgelegt werden.
(2) Betreiber von Übertragungsnetzen haben zum Schutz ihrer gemäß Absatz 1 Satz 1 bestimmten Anlagen Sicherheitspläne zu erstellen sowie Sicherheitsbeauftragte zu bestimmen und der Regulierungsbehörde nachzuweisen.
(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zu dem Verfahren der Festlegung und zum Bericht gemäß Absatz 1 sowie zu den Sicherheitsplänen und Sicherheitsbeauftragten nach Absatz 2 zu regeln.
(4) Die für die Festlegung gemäß Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Informationen, der Bericht der Betreiber nach Absatz 1 Satz 3 sowie die Sicherheitspläne nach Absatz 2 sind als Verschlusssache mit dem geeigneten Geheimhaltungsgrad im Sinne von § 4[extern] des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes einzustufen.
Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften v. 26.7.2011
BT-Drs. 17/6072 (Gesetzentwurf)
§ 12g Schutz europäisch kritischer Anlagen, Verordnungsermächtigung
(1) Zum Schutz des Übertragungsnetzes bestimmt die Regulierungsbehörde alle zwei Jahre diejenigen Anlagen oder Teile von Anlagen des Übertragungsnetzes, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben kann (europäisch kritische Anlage). Die Bestimmung erfolgt durch Festlegung nach dem Verfahren des § 29. Zur Vorbereitung der Festlegung haben die Betreiber von Übertragungsnetzen der Regulierungsbehörde einen Bericht vorzulegen, in dem Anlagen ihres Netzes, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten haben kann, vorgeschlagen werden und dies begründet wird. Der Bericht kann auch von allen Betreibern gemeinsam erstellt und vorgelegt werden.
(2) Betreiber von Übertragungsnetzen haben zum Schutz ihrer gemäß Absatz 1 Satz 1 bestimmten Anlagen Sicherheitspläne zu erstellen sowie Sicherheitsbeauftragte zu bestimmen und der Regulierungsbehörde nachzuweisen.
(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten zu dem Verfahren der Festlegung und zum Bericht gemäß Absatz 1 sowie zu den Sicherheitsplänen und Sicherheitsbeauftragten nach Absatz 2 zu regeln.
(4) Die für die Festlegung gemäß Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Informationen sowie der Bericht der Betreiber nach Absatz 1 Satz 3 sind als Verschlusssache mit dem geeigneten Geheimhaltungsgrad im Sinne von § 4 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes einzustufen.
Begründung, S. 70 f.
Mit Absatz 1 wird die Bundesnetzagentur beauftragt, durch Festlegung Anlagen oder Teile von Anlagen des Stromübertragungsnetzes zu identifizieren, deren Störung oder Zerstörung erhebliche Auswirkungen in mindestens zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union hätte. Von einer wesentlichen Auswirkung ist zumindest dann auszugehen, wenn nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen zu befürchten wären. Näheres wird in einer Verordnung geregelt. Durch die Bedingung, dass mindestens zwei Mitgliedstaaten betroffen sind, ist klargestellt, dass nur Anlagen mit einer europäischen „Dimension“ relevant sind. Die Bestimmung einer Infrastruktur als europäisch kritische Anlage soll im Wege der Festlegung erfolgen, da eine Festlegung weiter gehende belastende Entscheidungen etwa zu den Anforderungen an Sicherheitspläne und Sicherheitsbeauftragte ermöglicht, ohne selbst neu erlassen werden zu müssen (Festlegung als standardisierende (Teil-)Vorabklärung nach § 29).
Um die Bundesnetzagentur mit den für die Entscheidung notwendigen Informationen auszustatten, werden die Übertragungsnetzbetreiber hiermit verpflichtet, eine Vorprüfung durchzuführen. Es sollen Anlagen vorgeschlagen werden, deren Ausfall europaweit erhebliche Auswirkungen haben kann. In dem Bericht ist der jeweilige Vorschlag zu begründen. Gemäß dem gesetzlichen Auftrag des § 11 Absatz 1 i. V. m. § 12 Absatz 1 liegt dies im Verantwortungsbereich der Übertragungsnetzbetreiber.