V. Gesetzliche Erben der dritten Ordnung
VI. Gesetzliche Erben der vierten und fernerer Ordnungen
Literatur:
Belling, Einführung in das Recht der gesetzlichen Erbfolge, JURA 1986, 579; Klein/Niehues/Siegel, Gesetzliche Erbfolge, DVP 2007, 61; Olzen, Die gesetzliche Erbfolge, JURA 1998, 135; Röthel, Die gesetzliche Erbfolge (Teil 1): Das Erbrecht der Verwandten, JURA 2018, 677.
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Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten ist in den §§ 1924-1930 geregelt. Schwägerschaft (§ 1590) begründet keine Stellung als gesetzlicher Erbe. Das deutsche gesetzliche Erbrecht ist rechtshistorisch gesehen in erster Linie ein Verwandtenerbrecht. Die „Sippe“ ist der Bezugspunkt für die Weitergabe des Vermögens. Das Erbrecht des „nur“ angeheirateten Ehegatten ist quasi ein „Fremdkörper“ im deutschen Erbrecht.
Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › I. Der Begriff der Verwandtschaft
I. Der Begriff der Verwandtschaft
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Der Begriff der Verwandtschaft ist in § 1589 legaldefiniert: Miteinander verwandt sind Personen, die voneinander abstammen (sog. Verwandtschaft in gerader Linie, S. 1) oder die von derselben dritten Person (sog. Verwandtschaft in der Seitenlinie, S. 2) abstammen. In gerader Linie sind z.B. Mutter/Kind oder Großvater/Enkel verwandt. In der Seitenlinie sind z.B. Geschwister (Abstammung von derselben Mutter und/oder demselben Vater), Cousin/Cousine (dieselbe Großmutter und/oder derselbe Großvater) oder Onkel/Neffe bzw. Tante/Nichte (dieselbe Großmutter und/oder derselbe Großvater). Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich dabei nach der Zahl der sie vermittelnden[1] Geburten (§ 1589 S. 3); ob die Geburt ehelich oder nicht ehelich war, ist insofern irrelevant[2].
Beispiel:
Marta Müller hat einen Bruder Otto und eine Tochter Nina. Nina ist also die Nichte von Onkel Otto. Beide sind in der Seitenlinie miteinander verwandt, da sie beide von einer dritten Person, der Mutter von Otto und Marta, Ninas Großmutter, abstammen. Die Verwandtschaft ist dabei dritten Grades, weil sie von drei Geburten vermittelt wird (Geburten von 1. Nina durch Marta, 2. Marta durch Ninas Großmutter und 3. Otto durch Ninas Großmutter).
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Grundsätzlich bestimmt sich die Verwandtschaft also nach der genetischen Abstammung (sog. Blutsverwandtschaft).[3] Die Regelungen des Familienrechts strahlen aber in das Erbrecht aus, sodass familienrechtliche Fiktionen zu einer Erbenstellung führen können, wo in Wirklichkeit keine genetische Abstammung vorhanden ist.
Gem. § 1592 Nr. 1 ist ein Mann Vater eines Kindes (und das Kind damit gem. § 1924 Abs. 1 sein gesetzlicher Erbe, → Rn. 70), wenn er zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet war. Nur und erst dann, wenn aufgrund einer Vaterschaftsanfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater ist (§ 1600d), gilt § 1592 Nr. 1 nicht mehr (§ 1599 Abs. 1) mit der Folge, dass das Kind nicht mehr zum Kreis der gesetzlichen Erben des Vaters gehört (sofern es nicht aus einem anderen Berufungsgrund erbberechtigt ist).
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Erbrechtliche Konsequenzen hat auch die Annahme als Kind (früher Adoption genannt). Dadurch erlangt das angenommene Kind (Adoptivkind) die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden (§ 1754 Abs. 2). Wenn ein Ehepaar gemeinsam ein Kind annimmt oder ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten annimmt, erlangt das Kind die Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten (§ 1754 Abs. 1).
Gem. § 1755 begründet die Annahme eines Minderjährigen volle verwandtschaftliche Beziehungen auch mit den Verwandten des Annehmenden, während zugleich das Verwandtschaftsverhältnis mit der bisherigen Familie erlischt. Es gilt der Grundsatz der Volladoption (§ 1756 enthält allerdings Ausnahmen für die Verwandten- und Stiefkindadoption): Erbrechtlich bedeutet dies, dass das angenommene Kind nun zu den gesetzlichen Erben des Annehmenden und seiner Verwandten gehört, welche umgekehrt nun gesetzliche Erben des angenommenen Kindes sind. Im Verhältnis zu der bisherigen Familie erlischt mit der Verwandtschaftsbeziehung auch die wechselseitige Stellung als gesetzliche Erben.
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Bei der Adoption eines Volljährigen wird hingegen lediglich eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Adoptivelternteil und dem Adoptivkind begründet (§§ 1767 Abs. 2 S. 1, 1754 Abs. 2). Im Übrigen bleibt die verwandtschaftliche Stellung des Adoptivkindes unverändert: Das Verwandtschaftsverhältnis mit den bisherigen Verwandten besteht fort (§ 1770 Abs. 2) und es wird kein Verwandtschaftsverhältnis mit den Verwandten des Adoptivelternteils begründet (§ 1770 Abs. 1 S. 1; Ausnahmen: § 1772). Auch hier folgt das Erbrecht dem Familienrecht, sodass nur Adoptivkind und Adoptivelternteil durch die Adoption wechselseitig gesetzliche Erben werden, während alle anderen gesetzlichen erbrechtlichen Verhältnisse im Übrigen nicht berührt werden.[4]
Teil II Die gesetzliche Erbfolge › § 2 Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten › II. Die Erbfolge nach Ordnungen (Parentelsystem)
II. Die Erbfolge nach Ordnungen (Parentelsystem)
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Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten bestimmt sich nach dem Parentelsystem: Die Verwandten werden nach ihrer Abstammung von bestimmten Vorfahren (parentes) in Ordnungen eingeteilt. Solange beim Tode des Erblassers noch ein Verwandter einer vorrangigen Ordnung lebt, sind die Verwandten nachrangiger Ordnungen von der Erbschaft ausgeschlossen (§ 1930).
Ordnung | Relevante Norm | Erfasste Verwandte | Beispiele |
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1. Ordnung | § 1924 Abs. 1 | Abkömmlinge des Erblassers | Sohn, Tochter, Enkel, Urenkel |
2. Ordnung | § 1925 Abs. 1 | Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge | Vater, Mutter, Geschwister, Nichte, Neffe |
3. Ordnung | § 1926 Abs. 1 | Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge |
Großvater, Großmutter, Onkel, Tante, Base
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