24.5 Ausschließliche Lizenz, der kein Schutzrecht zugrunde liegt189
106
Auch Lizenzverträge über Erfindungen, für die kein Schutzrecht besteht oder aufgrund derer lediglich das „Know-how“ mitgeteilt wird, können ausschließliche sein, d.h. dass der Lizenzgeber dem Lizenznehmer zusagt, dass er ihm allein die Lizenz für ein bestimmtes Gebiet erteilt und dass er selbst in diesem Gebiet den Gegenstand weder herstellt noch vertreibt. Teilt der Lizenzgeber das Geheimnis, sei es nun schutzfähig oder nicht, einem anderen mit, so dass dieser den zugrunde liegenden Gegenstand nachahmen kann, so verletzt er seine vertraglichen Pflichten und macht sich ersatzpflichtig.
24.6 Weitere Rechte des Inhabers einer ausschließlichen Lizenz
24.6.1 Übertragung von Rechten durch den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz 190
107
Bei der Übertragung der ausschließlichen Lizenz durch den Lizenznehmer ist zwischen der Veräußerung der Lizenz und der Erteilung von Unterlizenzen zu unterscheiden, obwohl diese Unterscheidung häufig nicht genau genug durchgeführt wird. Eine Veräußerung liegt jedoch nur vor, wenn an die Stelle des bisherigen Inhabers der ausschließlichen Lizenz ein anderer tritt. Der bisherige Lizenznehmer scheidet damit aus dem Rechtsverhältnis mit dem Lizenzgeber aus. Anders ist es bei der Erteilung einer Unterlizenz. Hier bleibt das Rechtsverhältnis zwischen dem Lizenzgeber und dem Inhaber der ausschließlichen Lizenz bestehen. Der Hauptlizenznehmer räumt lediglich einem Dritten Rechte an seinem Recht ein. Der Dritte steht dabei in keinen direkten vertraglichen Beziehungen zu dem Lizenzgeber. Die Unterlizenz lässt sich am besten mit der Unterpacht vergleichen.
108
Jeder Lizenzvertrag beruht vor allem auch aufgrund des damit verbundenen Risikos auf dem besonderen Vertrauen der Vertragsparteien. Insbesondere bei ausschließlichen Lizenzen, bei denen dem Schutzrechtsinhaber für den lizenzierten Bereich u.U. nur noch eine formale Rechtsposition verbleibt, ist i.d.R. die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des ausschließlichen Lizenznehmers von ausschlaggebender Bedeutung. Hier sei nur beispielhaft auf Abrechnung und Zahlung der Lizenzgebühr, die Qualität der aufgrund der Lizenz hergestellten Erzeugnisse, die Ausübungspflicht und zahlreiche andere Pflichten des Lizenznehmers verwiesen. Aufgrund dieses persönlichen Vertrauensverhältnisses wird man daher über die Vorschriften der §§ 399, 415 BGB regelmäßig davon ausgehen können, dass auch ohne ausdrückliche Vereinbarung im Vertrag eine Veräußerung der ausschließlichen Lizenz ausgeschlossen ist.191
24.6.2 Die Erteilung von Unterlizenzen durch den Inhaber einer ausschließlichen Patentlizenz
109
Das Recht, Unterlizenzen zu erteilen, wird dem Inhaber einer ausschließlichen Patentlizenz durch die Rechtsprechung i.d.R. zuerkannt, soweit nicht der Sonderfall einer ausschließlichen Betriebslizenz vorliegt192 oder dieses Recht vertraglich ausgeschlossen ist. Auch in der Literatur wird diese Auffassung vielfach vertreten.193 Verschiedentlich werden jedoch im Schrifttum Bedenken geäußert.194
Der Hauptlizenznehmer kann auch ausschließliche Lizenzen in dem Umfang, den seine eigene hat, als Unterlizenzen erteilen.195 Hat der Hauptlizenznehmer eine nach Zeit, Gebiet oder Nutzungsart beschränkte ausschließliche Lizenz eingeräumt bekommen, ist eine Unterlizenzvergabe ohne weitere Zustimmung des Lizenzgebers ausgeschlossen.196 Der Hauptlizenznehmer haftet für Verschulden des Unterlizenznehmers.197
Das Bestehen einer vom Lizenznehmer eingeräumten Unterlizenz ist i.d.R. von dem Bestehen der Hauptlizenz abhängig, so dass ein Erlöschen der ausschließlichen Lizenz auch ein Erlöschen der Unterlizenz zur Folge hat.198
24.6.3 Übertragung von Rechten und Erteilung von Unterlizenzen durch den Inhaber einer ausschließlichen Lizenz, wenn der Lizenz keine Schutzrechte zugrunde liegen
110
Die für die Patentlizenz gemachten Ausführungen gelten auch für Verträge, denen keine Schutzrechte zugrunde liegen. Bei derartigen Verträgen ist die Bindung zwischen Lizenzgeber und Lizenznehmer aufgrund des unerlässlichen Vertrauensverhältnisses meist noch enger. Da keine Schutzrechte bestehen, ist der Lizenzgeber darauf angewiesen, dass der Lizenznehmer die ihm anvertrauten Geheimnisse wahrt. Es kann ihm daher erst recht nicht gleichgültig sein, wer weitere Rechte eingeräumt erhält.199
24.6.4 Vererbung der ausschließlichen Lizenz
111
Auch wenn der Lizenzgeber keiner Firma, sondern einer Person200 die Lizenz erteilt, gelten die obigen Ausführungen. Stirbt der Lizenznehmer, so treten bei Anwendung pachtrechtlicher Grundsätze seine Erben in seine Stellung ein.201
24.6.5 Gesellschafterwechsel beim Lizenznehmer
112
Ist das Vertragsverhältnis mit einer Gesellschaft geschlossen, so wird es durch einen Wechsel der Gesellschafter nicht berührt, es sei denn, dass der Lizenzvertrag in dieser Hinsicht einen besonderen Vorbehalt enthält. Ist Vertragspartner eine Einzelfirma, so gehen bei Veräußerung der Firma die Rechte und Pflichten aus dem Lizenzvertrag nach §§ 581 Abs. 2 i.V.m. 540 BGB n.F. nicht auf den Erwerber über,202 weil Berechtigter und Verpflichteter der ursprüngliche Firmeninhaber ist.
24.6.6 Übertragbarkeit der persönlichen Lizenz, Betriebslizenz203
113
Die persönliche Lizenz ist, wie sich schon aus der Bezeichnung ergibt, unmittelbar an die Person des Lizenznehmers entsprechend dem Willen der Vertragsparteien gebunden.204 Diese Personenbezogenheit hat die Konsequenz, dass sie grundsätzlich unübertragbar und unvererblich ist.205
114
Auch bei der Betriebslizenz wird man regelmäßig annehmen müssen, dass sie nur unübertragbar erteilt werden sollte.206
24.6.7 Einfache Lizenz
115
Die Erteilung von Unterlizenzen ist dem Inhaber einer einfachen Lizenz nur aufgrund gesonderter Vereinbarung gestattet. Im Übrigen gelten die Ausführungen zur Übertragbarkeit, zur Vererbung, zum Gesellschafterwechsel und zur Betriebslizenz bei ausschließlichen Lizenzen entsprechend.
175 Vgl. Groß, Rn. 36. 176 Vgl. dazu BGH, 23.3.1982, GRUR 1982, 411, 413; LG Mannheim, 27.2.2009, Mitt. 2010, 25ff. – Erklärung des Patentinhabers gegenüber einer Standardisierungsorganisation, jedem Interessenten zu fairen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen eine Lizenz zu erteilen ist keine dingliche Verfügung über das Patent, sondern bewirkt allenfalls schuldrechtliche Verpflichtungen im Sinne eines pactum de non petendo, die nicht dem Sukzessionsschutz nach § 15 Abs. 3 PatG unterfallen; BGH, 26.3.2009, BGHZ 180, 344, 353 (20) = GRUR 2009, 946, 948 = NJW-RR 2010, 186, 189 = ZUM 2009, 852, 854 = CR 2009, 767ff. – Reifen Progessiv; letztere Entscheidung geht davon aus, dass das einfache (urheberrechtliche!) Nutzungsrecht – wie auch das ausschließliche Nutzungsrecht – keinen schuldrechtlichen, sondern dinglichen Charakter habe; der dingliche Charakter der einfachen (urheberrechtlichen!) Lizenz wird in einer weiteren BGH-Entscheidung, BGH GRUR 2010, 628, 631 = ZUM 2010, 580, 583 – Vorschaubilder, bestätigt; siehe ausführlich zum Sukzessionsschutz für Lizenzen im Immaterialgüterrecht Marotzke, ZGE/IPJ 2 (2010), 233ff., 234f., der aber davon ausgeht, dass