Mara und der Feuerbringer. Tommy Krappweis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tommy Krappweis
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Год издания: 0
isbn: 9783964260444
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laut PANK. Bevor der sich’s versah, hatte der Professor ihm seinen Fuß auf den Hals gestellt und schaute ihn mit einem Blick an, den Mara so noch nie an ihrem Mitstreiter gesehen hatte.

      »Ekki bregð við eða ek skal þrýsta!«, sprach der Professor, und Mara ahnte schon, dass das eine Drohung war, in der das Wort zudrücken vorkam.

      »Mara! Hol das Schwert!«, befahl der Professor, und Mara stolperte sofort los. Die Klinge ließ sich leider nicht so leicht aus dem Baum ziehen wie erhofft, aber nachdem sie einmal fest gegen den Griff getreten hatte, löste sich die Spitze aus dem Holz, und sie hob das Schwert auf.

      Sie war überrascht, wie schwer es war. Mit der Klinge nach unten reichte sie dem Professor die Waffe. Der nahm seinen Fuß vom Hals des Kriegers und hielt ihm jetzt dafür die Spitze seines eigenen Schwertes unters Kinn.

      Sehr darauf bedacht, keine hektische Bewegung zu machen, breitete nun der Wikinger auf dem Boden die Arme aus und drehte die Handflächen nach oben. Er ergab sich.

      »Krass«, schulhofte es aus Mara hervor. Es passte nun mal perfekt zu der Situation. Sie war gleichzeitig verwundert und fasziniert, wie gut Professor Weissinger tatsächlich mit dem Schwert umgehen konnte.

      Dieser merkte das. »Um ehrlich zu sein, ich war nicht ganz fair. Ich kenne dieses historische Schwertmodell, und es ist fürchterlich kopflastig. Damit kann man zwar wuchtig zuschlagen, aber dafür verliert man schnell die Kontrolle, wenn ein geschickter Gegner – in dem Falle also ich – an der richtigen Stelle Druck ausübt. Mit einem hochmittelalterlichen Schwert vom Typ XIII nach Oakeshott hätte er mich filettiert.«

      Mara verzichtete darauf, zu fragen, was für ein Typ der Oakeshott war. Sie wollte den Professor in einer solchen Situation nicht noch in den Erzählmodus schalten. Schließlich lag da nach wie vor ein wütender Wikinger vor ihm auf dem Kies!

      Der Professor ließ seinen Gegner nicht aus den Augen.

      »Eingar heimskar!«, sagte er auf wikingerisch, und Mara konnte wieder nur raten, was es wohl bedeutete. Vermutlich so was wie: »Brav bleiben, Schnubbelchen, und die Flossen, wo ich sie sehen kann.« Was man eben so sagte, wenn man jemanden mit einer Waffe bedrohte.

      »So, dann bring ich den jetzt mal zurück und hol Ihre Exfrau wieder«, verkündete Mara und trat neben den Professor.

      »Eine klitzekleine Sekunde bitte noch!«, bat der Professor. »Lass uns wenigstens nachsehen, mit wem wir hier die Ehre haben!«

      »Herr Professor! Ihre Exfrau rennt vermutlich gerade vor einem Haufen Wikinger davon!«

      »Oder die vor ihr«, brummte der Professor in seinen Bart.

      »Bitte?!«

      »Ich sagte, du hast natürlich recht. Also dann, ich bin bereit.«

      Mara beschloss, die letzten Sätze zu ignorieren, damit sie nicht noch mehr Zeit verloren, und schloss die Augen, um sich zu konzentrieren. Und öffnete sie wieder. »Geht nicht«, sagte sie nur.

      »Wie, ›geht nicht‹?«

      »Na, das Fass namens Mara ist wieder mal leer. Reicht grad mal für mich alleine, aber nicht für drei«, antwortete Mara und seufzte. »Wo sind denn Hugin und Munin? Vielleicht geben die mir was ab?«

      Sie sah sich um. Die beiden Raben waren verschwunden. Auch der Professor wagte einen Blick zur Seite, wo die beiden vorher noch gesessen hatten, und schnaubte wütend: »Die sind doch tatsächlich abgehauen! Na, vielen Dank!«

      Ein Fehler, wie er schnell bemerkte, denn der Wikinger nutzte sofort die Chance, schlug mit seinem lederumwickelten Unterarm die Klinge des Schwertes zur Seite, rappelte sich auf und rannte dann wie der Teufel davon, in Richtung des Haupthauses.

      »Verdammt noch eins!«, rief der Professor und machte sich sofort an die Verfolgung. »Du musst Steffi alleine zurückholen! Du schaffst das, Mara! Ich weiß das!«

      Es klirrte und schepperte, und ein überraschter Schrei mischte sich unter den Lärm. Der Krieger war mit voller Wucht durch die gläserne Eingangstüre des Haupteingangs gerannt und schlitterte auf der anderen Seite zusammen mit den Scherben über den polierten Boden. Sogar von hier aus konnte Mara sehen, wie verwirrt der Kerl war, dass etwas, das man kaum sehen konnte, so verdammt stabil war. Da schrillte auch schon die Alarmanlage los, und der Wikinger erschrak so fürchterlich, dass er Mara fast leidtat.

      »Los jetzt, Mara! Tu es!!«, rief Professor Weissinger und folgte dem Wikinger durch die zerschmetterte Glastür ins Museum.

      Und Mara tat es.

       Kapitel 10

      Als Mara in die Halle der Gefallenen trat, war dort kein einziger Gefallener. Stattdessen räumte eine kleine Armada an Frauen die Tische ab, wischte Bier vom Boden auf und rückte Bänke an ihre Stelle. Von draußen tönte Kampfeslärm.

      Ist mal wieder typisch, dachte Mara. Die Jungs toben draußen rum, und die Mädels räumen auf. Dann kommen die Jungs nach Hause, sauen mit ihren Straßenschuhen wieder alles ein und wollen dann aber, dass die Mädels über die Schrammen am Knie pusten.

      Andererseits … Mara überlegte. Vielleicht wollte sie doch lieber hier drin Teller stapeln, wenn die Alternative war, sich da draußen gegenseitig mit Schwertern die Birne runterzuhauen.

      Genug davon. Mara griff sich ein grobes Leinentuch, das zusammengeknüllt in einer Ecke lag, wickelte es notdürftig über ihre moderne Kleidung und band es mit ihrem Ledergürtel an der Hüfte zusammen. Schließlich schulterte sie noch eine große Holzschüssel, um irgendwie einen arbeitenden Eindruck zu machen, und wagte sich aus der Deckung. Sie blieb trotzdem im Schatten zwischen den Holzsäulen und der Wand, um nicht aufzufallen.

      Sie musste gar nicht lange suchen, als sie die Exfrau des Professors schon erkannte. Zugegeben, das war auch nicht sonderlich schwer. Stefanie Warnatzsch-Abra stand umringt von einer Gruppe Frauen auf einem der Tische und redete in einer fremden Sprache auf sie ein. Die Frauen hörten gebannt zu und nickten dabei eifrig. Mara wagte sich etwas näher heran und versuchte, die Aufmerksamkeit von Steffi zu erhaschen. Doch die war voll in ihrem Element und sprach wie ein Wasserfall. Vereinzelt wurden nun zustimmende Rufe laut. Anscheinend traf Steffi einen Nerv mit ihrer Rede.

      »Psst! Frau Warnatzsch-Abra! Hallo, ich bin’s!«, zischte Mara zu ihr hinauf, aber sie drang nicht durch.

      Verdammt, jeden Moment kommt wieder irgendein Gott mit Wölfen, Raben oder abbem Arm hier rein, und dann hab ich’s dreifach schwer, ärgerte sich Mara. Sie spürte kurz prüfend in sich hinein und stellte fest, dass ihre Kraft nicht ausreichen würde, um mit Steffi zusammen hier zu verschwinden. Okay, das ist blöd, dachte sie und sah sich etwas ratlos um. Da entdeckte sie etwas, das ihr bekannt vorkam: Eine große Schale Äpfel stand auf dem Tisch, an dem Odin gesessen hatte. Sofort war Mara klar, dass dies keine gewöhnlichen Äpfel sein konnten, denn sie schillerten golden im Licht, das von oben zwischen den Schilden hindurch in die Halle fiel.

      Hatte der Professor da nicht etwas erzählt? Irgendwas mit Äpfeln, die Loki geklaut hatte? Wie war das noch gleich? Auf jeden Fall waren die Dinger irgendwie wichtig für die Götter, und was für die Götter gut war, konnte doch wohl kaum schlecht für Mara sein, oder?

      Okay, bei Adam und Eva war die Apfelnummer echt schlecht ausgegangen. Hm …

      Sie blickte noch einmal verstohlen auf die Früchte. Ja, die sahen auf jeden Fall so aus, als wären sie voll mit … mit Zauberdings.

      Und ich brauch jetzt ganz dringend was mit Zauberdings, dachte Mara entschlossen. Im schlimmsten Fall hab ich dann halt weniger Hunger, und das ist auch nicht so schlecht.

      Vorsichtig zog sich Mara aus der Gruppe der Zuhörerinnen zurück und näherte sich der Schale. Als sie nah genug dran war, drehte sie sich mit dem Rücken zum Tisch und streckte heimlich die Hand aus ihrem improvisierten Kleid. Blind tastete sie sich an der Schale hoch und