Mit TriangulationTriangulation wird eine methodologische Strategie bezeichnet, bei der ein Forschungsgegenstand aus zwei oder mehreren Perspektiven betrachtet wird und es zu einer Kombination verschiedener Methoden, Datenquellen, theoretischer Zugänge oder Einflüsse durch mehrere Forschende kommt. Der Begriff ist der Landvermessung entlehnt und wird dort für die exakte Lokalisierung eines Objektes durch die Verwendung bereits bekannter Fixpunkte verwendet. Der Grundgedanke, durch den Einsatz mehrerer Bezugspunkte möglichst genaue Ergebnisse zu erzielen, führte einst auch zur Verwendung des Begriffs als Metapher in der sozialwissenschaftlichen Forschung (Campbell/Fiske 1959, Webb et al. 1966).
Triangulation stand zunächst dafür, die ValiditätValidität von Forschungsergebnissen zu erhöhen, indem vor allem im Rahmen quantitativer Studien der Reaktivität von Methoden durch die Verwendung mehrerer Messinstrumente entgegengewirkt werden sollte. Die Schwächen einer Methode sollten durch komplementäre Testverfahren ausgeglichen, Messartefakte sollten ausgeschlossen werden. Denzin (1970) sprach sich für eine Verbindung qualitativer und quantitativer Methoden aus und brachte die Triangulation als Validierungsstrategie in die qualitative Methodendiskussion ein.
Das Verständnis über die Zielsetzung von Triangulation hat sich seither weiter ausdifferenziert und umfasst gegenwärtig weniger die ValidierungValidierung von Forschungsergebnissen als vielmehr die Vertiefung und Erweiterung von Erkenntnissen (Denzin 1989 revidierte Position, Fielding/Fielding 1986). Vor allem vor dem Hintergrund konstruktivistischer Positionen wurde problematisiert, dass ein methodischer Zugang nicht durch einen anderen korrigiert oder validiert werden kann, denn jede Methode, jede Forschungsperson oder jede Theorie wirkt sich auf das aus, was als Ergebnis ermittelt wird. Der Forschungsgegenstand wird durch die verwendete Methode konstituiert. Gerade weil aber jedes Verfahren einen bestimmten Aspekt bzw. eine andere Facette des zu untersuchenden Phänomens offenlegt, kann ein triangulierendes Vorgehen den jeweiligen Gegenstandsbereich umfassender und weitreichender beschreiben und erklären. Daher eignet sich die Triangulation insbesondere in Settings, die durch eine hohe FaktorenkomplexionFaktorenkomplexion gekennzeichnet sind (wie z.B. fremdsprachliche Lehr- und Lernkontexte). Es besteht nicht der Anspruch, kongruente Ergebnisse zu erzielen; vielmehr werden durchaus Befunde erwartet, die divergieren, sich aber komplementär und multiperspektivisch ergänzen.
Die Betrachtung verschiedener Perspektiven kann sich durch verschiedene Formen der Triangulation realisieren. Diese wurden von Denzin (1970) klassifiziert und vier Typen zugeordnet, auf die seither rekurriert wird: Daten-, Methoden-, ForscherInnen- und Theorientriangulation.
4.4.2 Datentriangulation
Von DatentriangulationDatentriangulation wird gesprochen, wenn Datensätze kombiniert werden, die verschiedenen Quellen entstammen (Denzin 1970). Allein nach dieser Definition könnte jedoch jede Art der Methodentriangulation auch als Datentriangulation bezeichnet werden, denn der Einsatz verschiedener Methoden führt immer auch zu unterschiedlichen Datensätzen (Aguado 2015: 207, Settinieri 2015: 23). Denzin spricht daher nur dann von Datentriangulation, wenn dieselbe Methode verwendet und das gleiche Phänomen untersucht wurde (Denzin 1970: 301).
In Anlehnung an Denzin können drei Subtypen von Datentriangulation entsprechend der Triangulation verschiedener Zeitpunkte, Personen und/oder Orte unterschieden werden. So kann, wie z.B. in der Studie von Schwab (2009), die Datenerhebung zu mehreren Zeitpunkten stattfinden. Obwohl es nicht um das Nachzeichnen einer Entwicklung ging, erstreckten sich die Videomitschnitte von Unterrichtssequenzen in dieser Untersuchung über zwei Schuljahre. Die Erhebung von Daten mit einer spezifischen Methode kann auch mit einer weiteren Person oder Personengruppe durchgeführt werden, was geradezu den Regelfall darstellt und mit Blick auf SamplingSampling-Prozeduren zu reflektieren ist (vgl. Kapitel 4.3). Der dritte Triangulationstyp beschreibt die Kombination von Datensätzen, die an mehreren verschiedenen Orten erhoben wurden. In allen drei Fällen geht es nicht darum, auf diese Weise unterschiedliche Variablen (verschiedene Zeitpunkte, Personen oder Orte) zu erfassen und bei der Analyse zu berücksichtigen, sondern Datentriangulation dient grundsätzlich dazu, die Robustheit der Studie zu erhöhen.
Die Beispiele machen deutlich, dass meist mehrere Triangulationsstrategien gleichzeitig verwendet werden und Denzins Klassifizierungen nicht immer trennscharf sind. So ist die lokale Datentriangulation auch zwingend immer eine Kombination verschiedener Personen(gruppen). In Bezug auf die zeitliche Triangulation wird mehrfach angemerkt, dass demnach auch Longitudinalstudien triangulierende Untersuchungen wären, da hier die Datensätze mehrerer Zeitpunkte in Beziehung zueinander gesetzt werden. Dieses Vorgehen dient jedoch weder der Validierung noch der Vertiefung von Erkenntnissen, sondern der Erforschung von Prozessen (s. auch Aguado 2015: 207–8).
Im Unterschied zu Denzins Verwendung des Begriffs Datentriangulation als Oberbegriff gehen andere Klassifizierungen von Datentriangulation (bezogen auf Personen als verschiedene Informationsquellen), von zeitlicher und örtlicher Triangulation als nebeneinander stehende Triangulationstypen aus (Brown/Rodgers 2002, Cohen/Manion/Morrison 2011).
Denzin plädiert in Anlehnung an das theoretical samplingtheoretical sampling der Grounded Theory dafür, innerhalb einer Studie nach möglichst vielen auf den Forschungsgegenstand bezogenen Datenquellen zu suchen, um durch Vergleiche möglichst kontrastiver Settings entsprechende theoretische Konzepte sukzessive herausarbeiten zu können (Denzin 1970: 301). Dem Prinzip von Replikationsstudien (s. Kapitel 4.5) liegt ein ähnlicher Gedanke zugrunde, doch spricht man von Triangulation nur in den Fällen, in denen Daten bei der Analyse direkt zueinander in Beziehung gesetzt werden; dies ist in der Regel nur im Rahmen jeweils einer Studie der Fall, da Replikationsstudien zwar die Befunde, in der Regel aber nicht die Daten von Vorgängerstudien mit den eigenen Daten in Beziehung setzen (s. auch Kapitel 4.5 zu Metaanalysen).
4.4.3 MethodentriangulationMethodentriangulation
Die Kombinationen mehrerer Methoden zur Erforschung eines Gegenstands ist die wohl am häufigsten durchgeführte Art der Triangulation. Denzin (1970: 308–9) unterscheidet hier zwei Formen: zum einen die Triangulation innerhalb einer Methode (within-methodwithin-method) und zum anderen die Verwendung verschiedener Methoden zur Beantwortung einer Forschungsfrage (between-methodbetween-method). Wenn z.B. in der Studie von Schart (2003) innerhalb eines Fragebogens offene und geschlossene Fragen gestellt werden, kann hier von methodeninterner TriangulationTriangulationmethodeninterne gesprochen werden. Schwab (2009) arbeitete in seiner Untersuchung methodenübergreifendmethodenübergreifend und triangulierte das Verfahren der videografischen Unterrichtsbeobachtung mit anschließenden retrospektiven Interviews mit den an der Studie teilnehmenden Lehrenden; außerdem wurden die Schülerinnen und Schüler leitfadengestützt interviewt (between method triangulation). Diese Referenzarbeit illustriert somit das Potential einer Kombination von Beobachtungen zur Erfassung der sozialen Dimension mit Befragungen zur Erfassung der mentalen Dimension. Doch auch innerhalb einer Perspektive lassen sich Methoden triangulieren; beispielsweise kombinierte Arras (2007) die Methode des Lauten Denkens mit der Durchführung retrospektiver Interviews. Vergleichsweise selten findet der methodentriangulatorische Fall Erwähnung, dass derselbe Datensatz mit unterschiedlichen Auswertungsverfahren bearbeitet wird wie beispielsweise von Knorr (2015), die Planungsgespräche von angehenden Lehrpersonen sowohl inhaltsanalytisch als auch gesprächsanalytisch auswertete. Werden jedoch unterschiedliche Variablen mit unterschiedlichen Methoden erhoben, wie dies u.a. die Referenzarbeit von Biebricher (2008) illustriert, so handelt es sich nicht um ein triangulatorisches, sondern um ein mehrmethodisches Vorgehen.
Eine spezielle Form der methodologischen Triangulation stellt die Verbindung quantitativer und qualitativer Forschungsmethoden dar, die auch als mixed methodsmixed methods oder mixed methodologiesmixed methodologies bezeichnet wird (s. Kapitel 3.3). Diese Mischung von Methoden, die ehemals nahezu unvereinbare Paradigmen verknüpft, wird gegenwärtig nicht mehr in Frage gestellt; es werden jedoch Diskussionen nach dem Verhältnis beider Positionen innerhalb eines Forschungsdesigns, nach der Gewichtung der Ergebnisse, der Abfolge des Einsatzes der jeweiligen Methode und nach dem Umgang mit Divergenzen geführt (z.B. Flick 2011: 75–96, Kelle/Erzberger 2004, Kuckartz 2014, Lamnek 2010: 245–265, Mayring 2001, Schründer-Lenzen